Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Krieg der Engel (German Edition)

Der letzte Krieg der Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Krieg der Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Jankowski
Vom Netzwerk:
gewichen, die zu einer beliebten Anlaufstelle für Theaterbesucher des Broadway geworden waren.
    Ursprünglich war es ein Viertel der Iren und Deutschen gewesen, nun gab es alles: Italiener, Griechen, Osteuropäer, Puerto Ricaner, Peruaner und viele andere Völkergruppen. Sie hatten sich zwischen Chelsea und der Upper West Side eingerichtet und trotz allem ein gewisses Flair der alten Zeit bewahrt.
    Leandra war in diesem Umfeld aufgewachsen, ihre direkte Heimat war ein katholisches Waisenhaus mitten im Herzen von ‚Hell`s Kitchen‘, und obwohl sie einige Jahre von hier fort gewesen war, hatte es sie am Ende doch wieder hierher geführt - es war, als wäre ihr ein Magnet eingepflanzt worden, der mit diesem Fleckchen Erde verbunden war.
    Ihre Schicht im Diner ging bis kurz vor vier in der Nacht. Nachdem sie auch noch die Tische gewischt und die Zuckerstreuer aufgefüllt hatte, verließ sie das Lokal durch den Hinterausgang. Sie zog sich gegen die kalte Herbstluft eine Jacke über, die sie fröstelnd über den Brüsten zusammenschlug.
    Auf den ersten Blick glich Leandra einem Engel: Sie hatte überschulterlange, goldblonde Locken, die sie im Moment mit einem Samtband zu einem Zopf gebändigt hatte. Ihre Augen waren von einem tiefen Grün, das sehr schön schimmerte, von goldenen Sprenkeln durchsetzt. Ihr Teint hatte einen bronzenen Ton, der sie sehr frisch und gesund wirken ließ.
    Ihr Körper war schmal und feingliedrig, die schlanken Finger von kurzen, gerade gefeilten Nägeln geziert und bis auf einen breiten Silberring auf dem Zeigefinger vollkommen schmucklos.
    Diese Nächte machten ihr keine Angst, aber heute Nacht schien der Mond auf eine Art zu ihr herunterzugrinsen, die sie nervös machte. Sie beschleunigte ihre Schritte, um auf den leisen Kreppsohlen ihrer flachen Schuhe durch die Straßen zu huschen, die zu ihrer Wohnung führten.
    Neben den Restaurants gab es tiefer im Viertel immer noch Wohnsiedlungen. Hier reihten sich blockweise Häuser aneinander, die wie Reihenhäuser wirkten, mit kleinen Treppen zum Eingang, aber es waren Mietshäuser mit drei oder vier Stockwerken und jeweils zwei Wohnungen pro Etage, sodass viele Menschen in so einem Block wohnten. Es war keine wirklich gute Gegend, dennoch fühlte sich Leandra hier wohl, denn trotz allem kannte man sich und sie kam gut mit ihren Nachbarn aus.
    Heute Nacht fühlte sich Leandra allerdings verfolgt und ihre Füße trugen sie hastig zu ihrem Eingang, wo sie den Haustürschlüssel ins Schloss rammte und die Tür hinter sich zuknallte, ehe sie das Licht anschaltete und langsam die schmale Holztreppe in den zweiten Stock nach oben stieg.
    Das Haus hatte schon seit etlichen Jahren keine Renovierung mehr gesehen, die Farbe blätterte von den Wänden und die elektrischen Leitungen waren in einem bedauernswerten Zustand. Es roch nach Essen, das vor Ewigkeiten gekocht worden war - und nach anderen Dingen, die Leandra nicht riechen wollte.
    Endlich hatte sie ihre Wohnungstür erreicht, schloss mit einem Seufzen auf und lehnte sich einen Moment in ihrem Flur gegen die Tür, die Augen geschlossen, während sie ein verrücktes Herzklopfen spürte - sie hatte doch wirklich Angst gehabt!
    „Wie lächerlich“, schalt sie sich selbst und tastete nach dem Lichtschalter, um ein wenig Helligkeit in ihr Leben zu lassen, das die letzten Schatten der Angst auf ihrer Seele vertreiben sollte.
    „Kommst du immer so spät nach Hause?“ Eine Stimme mit einem nörgelnden Unterton ließ sie mit einem Kreischen zusammenfahren. Noch ehe Leandra einen klaren Gedanken gefasst hatte, zog sie eine Dose Reizgas aus der Jackentasche und sprühte der Gestalt, die im Durchgang zum Wohnzimmer stand, eine gehörige Ladung mitten ins Gesicht.
    „Verdammt, spinnst du?“, fauchte die Stimme, wedelte durch die Luft und griff in der gleichen Sekunde nach ihr.
    Leandra kreischte noch lauter.
    „Verdammt, halt deinen Mund!“, fauchte die Stimme weiter. Eine Hand legte sich über ihren Mund. Sie wurde ins Wohnzimmer auf die Couch bugsiert. „Ich tue dir doch nichts.“
    Sie glaubte ihm kein Wort. Vor Angst hielt sie die Luft an und verstummte. Der Angreifer zog seine Hand zurück. Sekundenbruchteile später brannte das Licht im Wohnzimmer.
    „Bist du Leandra Deveron?“, fragte er, während sie noch gegen das Licht blinzelte. Sie nickte nur benommen.
    Als er näher kam, konnte sie ihn ansehen. Er sah müde aus, aber sein Körper war groß und sicherlich kräftiger, als er aussah - sie

Weitere Kostenlose Bücher