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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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»Warum?«
    Schweigen.
    »Egoismus«, sagte Robi unter Schluchzen, sie konnte sich gar nicht beruhigen, »und...« Robi konnte nicht weitersprechen.
    »… und?«, ermutigte der Fremde sie.
    »Und dann heißt es, sie hätten einen Elfen beschützt, aber ich weiß, dass das nicht wahr ist, das kann nicht sein...«
    Robi konnte nicht zu Ende sprechen.
    »Neiiiiiiiiiin!«, schrie Yorsch. »Nein, nein, nein, nein. Sie haben ihr Leben hingegeben, sie sind gestorben, haben dich als Waise zurückgelassen, um mich zu retten!«
    Der Fremde schlug die Hände vors Gesicht. Zusammengekauert kniete er am Boden und zitterte immer stärker, er bebte und zitterte am ganzen Leib wie ein Blatt im Winterwind. Creschio lachte triumphierend.
    »Hast du gesehen, er ist ein Elf!«
    Robi hörte auf zu weinen. Sie hob den Kopf und blickte herab auf die jämmerliche Kreatur zu ihren Füßen. Aber war das wirklich ein Elf? Nein: DER Elf, der, dessentwegen... Waren ihre Eltern wirklich gestorben und hatten sie als Waise zurückgelassen, um den da zu retten? Wegen dem da? Sie war Waise wegen dem da? Kein Papa und keine Mama mehr wegen dem da? Keine getrockneten Äpfel und kein Rebhuhn am Spieß mehr, kein warmes Bett und keine Honigmilch am Morgen wegen diesem niederträchtigen Wesen, das nichts anderes konnte, als sich über eine Schar verhungerter Kinder und eine verstümmelte Hand lustig zu machen? Das konnte nicht wahr sein, das war unmöglich. Endlich, nachdem der Fremde Arstrid genannt hatte, erkannte Robi auch das Kleid, das er anhatte. Es war, grauenhaft verdreckt, das Hochzeitskleid der Tochter des Dorfältesten! Auch ihre Mutter hatte mitgeholfen, das M auf das Vorderteil zu sticken. Wut überwog den Schmerz, ein freilich zaghafter Tritt mit nacktem Fuß traf Yorsch, der ihn allerdings nicht bemerkte.
    »Geh weg!«, brüllte Robi. »Nichts von dem, was du gesagt hast, ist wahr. Verschwinde!« Sie bespuckte ihn auch, aber Yorsch blieb unbeweglich liegen. Er war bewusstlos.
    Robi kam nicht dazu, noch etwas zu sagen oder zu tun. Das Gezeter Tracarnas hinter ihr machte deutlich, dass die Pause schon längst vorbei war und dass alles immer noch schlimmer kommen kann.
    »Das ist ein Elf«, brüllte Creschio und zeigte auf die in Verzweiflung zusammengekauerte Gestalt zu ihren Füßen. Wieder ertönte das Wort und drang bis zu den Soldaten. Es flogen ein paar Pfeile. Robi, Cala und Creschio warfen sich zu Boden und bedeckten den Kopf mit den Händen. Yorsch blieb reglos liegen, er atmete kaum. Plötzlich kam der Hügel, den man hinter dem Waisenhaus sah, in Bewegung. Da lag, ins Gras geduckt, ein Drache. Er war sehr nah und riesengroß. Alles stob in alle Richtungen auseinander, mit Ausnahme der drei am Boden, deren Sicht behindert war, sie blieben ausgestreckt am Boden liegen, die Hände über dem Kopf verschränkt, ohne zu wissen, was vor sich ging. Sie entdeckten es, als ein warmer, übel riechender Hauch über sie hinstrich und sie sich beim Aufschauen dem Rachen eines Drachen gegenübersahen, und damit war klar, dass der Hauch der Atem war, der seinem Maul entströmte, in dem die Stoßzähne so groß waren wie Arme.
    Zum Glück hatte der Drache sie gar nicht angesehen. Er suchte nach einem Weg, Yorsch mit sicherem Griff und ohne ihn zu verletzen, in seine Fänge zu nehmen.
    »Robi!«, rief Cala.
    »Pssst! Still jetzt!«
    »Robi, ich hab mir in die Hose gemacht.«
    »Das ist nicht schlimm, im Gegenteil, das war eine sehr gute Idee«, flüsterte Robi ermunternd, »so bist du weniger gut zum Essen. Still jetzt.«
    Der Drache hatte jedoch nicht das geringste Interesse an ihnen. Er war weiterhin damit beschäftigt herauszufinden, wie er Yorsch packen konnte. Nach einigen Versuchen mit den Zähnen, hatte er sich für die Klauen entschieden. Mit denen des linken Beins würde er die Knöchel nehmen, mit denen des rechten Beins die Handgelenke. Darauf öffnete der Drache seine riesigen smaragdgrünen Flügel und erhob sich langsam zum Flug.
    Als er schon hoch oben am Himmel war, aber wirklich sehr hoch, flogen noch ein paar Pfeile zu seiner halbherzigen Verfolgung.
    Robi blieb ausgestreckt am Boden liegen, ohne zu wissen, was tun, als Tracarnas Hände sie an den Schultern packten und auf die Füße stellten.
    »Du...«, begann sie mit vor Wut erstickter Stimme, »du... du elende Schurkin, Freundin der Elfen... ja, so ist es, Elfenfreundin... wie dein Vater und deine Mutter, Lob und Preis sei Daligar, dass man sie dort zum Tode verurteilt hat...

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