Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
kauf Ihnen also diesen Scheiß mit den Erdbeben nicht ab. Mir scheint eher, Sie erledigen während Ihrer Suspendierung Privataufträge«
    »Sie liegen falsch.«
    »Nun, wir werden sehen. Sobald wir auf offenem Wasser sind, erzählen Sie mir, wer Sie geschickt hat, oder Sie enden als Fischfutter. Ist mir ganz egal.«
    »Niemand hat mich geschickt. Ich habe mich selbst geschickt.«
    McKittrick schlug mit der Handfläche gegen die rote Kugel auf dem Gashebel, und das Boot schoß vorwärts. Der Bug bäumte sich auf, und Bosch hielt sich an der Reling fest.
    »Quatsch!« McKittrick schrie, um den Motor zu übertönen. »Sie sind ein Lügner. Vorhin haben Sie gelogen und jetzt lügen Sie wieder.«
    »Hören Sie mir zu«, schrie Bosch. »Sie sagen, daß Sie sich an jeden Fall erinnern.«
    »Jawohl, verdammt noch mal. Ich kann sie nicht vergessen.«
    »Fahren Sie langsamer!«
    McKittrick zog den Gashebel zurück. Das Boot legte sich wieder gerade ins Wasser, und der Lärm verringerte sich.
    »Im Marjorie-Lowe-Fall mußten Sie die Drecksarbeit machen. Erinnern Sie sich? Wissen Sie noch, was ›Drecksarbeit‹ bedeutet? Sie mußten den nächsten Angehörigen verständigen. Das Kind. Im McClaren.«
    »Das war Vorschrift, Bosch. Also …«
    Er brach ab und starrte Bosch lange an. Dann öffnete er das Etui und las den Namen. Schließlich schaute er wieder Bosch an.
    »Ich erinnere mich an seinen Namen. Das Schwimmbecken. Sie sind der Junge.«
    »Ich bin der Junge.«

25
    M cKittrick ließ das Boot im flachen Wasser der Little Sarasota Bay treiben, während Bosch seine Geschichte erzählte. Er stellte keine Fragen, er hörte einfach zu. Als Bosch einmal eine Pause machte, öffnete er die Kühlbox und holte zwei Bierdosen heraus. Eine gab er Bosch. Sie fühlte sich in seiner Hand eiskalt an.
    Bosch öffnete sie erst, als er geendet hatte. Er hatte McKittrick alles erzählt, sogar die irrelevante Auseinandersetzung mit Pounds. McKittricks Wut und sein merkwürdiges Verhalten ließen ihn vermuten, daß er sich über den alten Cop getäuscht hatte. Er war in der Annahme hierher gekommen, daß er entweder einen korrupten oder einen dummen Polizisten antreffen würde, und konnte nicht sagen, was er mehr verabscheut hätte. Aber inzwischen glaubte er, daß McKittrick von seinen Erinnerungen, von Fehlentscheidungen heimgesucht wurde. Bosch nahm an, daß seine eigene Ehrlichkeit die beste Methode war, den quälenden Stein aus dem Schuh zu entfernen.
    »Also, das ist meine Geschichte«, endete er. »Ich hoffe, Ihre Frau hat nicht nur zwei davon eingepackt.«
    Er öffnete die Dose und trank fast ein Drittel des Inhalts in einem Zug. Es war ein wunderbares Gefühl, als das Bier in der Nachmittagssonne seine Kehle hinunterrann.
    »Oh, es sind noch mehr in der Kiste«, antwortete McKittrick. »Wollen Sie ein Sandwich?«
    »Noch nicht.«
    »Ich weiß, Sie wollen meine Story hören.«
    »Deswegen bin ich hier.«
    »Okay, dann fahren wir mal raus zu den Fischen.«
    Er ließ den Motor wieder an und sie folgten den Bojen, die die Fahrrinne durch die Bay markierten, nach Süden. Bosch fiel ein, daß seine Sonnenbrille in der Jackentasche steckte, und er setzte sie auf.
    Der Wind kam aus allen möglichen Richtungen, und manchmal strich eine kühle Brise über das Wasser. Es war schon lange her, daß er in einem Boot gesessen hatte. Er fühlte sich ganz wohl, wenn man berücksichtigte, daß noch vor zwanzig Minuten eine Waffe auf ihn gerichtet gewesen war.
    Als die Bay in einen Kanal auslief, zog McKittrick den Gashebel zurück und sie fuhren langsamer. Er winkte einem Mann auf der Brücke einer riesigen Jacht zu, die vor einem Restaurant am Ufer vertäut war. Bosch war sich nicht sicher, ob er den Mann kannte oder ob es nur eine freundliche Geste war.
    »Halten Sie auf die Laterne auf der Brücke zu«, sagte McKittrick.
    »Was?«
    »Übernehmen Sie das Ruder.«
    McKittrick verließ seinen Posten und ging zum Heck. Bosch trat schnell hinters Steuer, sichtete die rote Signallampe, die eine halbe Meile entfernt mittig unter einer Zugbrücke hing, und drehte das Boot in diese Richtung. Als er nach hinten schaute, sah er, daß McKittrick einen Plastikbeutel mit kleinen, toten Fischen aus einem Fach nahm.
    »Mal sehen, wer heute da ist«, sagte er.
    McKittrick lehnte sich über den Bootsrand und klopfte mit der Handfläche auf die Außenwand. Er richtete sich auf und beobachtete zehn Sekunden lang die Wasseroberfläche. Dann wiederholte er das

Weitere Kostenlose Bücher