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Der letzte Engel (German Edition)

Der letzte Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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niemals auf. Sieh mich an, da brauchst du schon mehr als drei Kugeln. So eine Situation ist das also.«
    Lars kommt bei der ganzen Rechnung nicht hinterher und murmelt:
    »Vielleicht …«
    »Vielleicht hast du auch mehr Kugeln«, spricht der Irre weiter, »vielleicht weniger oder vielleicht hast du nicht einmal die Sicherung umgelegt. Wer weiß. Was du jetzt tun musst, ist, mich außer Gefecht setzen. Das ist dein einziger Weg. Du machst mich immobil.«
    »Fesseln?«
    »Kommst du näher, habe ich dich«, sagt der Irre. »Und das willst du nicht, oder?«
    »Nein, das will ich nicht«, gibt Lars zu. »Was dann?«
    »Schick mich ins Wasser. Wenn ich im Wasser stehe, kann ich nichts machen. Bis ich wieder raus bin, hast du deine Waffe wieder einsatzbereit. Das Wasser wird meine Fessel sein.«
    »Und wieso erzählst du mir das?«
    Der Irre grinst.
    »Weil du jung bist, weil du dazulernen sollst und weil du deinem Kollegen helfen willst, bevor er verblutet. Außerdem warst du im Schützenverein, das ist doch schon mal was.«
    Lars schaut zu Esko, noch immer keine Bewegung.
    »Dann geh mal ins Wasser«, befiehlt er.
    »Prima Idee«, sagt der Irre und verschränkt die Hände hinter dem Kopf und schreitet aufs Ufer zu. Lars geht ihm aus dem Weg. Als der Irre bis zu den Fußknöcheln im Wasser steht, dreht er sich um und geht rückwärts weiter.
    »Es ist wichtig, dass dir dein Gegner nie den Rücken zuwendet. Nie. Du musst immer sehen, was seine Hände machen.«
    Als dem Irren das Wasser bis zur Hüfte geht, merkt Lars, wie er langsam nervös wird. Er hasst es, wenn die falschen Leute nett zu ihm sind.
    »Okay, das reicht«, sagt er.
    Der Irre bleibt nicht stehen.
    »Stell dich nicht dämlich an«, sagt er. »Das Wasser muss mir bis zum Hals gehen, sonst bin ich sofort wieder draußen. Außerdem müssen meine Arme oben bleiben, denn wenn sie nicht oben sind …«
    »… sehe ich nicht, was du machst«, beendet Lars für ihn. »Ich hab’s kapiert.«
    »Nicht wirklich«, sagt der Irre und taucht unter.
    »Wusste ich es doch!«, flucht Lars und zielt auf die Stelle, wo der Irre bis eben noch gestanden hat, aber natürlich lässt sich der Typ nicht wieder blicken.

CEDRIC
    S ie sitzen am Lagerfeuer. Es ist eine Stunde vergangen, seitdem sie das Ufer erreicht haben. Cedric hat keine Idee, was hier geschehen ist, und wüsste er, dass Paulsen an dieser Stelle rückwärts in den Wannsee reingelaufen ist, während ein Teenager eine Waffe auf ihn gerichtet hielt, würde er sich nicht wirklich wundern. Er traut Paulsen alles zu. Dagegen hätte er sich über die Waffe in der Hand des Jungen schon sehr gewundert. Es war die Beretta, die sich Cedric einen Tag zuvor im Hotel ausgesucht und Lazar vor dem Café überlassen hat.
    Das Leben ist manchmal voller Zufälle, das Leben ist manchmal voller Absichten.
    Cedric weiß nicht, wo er das gelesen hat. Er hasst solches Gefasel. Dennoch fragt er sich, in welche Kategorie dieser Tag fallen würde.
    Als sie vor einer halben Stunde auf der Böschung standen und überlegten, was Paulsens Verschwinden wohl bedeuten könnte, vibrierten ihre Handys gleichzeitig. Der Anruf kam von dem Team in Edinburgh. Lazar sagte, er würde das übernehmen. Der Anruf war kurz. Lazar hörte zu und sagte:
    »Ich melde mich dann.«
    Er berührte Paulsens Sachen mit der Schuhspitze und sagte, ohne Cedric anzusehen:
    »Das war Jost. Wir wissen jetzt, wie der alte Mann unbemerkt in die Nummer 45 reingekommen ist. Unser Team ist einem Tunnel gefolgt, der sie am anderen Ende der Straße in ein Mietshaus führte. Sie haben das wahre Archiv der Familie aufgedeckt.«
    Cedric entspannte sich.
    »Das ist doch gut«, sagte er.
    »Das gesamte Team ist bei der Mission ums Leben gekommen.«
    Cedric senkte den Blick und dachte an die vier Männer. Er versuchte, sich ihre Namen in Erinnerung zu rufen, und hatte keine Ahnung, was ihm das jetzt noch brachte. Lazar gab sich einen Ruck und sagte, er hätte keine Lust mehr, hier oben rumzustehen. Cedric war sich sicher, sie würden jetzt ins Hotel zurückkehren und ein neues Team zusammenstellen. Er hätte sich nicht schlimmer täuschen können. Lazar ließ ihn Paulsens Sachen einsammeln und seitdem sitzen sie hier unten am Strand auf zwei Baumstämmen und Lazar schweigt vor sich hin.
    Cedric hat die Glut mit ein paar Ästen gefüttert und ein neues Feuer entfacht. Lazar starrt in die Flammen, als wären sie ein Orakel. Cedric kann das schwarze Auge nicht länger als ein paar Sekunden

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