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Der letzte Engel (German Edition)

Der letzte Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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ansehen. Er wünscht sich, Lazar würde mit ihm reden. Im Auto wäre er beinahe durchgedreht, und Cedric hat ernsthaft damit gerechnet, dass ihm Lazar eine Kugel verpasst. Er hat noch nie so viel Panik und Wut in einem Blick gesehen. Und jetzt diese Stille. Es ist keine große Freude, mit Lazar allein zu sein.
    Vielleicht war es der Unfall, denkt er, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er ein paar Tage im Krankenhaus geblieben wäre.
    Lazar sagt, er hätte eine Bitte.
    »Setz dich neben mich.«
    Cedric setzt sich neben Lazar. Sie schauen jetzt beide aufs Feuer. Fünf Minuten vergehen.
    »Stell dir vor, die Toten lassen dich nicht in Ruhe«, sagt Lazar schließlich.
    Cedric will sich das nicht vorstellen. Er wartet, ob Lazar noch mehr zu sagen hat. Nein, das war es schon. Lazar lehnt seinen Kopf an Cedrics Schulter, er schließt die Augen und schläft ein.
    Cedric glaubt nicht, dass er jemals so unbequem gesessen hat. Jede Minute fühlt sich an wie eine Stunde. Er wagt es nicht, aufzustehen, um mehr Äste in das Feuer zu legen. Er sitzt einfach nur da, die Nacht wird kühler und das Feuer verlöscht, während Lazar an seiner Schulter schläft. Um drei Uhr vibriert das Handy an Cedrics Gürtel. Vorsichtig fischt er es raus und nimmt den Anruf an.
    »Cedric?«
    »Ja?«
    »Ist der Boss da?«
    »Er schläft. Wo zum Teufel steckst du?«
    »Ich bin dem Mädchen gefolgt. Sie wurde von einem Ruderboot aufgesammelt, in dem ein paar Rentner saßen. Ich sag dir, die haben alles durchgeplant.«
    »Rentner?«
    »Zusammen sind sie bestimmt fünfhundert Jahre alt. Ich bin ihnen hinterhergeschwommen. Einen Paulsen hängt man nicht so leicht ab.«
    Cedric weiß nicht, was er sagen soll, dann sagt er das, was er am wenigsten glauben kann:
    »Bist du wirklich nackt?«
    »Ich trage meine Shorts. Wer rennt denn schon nackt durch die Gegend?«
    Paulsen lacht, Cedric fragt ihn, ob er betrunken ist.
    »Natürlich nicht.«
    »Du klingst betrunken.«
    »Ich bin high von der ganzen Action. Adrenalin und so. Du weißt doch, wie das ist. Außerdem habe ich ein kleines Problem. Da ist der Taxifahrer.«
    »Du hast dir ein Taxi genommen?!«
    »Natürlich. Glaubst du, ich klau mir ein Fahrrad? Sie sind in ein Taxi gestiegen, also bin ich auch in ein Taxi gestiegen.«
    »Und wo bist du jetzt?«
    »Vor ihrer Villa. Sie haben ein aviary oder so.«
    »Ein was?«
    »Mensch, wie heißt das denn? Das Haus, in dem Vögel leben?«
    »Eine Voliere.«
    »Richtig. Mann, ich habe Vögel schon immer gemocht. Du müsstest die Viecher sehen. Sie sitzen da und gucken mich an und machen keinen Laut. Ich glaube, sie mögen mich auch.«
    »Paulsen?«
    »Was?«
    »Reiß dich zusammen.«
    »Okay, okay, kein Problem.«
    »Seit wann bist du dort?«
    »Eine Stunde. Ich habe mich umgesehen, ich kenn jetzt jede Ecke hier. Die Rentner wohnen allein. Keine Hunde, nur diese Papageien. Ihr könnt die Villa nicht verfehlen. Außerdem parkt ja ein Taxi vorne am Eingang.«
    »Und das Mädchen?«
    »Sie sitzt mit den Rentnern in einem Saal, der größer ist als meine Wohnung. Sie reden. Wenn du willst, geh ich da rein und hole die Kleine raus und bringe sie euch.«
    »Du tust nichts!«
    »Aber …«
    »Für Lazar ist das Mädchen lebenswichtig. Ich will nicht, dass du irgendwas riskierst. Gib mir die Adresse.«
    Paulsen sagt ihm die Adresse. Er sagt auch, dass ihn Cedric jederzeit über das Handy des Taxifahrers erreichen kann und dass er in einem unglaublich bequemen Liegestuhl liegt, der auf einer unglaublich großen Wiese steht.
    »Fast wie ein Golfplatz ohne Löcher. Und hinter mir befindet sich ein See, aber ich habe keine Ahnung, wie der heißt. Der Flughafen muss um die Ecke sein. Da kommt schon wieder ein Flieger. Mann, ich könnte seinen Bauch kratzen, wenn ich wollte. Und wegen dem Taxifahrer konnte ich echt nichts machen. Sag das Lazar, ich … Oh, shit.«
    »Paulsen?«
    Nichts, keine Reaktion.
    Cedric hört ein Rascheln, dann kommen Schritte näher und eine Stimme sagt:
    »Wer sind Sie?«
    »Der neue Gärtner«, antwortet Paulsen und lacht sein verrücktes Lachen.

DER ZAR
    H umor ist so eine Sache, die der Zar hinter sich gelassen hat, als er zweihundert wurde. Er weiß auch nicht, was einem Humor bringt, wenn man in einem Ruderboot ohne Ruder sitzt. Aber sie haben das Mädchen gerettet und das ist schon mal was.
    »Hier, nimm meine Weste«, sagt Kolja.
    Das Mädchen friert, obwohl sie eng zwischen den Gräfinnen sitzt. Sie legen die Arme um ihre zitternden Schultern

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