Der letzte Krieger: Roman
zu wollen. Viel liebenswerter als die war Davaron schließlich auch nicht.
Ein Stück weit vom Fluss entfernt fand Athanor drei hohe Bäume, deren Kronen so sehr ineinander verflochten waren, dass sie den meisten Regen abhielten. Am liebsten hätte er sich sofort im halbwegs trockenen Laub ausgestreckt und geschlafen. Stattdessen stapfte er durch die nasse Nacht zu Elanya zurück.
»Wird es ihm schaden, wenn wir ihn dort hinten unter die Bäume tragen?«, erkundigte er sich und deutete in die Dunkelheit.
Entweder musste Elanya zuerst das Für und Wider abwägen oder aus ihrem Heilzauber zurückfinden, denn es dauerte eine Weile, bis sie antwortete. »Es wird ihm nicht guttun, aber ich habe die Knochensplitter so weit verwachsen lassen, dass sie zumindest keinen Schaden mehr anrichten können.«
So gezielt konnte sie ihre Magie einsetzen? Die Zauberkräfte der Elfen versetzten ihn gegen seinen Willen immer wieder in Erstaunen. Es war schwierig, auf die vermeintlich feigen und heimtückischen Magier herabzublicken, wenn sie so beachtliche Fähigkeiten besaßen. Umso ruppiger hob er Davaron an, um ihn mit Elanyas Hilfe an den trockeneren Lagerplatz zu schleppen.
»Kann ich schlafen, oder soll ich Wache halten?«, fragte er dann. Er hatte keine Lust, von den Untoten überrascht zu werden, nur weil Elanya womöglich beim Zaubern die Umgebung vergaß.
»Ruh dich aus«, riet sie und drückte kurz seine Hand, bevor sie sich wieder neben Davaron kniete. »Du hast heute schon genug für uns getan.«
Athanor erwachte vom Geräusch reißenden Stoffs. Im Schlaf hatte sich seine Hand vom Heft des Schwerts gelöst, weshalb sein erster Griff der Waffe galt, bevor er aufsprang. Es war bereits hell, obwohl der Himmel noch bedeckt war, und es hatte aufgehört zu regnen. Mit einem Blick erfasste Athanor, dass die Elfen und er allein unter den Bäumen waren. Davaron lag knochenbleich im alten Laub und rührte sich nicht. Auf seiner Stirn prangte noch immer eine Wunde, doch sie sah nun sehr viel harmloser aus als vergangene Nacht. Rotbrauner Schorf bedeckte das einstige Loch, von dem nun nicht einmal eine Vertiefung geblieben war.
Elanya hockte in seiner Nähe und teilte mit ihrem Messer ein Hemd in Streifen. Wo hatte er den Stoff schon einmal gesehen? Ihr nackter Arm beantwortete seine Frage. Es war das Hemd, das sie unter ihrem Leinenharnisch getragen hatte. Mittlerweile wusste Athanor, dass diese seltsame Rüstung aus mehreren Schichten Leinen bestand, die von den Elfen mit Leim verbunden und gehärtet wurden. Doch auch wenn sie aus einem einst weichen Stoff gefertigt worden war, hatte sie nun raue Kanten, die Elanyas Haut wundreiben würden. Und das alles für diesen übellaunigen Bastard. Er steckte sein Schwert ein und ging zu ihr hinüber. Erst jetzt entdeckte er den langen Schnitt in ihrem Oberarm. Der Regen und das Flusswasser hatten die Wunde so gründlich gewaschen, dass kaum noch Blut zu sehen war.
»Habe ich dich geweckt? Das tut mir leid. Ich wollte nur die Zeit nutzen, bevor ich mich wieder um Davaron kümmern kann. Sein Herz schlägt noch immer schwach. Ich fürchte, der Schaden in seinem Kopf ist größer, als ich von außen erkennen kann.«
Athanor schnaubte. »Er hat schon lange einen Schaden im Kopf. Da würde ich mir keine Sorgen machen. Ich werde zum Fluss gehen und versuchen, einen Fisch zu fangen. Die Angelschnur ist die einzige Jagdwaffe, die wir noch haben«, stellte er fest und klopfte auf seine Gürteltasche.
Elanya nickte, deutete jedoch auf ihren Arm. »Würdest du mir zuerst diese Wunde verbinden? Mit einer Hand bin ich nicht so geschickt.«
»Das sieht übel aus. Wäre es nicht besser, du würdest dich heilen?«
»Ich brauche meine Kraft für Davaron. Es ist ohnehin nicht mehr viel davon übrig.«
Kopfschüttelnd ließ sich Athanor neben ihr nieder. »Gib dir nicht zu viel Mühe mit ihm. Wenn du seinetwegen stirbst, bring ich ihn ohnehin um.«
»Aber warum? Das hätte doch überhaupt keinen Sinn.« Verwirrt reichte sie ihm einen Streifen Stoff.
»Weil er das nicht verdient hat.« Behutsam drückte er die Ränder des klaffenden Schnitts zusammen und begann, den Verband darum zu wickeln.
»Ich weiß, dass er unausstehlich ist. Aber er war nicht immer so. Er musste mit ansehen, wie Harpyien seine Frau und seine Tochter zerrissen. Seitdem trägt er diesen Hass mit sich herum.«
»Das ist keine Entschuldigung«, befand Athanor, obwohl er einen Anflug von Mitleid verspürte. Zu sehen, wie wilde
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