Der letzte Drachenlord - Hatfield, M: Der letzte Drachenlord
hatte er immer gewusst, dass sie ihn erwischen würde, wenn er sie nicht zuerst umbrachte. Sie wollte sich an den Drachen rächen, und er würde das Opfer sein – sein Körper und seine Seele.
Tja, dachte er und packte das Netz mit den Fäusten. Er würde auf jeden Fall nicht ohne Kampf untergehen.
Mit einem plötzlichen Aufschrei wickelte Declan das dicke Seil des Netzes um seine Handgelenke und zog heftig daran. Einige aus der Vampirhorde, die das Netz auf ihrer Seite festhielten, fielen auf die Knie. Schnell steckte er eine Faust durch das Netzgitter, packte den nächsten Soldaten an der Kehle und drückte zu.
„Verdammt noch mal, Ivan. Halt ihn fest“, befahl die Frau mit entschlossener Stimme.
Im selben Moment traf ihn ein schwerer Stiefel am Kinn. Declan flog zurück, sein Kinn knallte hart auf den Boden. Stöhnend spuckte er Blut und kam nur mühsam wieder auf die Füße, dann drehte er den Kopf in die Richtung, aus der er die Stimme der Frau zuletzt gehört hatte.
Als Erstes registrierte er ihre Stiefel – mit Spikes besetzte lederne, kniehohe Dinger, in denen schlanke Beine steckten, die kein Ende zu nehmen schienen. Declan hob den Kopf und rissdie geschwollenen Augen weiter auf.
Die Frau stand breitbeinig da, eine Hand in die in schwarzes Leder gehüllte Hüfte gestemmt. Der Wind wirbelte ihr langes blondes Haar durcheinander – eine tolle Taille in einem Lederkorsett, das bei jedem Fetischjünger sofort eine Erektion verursacht hätte.
Als sein Blick schließlich ihr Gesicht erfasste, bemerkte er ihre schwarzen Augen, genauso kalt und unsterblich wie seine eigene Seele. Aber vor allem, dass sie viel zu jung schien, um die Königin sein zu können.
„Wo ist der Kristall?“ Die weiche Aussprache verriet den leichten Anflug eines russischen Akzents.
Vermutlich nicht die Königin, aber ganz entschieden von adeliger Abstammung. Declan grinste mit seinen blutbeschmierten Lippen.
Sie bemerkte sein Lächeln, hob anmutig die Brauen und legte den Kopf schräg. Für eine Sekunde wirkte sie auf Declan wie eine verwirrte junge Hündin. Bis sie eine abgesägte Schrotflinte auf ihn richtete, deren Mündung wie ein schwarzes Auge auf ihn herabstarrte.
„Sag mir, wo er ist, Derkein , vielleicht lasse ich dich dann leben.“
„Er ist weg.“ Declan lachte höhnisch. „Und du hast nichts in der Hand, das du deiner Königin zurückbringen könntest. Du bist genauso tot wie ich.“
Die pechschwarzen Augen des Weibsstücks blitzten silbrig, dann hielt sie ihm den Knauf der Waffe ans Gesicht. Er grinste immer noch, als sie ihm die Nase einschlug und alles schwarz wurde.
Alexia Feodorovna war in die Katakomben gegangen und blickte in die steinerne Zelle. Obwohl das Biest an die Wand gekettet und ohnmächtig war, verstörte sie doch seine schiere Größe und die Kraft seiner Muskeln.
Ein riesiges Wesen. Finster. Gefährlich.
So etwas wie ihn hatte sie noch nie gesehen. Ihre menschliche Gestalt nahmen die Herren der Drachen eigentlich nicht mitten in einem Kampf an, und außerdem war man allgemein der Ansicht, sie wären so gut wie ausgestorben. Zumindest hatte sie das bis zu dieser Nacht angenommen. Nachdem sie seine kämpferischen Fähigkeiten beobachten musste, konnte sie kaum glauben, wie sie jemals auf diese Lüge hereingefallen war.
Er kämpfte wie ein Krieger aus uralten Zeiten.
Sie war seltsam berührt von der Art und Weise, wie er erst das Weibchen seiner Gattung beschützt hatte, um dann zu kämpfen, bis er nicht mehr stehen konnte, und doch hatte er dem Tod mit einem Lächeln im Gesicht ins Auge geblickt. Das berührte sie nicht nur, weil sie im tiefsten Innern wusste, dass sie sich im Angesicht ihres eigenen Todes wie ein Feigling verhalten würde. Sondern auch, weil sie sich ganz tief im Herzen danach sehnte, einmal eine solch bedingungslose Liebe zu erfahren. Sie würde zwar in den nächsten Tagen den Thron besteigen, aber dennoch war klar: Sie würde ohne dieses Erlebnis sterben müssen.
Der Gefangene bewegte sich ein bisschen. Etwas Mondlicht, das durch das rechteckige Fenster in die Zelle drang, spiegelte sich in den eisernen Fesseln um seine Handgelenke.
Alexia legte die Stirn an die kühlen Gitterstäbe und beobachtete das Flackern des Lichts an den dunklen Wänden. Sie senkte das Kinn und atmete die salzige Seeluft ein, die den widerlichen Gestank dieses Kerkers milderte. Schon komisch. Sie hatte dieses winzige Fenster immer für die grausamste Folter gehalten. Die Gefangenen
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