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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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daß er sie mitnehmen sollte. Daß sie sich als wichtig herausstellen konnten. Was ihn jedoch noch mehr beschäftigte, war das Gefühl, daß etwas fehlte. Er vertraute McKittrick, der gesagt hatte, daß sein ehemaliger Partner etwas gegen Conklin in der Hand gehabt oder zumindest einen Deal mit ihm gemacht hatte. Falls Eno Belastungsmaterial gehabt hatte, mußte es noch hier sein. Er hatte alte Polizeiakten aufgehoben und hätte so etwas ebenfalls behalten. Und zwar an einem sicheren Ort. Nur wo?
    Die Frau kam zurück und ließ einen Pappkarton, der einmal Bierflaschen enthalten hatte, auf den Boden fallen. Bosch legte den circa dreißig Zentimeter dicken Stapel und das Filofax hinein.
    »Wollen Sie eine Quittung?« fragte er.
    »Nein, ich will nichts von Ihnen.«
    »Aber ich brauche noch etwas von Ihnen.«
    »Das hört wohl nie auf.«
    »Doch, das hoffe ich sehr.«
    »Was wollen Sie?«
    »Als Eno starb, haben Sie da der alten Frau … hm, Ihrer Schwester geholfen, das Bankschließfach zu leeren?«
    »Woher …«
    Sie verstummte, aber zu spät.
    »Woher ich das weiß? Weil es offensichtlich ist. Er hätte das, wonach ich suche, an einem sicheren Ort aufbewahrt. Was haben Sie damit getan?«
    »Wir haben alles weggeworfen. Es war wertlos. Nur ein paar alte Akten und Kontoauszüge. Er wußte nicht, was er tat. Auch er war alt.«
    Bosch sah auf die Uhr. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, wenn er das Flugzeug nicht verpassen wollte.
    »Holen Sie den Schlüssel für die Schreibtischschublade.«
    Sie rührte sich nicht.
    »Machen Sie! Ich habe nicht mehr viel Zeit. Entweder sie öffnen Sie die Schublade oder ich. Wenn ich es tue, wird sie hinterher nicht mehr viel wert sein.«
    Sie griff in die Tasche ihres Kittels und zog die Hausschlüssel heraus. Dann beugte sie sich hinab, öffnete die Schublade und trat beiseite.
    »Wir wußten nicht, was es war oder was es bedeutete.«
    »Schon gut.«
    Bosch sah hinein. In der Schublade lagen zwei dünne Aktendeckel und zwei Bündel Briefe, die mit Gummibändern zusammengehalten wurden. Der erste Aktendeckel enthielt Enos Geburtsurkunde, Paß, Heiratsurkunde und andere persönliche Dokumente. Er legte ihn in die Schublade zurück. Der zweite enthielt Polizeiformulare, und Bosch erkannte schnell, daß es sich um die Seiten und Berichte handelte, die aus Marjorie Lowes Akte entfernt worden waren. Er hatte keine Zeit, sie sofort zu lesen, und legte alles zu den anderen Sachen in den Pappkarton.
    Das Gummiband des ersten Briefbündels riß, als er es abziehen wollte, und er mußte an das Gummiband denken, welches die blaue Mordakte zusammengehalten hatte. Bei diesem Fall schien alles alt und brüchig zu sein.
    Die Briefe stammten von einer Zweigstelle der Wells Fargo Bank in Sherman Oaks, und jeder enthielt einen Auszug für ein Sparkonto unter dem Namen McCage Inc. Die Adresse der Firma war ein Postfach, ebenfalls in Sherman Oaks. Bosch zog an verschiedenen Stellen Umschläge heraus und studierte sie. Obwohl sie aus einem längeren Zeitraum Ende der sechziger Jahre stammten, waren die Buchungen fast identisch. Am zehnten jeden Monats wurden auf das Konto eintausend Dollar eingezahlt, welche dann am fünfzehnten auf ein Konto bei der Nevada Savings and Loan in Las Vegas überwiesen wurden.
    Bosch kam zu dem Schluß, daß die Kontoauszüge illegale Zahlungen betrafen, die Eno erhielt. Er sah die Poststempel durch und stellte fest, daß der letzte Brief Ende der achtziger Jahre gekommen war.
    »Diese Briefe – wann hat er den letzten bekommen?«
    »Das sind alle. Ich habe keine Ahnung, was sie bedeuten, und Olive wußte auch nichts davon, als sie das Schließfach aufbrachen.«
    »Aufbrachen?«
    »Ja, nach seinem Tod. Olive hatte keine Vollmacht für das Schließfach. Nur er. Wir konnten den Schlüssel nicht finden, also ließen wir es aufbrechen.«
    »Da war auch Geld, nicht wahr?«
    Sie zögerte einen Moment, wahrscheinlich überlegte sie, ob er auch das verlangen würde.
    »Etwas. Aber Sie kommen zu spät. Es ist schon ausgegeben.«
    »Das interessiert mich nicht. Wieviel war es?«
    Sie kniff ihre Lippen zusammen, als ob sie sich bemühte, sich zu erinnern. Sie war eine miserable Schauspielerin.
    »Hören Sie, ich will nicht das Geld und ich bin auch nicht vom Finanzamt.«
    »Ungefähr achtzehntausend.«
    Bosch hörte Hupen von draußen. Die Taxifahrerin wurde unruhig. Bosch sah auf die Uhr. Es wurde Zeit. Er warf die Umschläge in den Karton.
    »Was ist mit dem Konto bei der Nevada Savings

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