Der letzte Krieger: Roman
gestellt überhaupt dazu in der Lage gewesen wäre. Aber so war Rathgar. Stets ging es ihm nur darum, die Schatzkammern weiter zu füllen. Sollte er eben einen Trupp Wächter und ein paar Hauer in die Mine schicken. Irgendwo gab es bestimmt noch Sternenglas, und anhand seiner Karte würden sie die vielversprechendsten Stellen rasch finden.
Je näher er den Gemächern des Königs kam, desto ruhiger ging es auf den Gängen zu. Wie alle Zwerge hielt er große Stücke darauf, dass sie keine Speichellecker waren, wie sie es von den Menschen gehört hatten, die um ihre Könige schwirrten wie Fliegen um den Dung der Wehrrinder. Außer Rathgars nächsten Verwandten, etlichen Wächtern und jenen, die der König zu sich rufen ließ, hatte niemand Grund, seine Nähe zu suchen. Wer es dennoch tat, machte sich nur zum Gespött. Gerufen zu werden war jedoch zweifellos eine Ehre, weshalb sich Hrodomar gern darüber gefreut hätte. Doch nach jener letzten Begegnung fiel es ihm schwer.
Mit unguten Vorahnungen klopfte er an die bronzebeschlagene Tür, hinter der die Könige Firondils seit jeher wichtige Entscheidungen trafen. Vindur, Rathgars jüngster Sohn, öffnete ihm. Der Prinz schenkte ihm ein kurzes Grinsen unter alten Spielkameraden und bedeutete ihm, einzutreten. »Vetter Hrodomar ist hier, Vater.«
»Na endlich!«, brummte Rathgar, der auf einem aufwendig mit Gold verzierten Lehnstuhl saß, während sich die restlichen Anwesenden mit schlichteren Stühlen zufriedengeben mussten. »Setz dich, Junge, und hör zu!«
Hrodomar nahm an, dass die Aufforderung ihm galt, obwohl sie ebenso gut an Vindur hätte gerichtet sein können. Der König hielt es nicht für nötig, einen von ihnen anzusehen. Stattdessen griff er nach einem goldenen Pokal auf dem steinernen Tisch und seihte Bier durch seinen Schnurrbart.
Hrodomar nahm zwischen Vindur und seinem älteren Bruder Platz, wo sich der einzige freie Stuhl befand. Die beiden hatten sich schon als Kinder nicht viel zu sagen gehabt. Außer Rathgar und seinen Söhnen erkannte er die Hüterin der Gerechtigkeit, einen Hüter der Ahnenhalle, den Anführer der Torwache und Skorold, den Obersten Wächter der Tiefen. Allmählich freute er sich doch, in diese Runde gerufen worden zu sein.
»Da wir nun endlich vollzählig sind, kann Skorold euch erzählen, warum ihr hier seid«, befand der König und lehnte sich mit einer auffordernden Geste in seinem Stuhl zurück.
Alle Blicke richteten sich auf den Obersten Wächter der Tiefen, der in seine Rüstung gekleidet war, als patrouilliere er durch die Stollen unter dem Thronsaal. Wenn er sprach, schabten die Stachelkugeln in seinem ergrauenden Bart über den dunklen Harnisch. »Seit ein paar Tagen gibt es ungewöhnliche Vorkommnisse in den untersten Gängen, und ich frage mich, ob sie mit dem Fluch in der alten Mine zusammenhängen könnten«, sagte er direkt an Hrodomar gewandt.
Das soll ich entscheiden? Sicher kannten sich die Hüter der Ahnenhalle oder die Priesterschaft besser mit Flüchen aus als er. Unbehaglich rutschte Hrodomar auf seinem Stuhl herum, während Skorold fortfuhr.
»Jeder Vorfall für sich wäre möglicherweise harmlos. Wir würden ihm nicht viel Bedeutung beimessen. Aber neuerdings herrscht da unten ein Leben wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Einige meiner Männer berichten, dass sie in der Ferne Schreie gehört haben. Sie konnten mir nicht sagen, ob diese Laute von irgendwelchen Bestien oder … seltsamen …« Wieder warf er Hrodomar einen Blick zu. »… Zwergen stammten, aber sie sagten, es hörte sich verdammt beunruhigend an.«
»Wäre es nicht ihre Aufgabe gewesen, der Sache auf den Grund zu gehen?«, fragte die Hüterin der Gerechtigkeit tadelnd.
Skorold reckte trotzig das bärtige Kinn. »Willst du ihnen Feigheit unterstellen? Als sie die Schreie hörten, befanden sie sich bereits am äußersten Punkt ihrer Route. Es ist ihre Pflicht , dort umzukehren und Meldung zu machen. Gerade dann, wenn sie etwas Verdächtiges wahrnehmen! Wächter, die getötet werden, bevor sie Alarm schlagen können, nutzen niemandem.«
Der Vorwurf ist wirklich lächerlich , stimmte ihm Hrodomar insgeheim zu. Jeder wusste doch, dass für den Dienst als Wächter der Tiefen nur die stärksten und mutigsten Krieger ausgewählt wurden.
»Wenn wir nicht wissen, mit welcher Gefahr wir es zu tun haben, ist eine Warnung aber auch nur bedingt hilfreich«, hielt die Priesterin dagegen.
»Deshalb habe ich natürlich sofort eine neue,
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