Der letzte Krieg der Engel (German Edition)
Leandra erst einmal ausgiebig betrachtete.
Nikodemus wirkte noch jung, aber das lag nicht alleine an seinem Aussehen - auch Arel sah nicht älter als Mitte zwanzig aus -, sondern vielmehr an seiner Körperhaltung und dem Gesichtsausdruck.
Ebenso wie Arel war er gut gebaut, die Schultern breit, die Hüften schmal, der Oberkörper muskulös und die Hände stark, aber im Gegensatz zu dem Gregorie war er blond, die Haare fielen ihm in wirren Locken bis weit über die Ohren, was keineswegs weibisch wirkte, ganz im Gegenteil.
Sein herbes Gesicht wurde von einer etwas zu großen Nase beherrscht, und ebenso wie Arel und auch Arameel strahlte er Würde aus, wie es sich für einen Engel gehörte.
„Das ist Nikodemus, Krieger des Zweiten Grades“, stellte ihn Arel vor und der Engel verbeugte sich auch vor Leandra, wenn auch nicht so tief und ohne die Ehrenbezeugung, die er Arel hatte zuteilwerden lassen.
„So, ihr beide werdet jetzt auf mich aufpassen, ja?“ Leandra ließ sich nicht anmerken, was sie davon hielt.
Arel nickte nur und strich ihr sachte eine Locke aus den Augen. „Du bist sicher“, ließ er sie weich wissen und lächelte dabei. „Ich wollte nur, dass du dich nicht erschrickst, wenn du ihn morgen Früh siehst, okay? Schlaf weiter.“
Und noch während er das sagte, ließ er seine Hand über ihre Augen gleiten und Leandra schlief sofort wieder ein. Sie fühlte sich absolut sicher und beschützt.
„So, dann werde ich dir erst einmal ein paar Dinge über die Erde und über Leandra erzählen“, kam Arel zu den wesentlichen Dingen, ließ sich zusammen mit Nikodemus am Lagerfeuer nieder und erklärte ihm alles über die Erde.
19. Kapitel
Leandra war auch zu Nikodemus nicht freundlicher oder aufgeschlossener, als sie es zu Arel war.
Nachdem sie sich zwei Tage zu Fuß durch unbewohntes Gebiet geschlagen hatten, nahm der Engel den Gregorie beiseite. Leandra wusch sich gerade an einem kleinen Bach.
„Wie erträgst du die ständigen Angriffe dieser Frau?“, fragte er.
Arel seufzte, legte kurz den Kopf in den Nacken und presste zwei Finger gegen die Nasenwurzel. „Kaum“, erwiderte er ehrlich und sah Nikodemus in die Augen. „Arameel wollte es mir ja nicht glauben, aber die Lady ist ein Alptraum!“
„Sie hat keinerlei Respekt“, stimmte der andere Engel zu. „Ich meine, du bist ein berühmter Gregorie, du hast ihr das Leben gerettet, und sie ...“
„Sie ist in allererster Linie ein Mensch“, nahm Arel sie in Schutz. „Sie erlebt hier Dinge, die ihre Vorstellungskraft übersteigen, und das entlädt sich dann eben auf uns.“
„Aber wir sind Engel!“, protestierte Nikodemus weiter, die Stirn gerunzelt. „Wie sie dich behandelt! Sie macht dir scheinbar Vorwürfe, dass du bist, was du bist.“
„Du kannst es ruhig beim Namen nennen.“ Arel schmunzelte. Er strich sich sachte über die Wunde im Oberschenkel, die immer noch wehtat, obwohl nicht mehr viel von ihr zu sehen war. „Sie hält uns für ‚schwanzlose Missgeburten’.“
„Ja.“ Nikodemus hob eine Augenbraue an. „Und du lässt dir das einfach so gefallen?“
„Es ist mir egal“, sagte Arel lässig und sah den jungen Engel sehr direkt an. „Wenn du so lange wie ich auf der Erde wärest, würdest du das verstehen können.“
„Gut.“ Das konnte Nikodemus problemlos akzeptieren, er respektierte die Weisheit älterer und ranghöherer Engel und so sah er Leandra auch nur ein wenig missmutig an, als sie zu den Engeln zurückkam.
„Na, große Konferenz?“, spottete sie auf ihre ganz eigene Art.
Arel ignorierte das und sah ihr kurz in die Augen. „Wir haben uns über dich unterhalten“, sagte er. „Nikodemus versteht nicht so ganz, weswegen ich mich von dir so abfällig behandeln lasse, wo ich dir als Gregorie doch weit überlegen bin.“
„Ernsthaft?“ Über so viel Offenheit konnte Leandra nur den Kopf schütteln, dazu fiel ihr nichts mehr ein. „Das meinst du so, oder?“
„Natürlich tue ich das“, bestätigte Arel und grinste leicht. „Die Jungs da oben haben wirklichen Respekt vor mir, Leandra! Ich bin eine Legende und du ... nun, du behandelst mich nicht standesgemäß.“
„Was vielleicht daran liegen mag, dass du mir dafür keinen Grund gibst“, gab Leandra abfällig zurück und sah ihm offen ins Gesicht. „Du entführst mich, quälst mich, bringst mich in Kontakt mit der Hölle und schleifst mich dann durchs halbe Land ... Was daran sollte mir jetzt Respekt abringen?“
„Eins zu Null für
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