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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Briefe hervor und ordnete sie mit Hilfe der Poststempel chronologisch. Der früheste war im November 1962 an McCage Inc. geschickt worden. Das war ein Jahr nach Marjorie Lowes Tod und zwei Monate nach dem Tod von Johnny Fox. Eno war für den Lowe-Fall zuständig gewesen und hatte dann, laut McKittrick, auch die Ermittlungen beim Foxfall geführt.
    Bosch fühlte, daß er recht hatte. Eno hatte Conklin erpreßt. Eventuell auch Mittel. Irgendwie wußte er – im Gegensatz zu McKittrick –, daß Conklin eine Affäre mit Marjorie Lowe gehabt hatte. Vielleicht wußte er sogar, daß Conklin sie getötet hatte. Er hatte genug in der Hand gehabt, um von Conklin jeden Monat tausend Dollar zu bekommen. Es war nicht viel. Eno war nicht gierig. Obwohl tausend Dollar pro Monat in den frühen sechziger Jahren wahrscheinlich sein Gehalt überstiegen hatte. Der Betrag interessierte Bosch nicht, sondern die Zahlungen. Es war praktisch ein Schuldgeständnis. Wenn er sie zu Conklin zurückverfolgen konnte, war es Beweismaterial. Bosch merkte, daß er aufgeregt wurde. Diese Unterlagen, aufbewahrt von einem vor fünf Jahren verstorbenen Polizisten, waren vielleicht alles, was er brauchte, um Conklin zu konfrontieren.
    Ihm fiel etwas ein, und er schaute sich nach Telefonen um, die normalerweise in irgendeiner Ecke angebracht waren. Er sah auf die Uhr und dann zum Gate. Die Passagiere gingen auf und ab und warteten ungeduldig darauf, an Bord zu gehen. Bosch steckte die Akten und die Briefe wieder in die Tasche und trug sein Gepäck zum Telefon.
    Mit seiner Telefonkarte rief er die Auskunft in Sacramento an, dann das Wirtschaftsministerium und ließ sich mit dem Handelsregister verbinden. Innerhalb von drei Minuten fand er heraus, daß McCage keine kalifornische Firma war und nie als solche eingetragen worden war – wenigstens nicht seit 1971. Er legte auf und versuchte das gleiche noch einmal. Diesmal für den Staat Nevada.
    Die Beamtin in Carson City teilte ihm mit, daß McCage Inc. als Gesellschaft aus dem Register gelöscht worden sei, und fragte ihn, ob er sich trotzdem für die vorhandene Information interessiere. Als Bosch aufgeregt ja sagte, erklärte die Beamtin, sie müsse es auf Microfiche nachsehen, was ein paar Minuten dauern würde. Während er wartete, holte er sein Notizbuch heraus, um mitschreiben zu können. Er sah, wie sich die Tür am Gate öffnete und die Passagiere an Bord gingen. Falls nötig würde er seinen Flug verpassen. Es war ihm egal. Er war zu aufgeregt, um sich vom Telefon loszureißen.
    Bosch nahm die Spielautomaten in der Mitte des Terminals in Augenschein. Sie waren dicht besetzt mit Leuten, die entweder ein letztesmal ihr Glück versuchen wollten oder gerade erst von irgendwoher eingetroffen waren. Gegen eine Maschine zu spielen, hatte Bosch nie interessiert. Er verstand den Reiz nicht.
    Es war leicht zu erkennen, wer gewann und wer nicht. Man mußte nicht Detective sein, um es ihnen vom Gesicht abzulesen.
    Er entdeckte eine Frau mit einem Teddybär unter dem Arm. Sie spielte an zwei Automaten gleichzeitig, und Bosch sah, daß sie doppelt verlor. Links von ihr stand ein Mann mit einem schwarzen Cowboyhut, der Münzen einwarf und den Hebel so schnell wie möglich herunterzog. Er spielte an einem Dollarautomaten und setzte jedesmal das Maximum von fünf Dollar ein. Bosch schätzte, daß der Mann in den paar Minuten, in denen er zugeguckt hatte, sechzig Dollar verloren hatte. Aber wenigstens hatte er kein Stofftier bei sich.
    Bosch drehte sich wieder zum Gate um. Die Schlange der Passagiere war bis auf ein paar Nachzügler zusammengeschrumpft.
    Er würde den Flug verpassen. Es machte nichts. Er blieb am Telefon und bewahrte die Ruhe.
    Plötzlich hörte er einen Schrei und drehte sich erneut um. Der Mann wedelte mit seinem Cowboyhut, während die Maschine einen Hauptgewinn ausspuckte. Die Frau mit dem Teddybär wandte sich von ihren Automaten ab und schaute mit ernster Miene zu. Jede Münze, die in die Metallschale schepperte, mußte in ihrem Kopf dröhnen und sie an ihre Verluste erinnern.
    »Da schau her!« rief der Cowboy.
    Der Ausruf schien nicht an eine bestimmte Person gerichtet zu sein. Er beugte sich vor und begann die Münzen in seinen Hut zu scheffeln. Die Frau mit dem Teddybär ging zurück an ihre Spielautomaten.
    Gerade als der Gang zum Flugzeug geschlossen wurde, meldete sich die Beamtin wieder. Sie informierte Bosch, daß McCage nach den momentan greifbaren Daten im November 1962 gegründet

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