Der letzte Exfreund meines Lebens
Menschen konfrontieren. Wir werden ihnen sagen, wie wir uns ihretwegen fühlen und wie ihr Verhalten uns beeinflusst, und sie werden uns zuhören. Das ist nämlich das Einzige, was in einer toxischen Beziehung nie passiert. Man hört uns niemals zu«, erklärte er.
Beinahe konnte man die Gruppe kollektiv bewundernd seufzen hören, dachte Kate. Sie alle sogen Brians Weisheiten geradezu begierig in sich auf.
»Während einer oder eine von euch spricht, werden wir anderen« – Brian machte eine ausholende Bewegung, die den ganzen Kreis umfasste – »zuhören. Wir werden die Person darstellen, die ihr konfrontieren wollt. Wir werden nicht antworten oder widersprechen, sondern einfach akzeptieren, was ihr uns zu sagen habt. Niemand wird ein Urteil fällen. Dies ist ein geschützter Ort.«
»Also«, fragte er, »wer möchte anfangen?«
Es meldete sich ein gewisser Terry, der seine Ehefrau als seine »toxische« Person ansah. Alle hörten unterstützend zu, als er eine Hasstirade gegen sie begann. »Du unterstützt mich nicht auf der spirituellen Reise, die ich angetreten habe«, fing er mit nörglerischer Stimme an. »Du willst als Mensch nicht wachsen und versuchst, auch mich daran zu hindern.«
»Oh, werd doch erst einmal erwachsen!«, schnauzte Kate. Sie konnte sich einfach nicht zurückhalten.
»Darf sie so was sagen?«, fragte Terry jämmerlich.
»Wir hören nur zu, Kate«, tadelte Brian sie.
»Aber er sagt, dass seine Frau ihn nicht versteht«, protestierte Kate wie bei einem Schiedsrichter. »Du kriegst doch sicher etwas Besseres als diese alte Leier hin«, provozierte sie Terry.
»Bitte, Kate«, forderte Brian sie mit nachsichtiger Stimme auf. »Wir sind nicht hier, um jemand anderen zu verurteilen.«
»Außer Terrys Frau – die verurteilen wir gnadenlos! Doch das ist nicht fair, denn schließlich ist sie gar nicht hier und kann sich nicht verteidigen.«
Brian stieß einen nachsichtigen Seufzer aus. »Hier geht es nicht um Terrys Frau, sondern um Terrys Erfahrung mit der Beziehung – darum, was für ein Gefühl ihm das Verhalten seiner Frau vermittelt.« Inzwischen sah er aus, als täte es ihm leid, dass er sie gebeten hatte, an der Sitzung teilzunehmen, und sie fragte sich, ob wohl je zuvor jemand aus einem »Gedankenaustausch im intimen Kreis« geworfen worden war, weil er die anderen unterbrach.
»Okay, sprich weiter, Terry«, bat Brian seinen Schützling.
Nachdem er durch die Unterbrechung aus dem Gleichgewicht geraten war, holte Terry erst einmal tief Luft, um seine Gedanken zu sortieren, legte dann aber erneut inbrünstig los. »Du gehst mit den Kindern zu McDonald’s«, heulte er. »Du kaufst ihnen Spielsachen, mit denen ich nicht einverstanden bin. Du unterminierst die Werte, die ich ihnen vermitteln will.«
»Wann?«, explodierte Kate.
»Wie bitte?«, fragte Terry sie verwirrt.
»Wann versuchst du, deinen Kindern diese Werte zu vermitteln?«
»Kate …«, fing Brian an.
»Nein, ist schon okay, Brian. Ich würde wirklich gerne hören, was Kate zu sagen hat.« Terry wandte sich ihr zu und erkundigte sich ernst: »Was meinst du, Kate?«
»Nun, heute ist Sonntag, und statt mit deinen Kindern zusammen zu sein und ihnen deine Werte zu vermitteln, jammerst du hier einem Haufen Fremder, die dir keine Antwort geben, etwas wegen deiner Ehe vor. Und dabei besitzt du noch die Dreistigkeit, deiner Frau vorzuwerfen, dass sie dich nicht unterstützt.«
»Tja, ich nehme an, da ist was dran.« Terry fiel in sich zusammen wie ein geplatzter Luftballon.
»Wahrscheinlich sitzen sie in diesem Augenblick mal wieder bei McDonald’s, doch ich bin mir sicher, dass sich deine Frau darüber freuen würde, bötest du deiner Familie heute etwas anderes an.«
»Kate, bitte!« Brian bedachte Terry mit einem entschuldigenden Blick. »Du hast ein Recht auf deine Gefühle, Terry«, sagte er. »Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen.«
»Nein, schon gut, Brian. Ich weiß Kates Einwurf durchaus zu schätzen.«
»Sprich jetzt erst mal weiter«, ermunterte Brian ihn in sanftem Ton. »Was würdest du deiner Frau sonst noch gerne sagen?«
Terry räusperte sich. »Nun, inzwischen ist mir klar, dass ich wohl ein bisschen egoistisch war«, setzte er verlegen an. »Ich habe dich in letzter Zeit viel zu oft mit den Kindern allein gelassen, denn mir war bisher einfach nicht klar, wie schwierig deine Rolle ist. Ich beschwere mich darüber, dass du mir nicht zuhörst, doch auch ich habe nicht zugehört, wenn
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