Der letzte Krieg der Engel (German Edition)
wahrscheinlich wirklich an den Haaren hinter sich herschleifen.
Also trabte sie neben ihm über den Pfad, bemüht, ihn nicht einmal anzusehen, sich einfach nur auf ihren Herzschlag und ihren Atem zu konzentrieren. Aber das gelang ihr nicht, denn während sie nach kurzer Strecke schon fertig war, atmete Arel nicht einmal besonders schwer.
„Siehst du, deswegen brauchst du Training“, kommentierte er, als Leandra stehen blieb, weit nach vorne gebeugt, die Hände auf die Knie gestützt. „Du bist überhaupt nicht in Form.“
„Und du bist ein Engel“, fauchte Leandra zurück und bewies Arel damit, dass immer noch Leben und Kraft in ihr waren. „Du brauchst wahrscheinlich gar kein Training, hab ich recht? Du kannst wahrscheinlich den ganzen Tag faul im Sessel sitzen, ohne dass du ...“
„Natürlich brauche ich Training“, widersprach Arel und schnaubte unwillig. Er schlug leicht mit den Flügeln. „Ich bin nicht anders aufgebaut, als ihr Menschen! Auch meine Muskeln brauchen Training. Das ist hier unten auf der Erde recht schwierig, wenn niemand meine Flügel sehen soll.“
„Kannst du wirklich so einfach mit ihnen fliegen?“, gab sich Leandra interessiert, aber Arel nickte nur und griff sie am Oberarm.
„Laufen wir zurück.“ Er fiel nicht auf ihre Ablenkungsmanöver herein und Leandra verzog schmollend den Mund. Sie wollte sich wehren, aber Arel zog sie einfach mit sich, sodass sie laufen musste, um nicht zu stürzen.
15. Kapitel
War es bisher mehr ein Spiel denn Ernst gewesen, so hasste Leandra Arel an diesem Abend wirklich. Er hatte sie den ganzen Tag trainiert, bis ihr buchstäblich jeder Muskel im Körper schmerzte.
Jetzt saß sie in einem großen Badezuber in einem niedrigen Raum mit gewölbter Decke, der von zwei offenen Kaminen beheizt wurde. Schwitzwasser lief an den Wänden herab.
Leandra selbst liefen Tränen über die Wangen. Sie war vollkommen fertig, aber sie weinte eher vor Wut als vor Schmerzen.
„Was weinst du, mein Kind?“ Eine freundliche Stimme ließ Leandra zusammenfahren und als sie aufsah, stand am Fußende des Badezubers Bruder William, die Hände wie immer in den Ärmeln seiner Kutte verborgen, und sah ihr in die Augen.
„Arel ist eine Ausgeburt der Hölle“, beklagte sie sich, ohne sich an Williams Anwesenheit zu stören. Sie hatte ein großes Laken über den Zuber gebreitet, um die Wärme länger zu halten. „Er hasst mich! Und er ...“
„Er erfüllt lediglich Gottes Wunsch, Kind“, unterbrach William sie sanft und lächelte dabei. „Alles, was geschieht, ist vorbestimmt, und er ist nur ein Teil des großen Ganzen, bemüht, dir zur Seite zu stehen.“
„Blödsinn!“, fauchte Leandra aufgebracht und schüttelte heftig den Kopf. „Er hält sich für vollkommen überlegen und lässt mich das auch in jeder Sekunde spüren. Es macht ihm Spaß, mich zu quälen, und ...“
„Er ist ein Engel“, unterbrach sie William erneut. „Ich denke, nichts liegt ihm ferner, als dir Schmerzen zuzufügen. Aber du bist nun einmal ein Mensch, geboren, um gewisse Dinge zu erleiden.“
„Das ist Grund unserer Existenz?“ Leandra runzelte die Stirn und strich sich ihre nassen Haare aus dem Gesicht. „Wir sind hier, um zu leiden?“
Darauf antwortete William nicht, sondern zog sich mit einem seltsamen Lächeln zurück und Leandra blieb noch lange im heißen Wasser sitzen, bis sie schließlich aufstand und sich in ein großes Badelaken wickelte.
Als sie ihre Zelle betrat, saß Arel auf dem Tisch, die Füße auf dem Stuhl, und las in einem dicken Buch, den Blick ganz weit weg.
Aber er hörte sie kommen und sah auf, als sie den Raum betrat, schon wieder ein wütendes Funkeln in den Augen.
„Was willst du hier?“, fauchte sie ihn an und knallte die Tür hinter sich zu.
Arel zuckte die Schultern. „Ich wollte wissen, wie es dir geht“, sagte er und schenkte ihr ein kleines Lächeln. „Ich ...“
„Was interessiert dich mein Befinden?“, fauchte Leandra aber weiter und riss die Schranktür zornig auf, um nach frischer Wäsche zu greifen. „Du bist doch dafür verantwortlich! Du ...“
„Du hast es noch nicht gehört.“ Das war Arel rausgerutscht, ehe er darüber nachgedacht hatte, aber Leandra hatte ihn sehr wohl gehört und trat jetzt mit einem erstaunlich schnellen Schritt dicht vor ihn, ehe er aufstehen und gehen konnte.
„Was gehört?“, fragte sie und legte den Kopf leicht schief, sodass eine Flut nasser Locken über ihre nackte Schulter floss. „Was
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