Der letzte Coyote
and Loan? Wieviel war drauf?«
Die Frage war hinterlistig, auf seinen Verdacht gegründet, daß das Konto, auf das die Gelder aus Sherman Oaks überwiesen worden waren, Eno gehört hatte. Shivone zögerte wieder. Das Schweigen wurde von einem erneuten Hupen unterbrochen.
»Ungefähr fünfzig. Aber das meiste ist weg. Ich muß mich um Olive kümmern, verstehen Sie?«
»Ja, und wie. Das muß ganz schön schwer sein mit dem Sparkonto und zwei Renten«, erwiderte Bosch so sarkastisch wie möglich. »Ich wette, Ihre eigenen Konten sind nicht gerade leer.«
»Hören Sie zu, ich weiß nicht, wer Sie sind, aber ich bin der einzige Mensch, den sie auf der Welt hat und der sich um sie kümmert. Das sollte etwas wert sein.«
»Nur schade, daß sie nicht entscheiden kann, was es wert ist. Beantworten Sie mir noch eine Frage, dann verschwinde ich, und Sie können weitermachen, bis Sie ihr den letzten Cent abgeknöpft haben. – Sie sind nicht ihre Schwester. Wer sind Sie?«
»Das geht sie nichts an.«
»Das stimmt. Aber ich könnte dafür sorgen, daß es mich etwas angeht.«
Ihre Miene verriet Bosch, daß er ihr zu nahegetreten war. Dann jedoch gewann sie ihr Selbstbewußtsein zurück. Wer auch immer sie war, sie war stolz darauf.
»Sie wollen wissen, wer ich bin? Ich war die beste Frau, die er je hatte. Wir waren lange zusammen. Sie hatte seinen Ehering, aber ich hatte sein Herz. Zuletzt, als beide alt waren und es keine Rolle mehr spielte, ließen wir das Versteckspiel sein, und er brachte mich hierher. Um mit ihnen zu leben. Um mich um sie zu kümmern. Wagen Sie es also nicht, mir zu sagen, ich hätte kein Recht auf meinen Anteil.«
Bosch nickte bloß. Es klang nach Erniedrigung, aber er zollte ihr Respekt, daß sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Er war sich sicher, daß es die Wahrheit war.
»Wann haben Sie sich kennengelernt?«
»Sie sagten › eine Frage‹.«
»Wann haben Sie sich kennengelernt?«
»Als er im Flamingo arbeitete. Ich habe als Kartengeberin gearbeitet, und er war Hausdetektiv.«
»Hat er Ihnen je von L. A. erzählt, von Fällen oder Leuten dort?«
»Nein, nie. Er sagte immer, das Kapitel wäre abgeschlossen.«
Bosch deutete auf die Briefumschläge im Karton.
»Sagt Ihnen der Name McCage etwas?«
»Überhaupt nichts.«
»Was ist mit den Kontoauszügen?«
»Ich habe sie erst gesehen, als das Bankschließfach geöffnet wurde. Ich wußte nicht einmal von dem Konto bei Nevada Savings. Claude hatte Geheimnisse. Sogar vor mir.«
30
A m Flughafen bezahlte Bosch die Taxifahrerin und schleppte den Pappkarton sowie seine Reisetasche in den Hauptterminal. In einem der Geschäfte kaufte er sich eine billige Segeltuchtasche und packte das Material aus Enos Büro um. Die Tasche war klein genug, so daß er sie nicht einchecken mußte. An der Seite war eine Aufschrift, LAS VEGAS – STADT DER SONNE UND DES GLÜCKS, sowie die Abbildung einer Sonne, die hinter zwei Würfeln unterging.
Er hatte noch eine halbe Stunde Zeit, bevor er an Bord konnte, und so suchte er sich eine Ecke mit leeren Stühlen – so weit wie möglich von den Spielautomaten entfernt, die in der Mitte des kreisförmigen Flughafengebäudes standen.
Er begann die Akten in der Tasche durchzusehen. Am meisten interessierten ihn natürlich die entwendeten Seiten aus der Marjorie-Lowe-Akte. Er schaute sie sich an, fand jedoch nichts Ungewöhnliches oder Unerwartetes.
Die Zusammenfassung des Verhörs von Johnny Fox, bei dem Arno Conklin und Gordon Mittel anwesend gewesen waren, befand sich auch darunter, und Bosch konnte herauslesen, wie sehr McKittrick seine Empörung über die Situation unterdrückt hatte. Im letzten Absatz hielt er sie nicht länger zurück.
Der Unterzeichnende ist der Meinung, daß die Vernehmung des Verdächtigen infolge der ständigen Interventionen seitens A. Conklin und G. Mittel ergebnislos blieb. Beide ›Anklagevertreter‹ gestatteten ›ihrem‹ Zeugen nicht, Fragen vollständig oder m. E. wahrheitsgemäß zu beantworten. J. Fox bleibt bis zur Überprüfung seines Alibis und der Analyse der Fingerabdrücke weiterhin tatverdächtig.
Sonst war auf den Seiten nichts bemerkenswert, und Bosch schloß, daß sie wahrscheinlich nur wegen der Erwähnung von Conklins Namen entfernt worden waren. Eno hatte für Conklin die Spuren verwischt. Die Frage nach Enos Motiv führte sogleich zu den Kontoauszügen, die mit den gestohlenen Akten im Bankschließfach gelegen hatten. Sie dokumentierten den Deal.
Bosch holte die
Weitere Kostenlose Bücher