Der letzte Exfreund meines Lebens
ertappt worden war, wandte sich eilig wieder ab und stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
»Stimmt das?«
»Ja, es stimmt«, gestand er leise, schaute ihr wieder ins Gesicht und bedachte sie mit einem beinahe herausfordernden Blick. Dann guckte er vor sich auf den Boden und schnipste imaginäre Asche von seiner Jeans. »Ich liebe dich«, erklärte er und sah sie endlich direkt an. »Ich liebe dich bereits seit einer halben Ewigkeit«, gab er mit einem schiefen Lächeln zu, als mache er einen dummen Witz.
»Seit wann?«, fragte Louise.
»Kannst du dich noch an den Tag damals vor Weihnachten erinnern, als wir uns alle bei Will getroffen haben? Draußen hat es geschüttet. Du hattest dieses rote Tuch im Haar und diese roten Wildlederstiefel an.« Er wusste noch genau, wie hingerissen er von der langgliedrigen jungen Frau mit den funkelnden Augen gewesen war und dass er das Gefühl
gehabt hatte, sie käme aus einer völlig anderen Welt. »Du hast an dem Abend Zigaretten für mich gekauft.« Er schaute sie lächelnd an. »Erinnerst du dich noch?«
Sie war überrascht, dass er sich noch daran erinnerte. Während sie sich unterhalten hatten, hatte er gemerkt, dass seine Zigarettenpackung leer gewesen war. Als sie ihm erklärt hatte, an der Ecke wäre ein Geschäft, hatte er gesagt, es wäre ihm draußen zu nass und er hätte keine Lust, noch einmal vor die Tür zu gehen, sie aber hatte seinen resignierten Blick bemerkt und angenommen, dass sein Stolz es ihm verbot, ihr gegenüber einzuräumen, pleite zu sein. Deshalb hatte sie getan, als rauche sie dieselbe Zigarettenmarke, hätte vielleicht noch ein Päckchen irgendwo in ihrem Wagen, hatte heimlich eins gekauft, die Zellophanverpackung abgerissen und als zusätzliche Tarnung ein paar Glimmstängel aus der Packung entfernt.
»Du wusstest, dass sie nicht aus meinem Wagen waren?«
Rory lächelte sie zärtlich an, und die Falten um seine Augen vertieften sich. »Ja, das wusste ich. Ich glaube, in dem Moment war es um mich geschehen.« Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, legte seinen Kopf nach hinten, blies den Rauch in Richtung Himmel und drückte den Stummel vorsichtig am Rand der Steinbank aus.
»Aber das war …« Louise wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. »Das war der Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind.«
Einen Tag zuvor hatte sie die Band überhaupt zum ersten Mal gesehen. Will hatte damals versucht, sie dazu zu bringen, einen gut bezahlten Job als PR-Frau aufzugeben und für ihn zu arbeiten, und sie deshalb an dem Abend eingeladen, sich mit ihm zusammen einen Auftritt seiner Truppe anzusehen. Das hatte sie überzeugt. Das Konzert war schlecht besucht gewesen und die Band noch ungeschliffen, ungeschickt
und roh, doch mit ihrem Charisma, ihrer Leidenschaft und ihrer Energie hatten sie sie in ihren Bann gezogen, und seit jenem Abend hatte sie verstanden, warum Will von dem Projekt derart begeistert gewesen war.
Nach dem Auftritt war sie noch mal abgehauen, denn sie hatte ein Date gehabt – seltsam, dachte sie, sie wusste nicht mal mehr, mit wem. Am nächsten Tag aber war sie zu Will gefahren, hatte die Bandmitglieder kennengelernt und sich in das große Abenteuer Walking Wounded gestürzt. Inzwischen war ihr klar, dass jener Tag der Anfang ihres eigentlichen Lebens gewesen war.
Sie erinnerte sich auch an Rory, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war, und daran, wie angerührt sie von dem jungen Mann gewesen war. Seine ruhige Autorität, sein Gleichmut und vor allem seine Zuverlässigkeit hatten ihr sofort zugesagt. Phoenix war entsetzlich aufgedreht gewesen, Georgie hatte pausenlos nervös an ihren Hemdsärmeln gezupft, und Owen hatte den Mund nicht zugekriegt, während Rory völlig ruhig gewesen war. Ihr war aufgefallen, dass sich Georgie pausenlos Trost suchend an ihn geklammert hatte und die beiden anderen Jungs zu ihm wie zu einem Erwachsenen aufgesehen hatten, obwohl er damals praktisch noch ein Teenager gewesen war.
»Meine Güte, Rory! Warum hast du nie was gesagt?«
»Weil es keine Rolle spielt.«
»Natürlich spielt es eine Rolle.«
»Ich kann nichts dagegen tun«, gab er unumwunden zu. »Aber keine Angst, ich werde mich nicht auf dich stürzen oder so«, stieß er zornig aus. »Vergiss es einfach, ja? Es ist okay, ich bin es gewohnt. Und wir sind schließlich gute Kumpel, oder nicht?«
»Ja, wir sind gute Kumpel«, stimmte sie ihm zu. »Aber, Rory, ich wollte noch nie dein guter Kumpel sein.«
Er sah sie
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