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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass wenigstens wir von diesen neuen Ansichten nicht angesteckt worden sind. Ich muss gestehen, mein liebes Kind, dass ich in der Vergangenheit von Ihrer Leichtfertigkeit ein wenig enttäuscht war. Jetzt sehe ich das als die liebenswerte Sorglosigkeit der Jugend an und schätze nun die Ernsthaftigkeit Ihres Geistes. Sie erlauben mir doch, dass ich Ihnen bei Ihrer Lektüre behilflich bin?»
    «Oh, vielen Dank», hauchte Bündel schwach.
    «Und Sie dürfen nie mehr Angst vor mir haben. Ich war entsetzt, als Lady Caterham mir berichtete, dass Sie eine gewisse Scheu vor mir haben. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich ein Mensch bin wie alle andern.»
    Lomax’ Bescheidenheit verschlug Bündel die Sprache. Er fuhr fort. «Seien Sie nicht schüchtern, mein Kind! Glauben Sie nicht, dass Sie mich langweilen! Es wäre mir ein großes Vergnügen – wenn ich das so sagen darf –, Ihren suchenden Geist in die richtigen Bahnen zu lenken. Ich möchte Ihr politischer Ziehvater sein. Nie haben wir in unserer Partei junge Frauen mit Geist und Charme dringender gebraucht als heute. Vielleicht sind Sie dazu bestimmt, in die Fußstapfen Ihrer Tante, Lady Caterham, zu treten.»
    Diese entsetzliche Aussicht warf Bündel vollends um. Sie konnte Lomax nur hilflos anstarren. Sein Haupteinwand gegen Frauen war der, dass sie zu viel redeten. Nur selten fand er unter ihnen das, was er eine gute Zuhörerin nannte. Milde lächelte er Bündel an.
    «Der Schmetterling, der aus der Raupe schlüpft! Ein wundervolles Bild! Ich besitze ein sehr interessantes Werk über politische und wirtschaftliche Zusammenhänge. Ich werde es Ihnen jetzt heraussuchen. Sie nehmen es nach Chimneys mit, und wenn Sie es gelesen haben, werden wir uns darüber unterhalten. Zögern Sie nicht, mir zu schreiben, sollten irgendwelche Fragen auftauchen. Zwar habe ich viele öffentliche Verpflichtungen, aber trotz meiner vielen Arbeit finde ich immer Zeit für die Sorgen meiner Freunde. Und jetzt werde ich das Buch holen.»
    Er stand auf und ging. Wie betäubt starrte Bündel ihm nach. Erst Bills plötzliches Auftauchen schreckte sie aus ihren Gedanken. «Hör mal», rief Bill, «was, zum Teufel, hat der alte Codders deine Hand zu halten?»
    «Es war gar nicht meine Hand. Es war mein suchender Geist», erwiderte Bündel wütend.
    «Sei nicht albern, Bündel.»
    «Entschuldige, Bill, aber ich bin ein bisschen beunruhigt. Erinnerst du dich, als du sagtest, es sei für Jimmy ein großes Risiko herzukommen?»
    «Das stimmt auch. Codders zu entwischen, wenn er sich erst für einen interessiert, ist nämlich äußerst schwierig. Er wickelt Jimmy um den Finger, bevor er es merkt.»
    «Nicht Jimmy hat’s erwischt – sondern mich! Ich werde die entsetzliche Mrs Macatta treffen, ein Buch über politische und wirtschaftliche Zusammenhänge lesen und anschließend mit George darüber diskutieren müssen! Weiß der Himmel, wo das enden wird.»
    Bill pfiff durch die Zähne. «Arme Bündel! Hast ein bisschen dick aufgetragen, was?»
    «Muss ich wohl. Ach, Bill, ich zapple am Haken.»
    «Mach dir nichts draus!», tröstete Bill. «In Wirklichkeit hält George nicht viel davon, wenn Frauen fürs Parlament kandidieren. Du brauchst also nicht auf irgendwelche Rednertribünen zu klettern und einen Haufen Unsinn zu reden oder in Vermondsey Babys zu küssen. Komm, trinken wir einen Cocktail! Es ist gleich Lunchzeit.»
    Bündel stand auf und ging gehorsam an seiner Seite ins Haus. «Und dabei hasse ich Politik doch so!», murmelte sie kläglich.
    «Natürlich! Alle vernünftigen Leute tun das. Nur Typen wie Codders oder Pongo nehmen sie ernst und schwelgen in ihr. Aber trotzdem», sagte Bill und kehrte plötzlich zu einem früheren Gesprächspunkt zurück, «du solltest Codders nicht erlauben, deine Hand zu halten.»
    «Warum denn nicht? Schließlich kennt er mich, seit ich im Wickelkissen gesteckt habe.»
    «Ich mag es eben nicht.»
    «Mein tugendsamer William – ach, sieh mal, was Battle da treibt!»
    Sie waren gerade durch eine Seitentür ins Haus getreten. Eine schrankartige Kammer ging hier von einem kleinen Seitenkorridor ab. Golf- und Tennisschläger, Kricketbälle und andere Gegenstände zur sportlichen Betätigung lagen darin. Superintendent Battle unterzog eben einige Golfschläger einer genauen Prüfung. Bei Bündels Ausruf sah er etwas dümmlich auf.
    «Wollen Sie Golf spielen lernen, Superintendent Battle?»
    «Das wäre nicht das Schlechteste, Lady

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