Der letzte Krieg der Engel (German Edition)
werfen musste.
Es gab riesige, stierköpfige Gestalten, kleinere, vielarmige Kreaturen, gepanzerte Scheußlichkeiten, die riesigen Fledermäusen mit fast menschlichen Köpfen glichen, und andere, noch viel unbeschreiblichere Monstrositäten. Die meisten dieser Ungeheuer waren bewaffnet und schienen von einer Aura der Dunkelheit und Kälte umgeben zu sein, die man fast greifen konnte. Es war, als hätten sich die Tore der Hölle aufgetan, um ihre schlimmsten Alpträume auszuspeien.
»Da sind Wasserspeier!« Leandras Stimme war schrill und selbst in ihrer körperlosen Form zuckte sie zusammen, als sie die buckeligen Gestalten sah, die wie aus schwarzem Lavagestein geschaffen schienen. »Großer Gott, hat jemals ein Mensch in diese Abgründe geblickt?«
»Öfter, als du es auch nur ahnst«, sagte Arel ernsthaft, denn die Kunst der Menschen war voll mit Darstellungen höllischer Wesen.
Aber alle weitere Diskussion wurde in diesem Moment überflüssig, denn die Heere begannen, sich wie lebende Tiere zu bewegen, unruhig, nervös, fast etwas ängstlich, schließlich würde es nur noch diese eine, finale, alles entscheidende Schlacht geben.
Dann, auf ein geheimes, von Leandra nicht wahrgenommenes Signal setzten sich die Heere in Bewegung, erhoben sich die Engel in die Lüfte und ein grausames, ohrenbetäubendes Schwirren erfüllte die Ebene.
Leandra konnte es spüren, konnte die Bewegungen spüren, die so viele Flügel verursachten, und ihr fiel etwas ein, das sie einmal gelesen hatte: ‘Das Schlagen eines Schmetterlingsflügels in Asien kann in Amerika einen Hurrikan verursachen.’ Was konnten dann zwei aufeinanderprallende Heere geflügelter Wesenheiten heraufbeschwören?
Angst griff kalt nach Leandras Herz, und obwohl Arel sie von diesem Gefühl hätte befreien können, ließ er sie weiter spüren, was viele der Engel in diesem Moment ebenfalls spürten.
Dann prallten die Ersten von ihnen aufeinander.
Schwerter blitzten auf beiden Seiten in der Morgensonne, sausten pfeifend durch die Luft und Leandra schnappte entsetzt nach Luft, als die Ersten durch Flügel fuhren, sich in Spalte der Rüstungen zwängten oder Engel einfach enthaupteten.
Der Kampf wogte mit einem Getöse, das ohrenbetäubend war, alleine die Geräuschkulisse versetzte Leandra in einen Trancezustand, während sie die Augen nicht von dem Gemetzel nehmen konnte, das in diesem ‘Heiligen Bruderkrieg’ angerichtet wurde.
Dann konnte sie auf einmal wieder Arel und Yarden sehen, wie sie sich gegenseitig den Rücken deckten, die Schwingen dicht beieinander, die großen Schwerter mit einer trainierten Lässigkeit in den Händen. Leandra konnte Blut sehen, das sich unpassend vom reinen Weiß von Arels Flügel abhob.
Auch seine Rüstung war mit Blut bedeckt, seine Brust, seine Schultern. Er selbst blutete aus zwei tiefen Wunden im rechten Oberarm, ohne dass ihn das in der Wucht beeinträchtigt hätte, mit der er kämpfte.
Sie konnte kein Vergnügen in seinem Gesicht sehen, eher verbissene Entschlossenheit, und er ließ sie in diesem Moment seine Gefühle spüren: Angst, vermischt mit Wut, aber auch Abscheu und Ekel, seine Brüder bekämpfen, sogar töten zu müssen.
Yarden hingegen führte sein Schwert mit Macht und ihm war anzusehen, dass er den Kampf genoss, egal, ob er gegen die Menschen auf Gottes Erde vorging, oder eben gegen seine Brüder, die sich der falschen Sache verschrieben hatten.
»Er ist so gemacht, Leandra«, verteidigte Arel seinen besten Freund, noch ehe sie etwas dazu sagen oder nur denken konnte. »Er ist ein Krieger, ein Racheengel, ihm darf es nichts ausmachen, zu töten und Verderben zu bringen.«
»Bitte, ich möchte hier weg!« Tränen liefen aus Leandras Augen, als sie die unzähligen Engel sehen konnte, die den staubigen, steinigen Boden der Ebene bedeckten. Blut färbte die Ebene rot, ebenso wie die Rüstungen beider Seiten inzwischen mehr rot als alles andere waren.
Arel zog sich mit ihr zurück in die sichere Zelle des Klosters, streichelte dabei sachte über ihre Augen und über ihre Brust, direkt über dem Herzen, und alle schlechten Gefühle, die sie gehabt hatte, waren mit einem Schlag verschwunden.
„Daher hast du also deine Narben.“ Leandra hatte sich schnell wieder gefangen und sah Arel offen an, als er sich jetzt vom Bett erhob - die Vorstellung war vorbei.
„Du kennst sie?“, fragte er erstaunt. Es war ihm nicht bewusst gewesen, so intensiv gemustert worden zu sein, aber Leandra nickte nur
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