Der letzte Krieger: Roman
heraus. Eine Pranke hielt die Leiche am Boden, während Sturmfeders grimmiger Blick Elidians Greif galt, der ihm die Beute womöglich streitig machen wollte. Mahalea schüttelte den Kopf. Egal, wie gerecht sie das Futter verteilte, stets beäugten sich die Bestien mit Gier und Misstrauen.
Nur widerwillig hatten ihr die Trolle gleich zwei tote Orks überlassen, aber so stur und zornig sie sich auch aufführten, am Ende setzte sich Mahalea immer durch. Zu mächtig war der Bann, der die ungeschlachten Kerle davon abhielt, die beiden Elfen zum Bestandteil ihres Abendessens zu machen. Nun saßen sie an ihren Feuern, brieten Orks am Spieß und warfen ihr ebenso finstere Blicke zu wie Sturmfeder seinem Artgenossen.
»Sie hassen Euch«, stellte Elidian fest.
»Sie hassen alle Elfen«, wehrte Mahalea ab, obwohl sie wusste, dass er die Wahrheit sprach. Ihr Vater hatte den Krieg entschieden, und das vergaßen sie nicht. Es war ihnen gleich, dass Mahalea damals noch ein Kind gewesen war. Sie brauchten jemanden, dem sie die Schuld geben konnten, und da der große Denethar ins Ewige Licht gegangen war, kam ihnen seine Tochter gerade recht.
»Hast du noch nie einen Greif fressen sehen?«, fragte sie tadelnd. Elidian war grünlich um die Nase, aber er übergab sich nicht, was immerhin mehr war, als Mahalea den meisten Söhnen und Töchtern Heras zutraute. Wer den Geruch von Blut und Innereien nicht vertrug, hatte bei der Grenzwache nichts verloren.
»Doch«, beteuerte er, und die Scham gab seinem Gesicht eine angenehmere Farbe. »Aber … Orks sind keine Hirsche. Und die Trolle schlachten sie, als wäre es Vieh.«
»Für die Trolle sind sie nur Vieh. Hast du vergessen, dass sie auch uns fressen würden, wenn sie nicht den Bann fürchten müssten?« Sie sah, wie er gegen den Würgreiz kämpfte und dabei versuchte, Haltung zu bewahren. »Glaub nicht, dass ich ihr Treiben schätze. Sie sind schlimmer als Tiere und reinigen sich nicht. Aber sie tun die Drecksarbeit für uns. Ohne sie hätten die Orks uns längst überrannt.«
Vor Empörung schien Elidian seine Übelkeit zu vergessen. »Wie könnt Ihr so etwas sagen? Wir haben die Trolle besiegt! Unsere Ahnen haben die Drachen so vernichtend geschlagen, dass sie uns immer noch fürchten.«
»Du hast zu viele Heldenlieder gehört. Vielleicht war es früher wirklich einmal anders, aber heute ist unser Volk schwach. Dass sich die Trolle unterworfen haben, verdanken wir nicht unserer Stärke, sondern dem glücklichen Zufall, dass mein Vater die verwundbare Stelle ihrer Seelen fand.«
Elidian starrte sie sprachlos an.
»Denk darüber nach«, riet sie und schlenderte zu den Habseligkeiten der Orks hinüber, die die Trolle auf einen Haufen geworfen hatten. »Lieder und magische Spielereien besiegen keinen Feind.«
»Aber wir haben mächtige Zauberer unter uns«, wagte Elidian einzuwenden, während er ihr folgte. »Und die Schmiede meines Volkes fertigen die besten Waffen Ardaias!«
»Man braucht Krieger, um einen Krieg zu gewinnen. Schwerter kämpfen nicht von selbst.«
»Aber …«
»Und die großen Magier?«, fiel Mahalea ihm ins Wort. »Womit beschäftigen sie sich? Sie züchten zauberhafte Rosen und legen hübsche Springbrunnen an. Manche mögen unzerbrechliche Klingen erschaffen, andere bringen alles Mögliche zum Fliegen. Aber wer von ihnen kann in einem Kampf von Nutzen sein?«
»Wer ein Haus aus dem Fels wachsen lassen kann, muss doch auch einen Feind aufhalten können.«
»Weißt du, wie langsam diese steinernen Säulen wachsen? Wie viel Zauberkraft eine solche Mauer kostet?«
»Ja, sicher, es dauert viele Monde, ein solches Haus …«
»Du denkst nicht nach«, beharrte Mahalea. »Sieh dir die Trolle an. Wenn sie auf dich zustürmen würden, hättest du Zeit, auch nur einen hilfreichen Zauber zu wirken?«
»Hm. Ich bin sicher, ich könnte zumindest einen von ihnen aufhalten.«
»Und dann? Dann wirst du dich verteidigen müssen, und an Zauberei ist nicht mehr zu denken. Ein Magier braucht Krieger, die ihn beschützen, wenn er überhaupt etwas bewirken soll. Er muss Zauber beherrschen, die schnell und tödlich sind. Wir haben von allem viel zu wenig, aber alle glauben, dass wir unverwundbar sind. Genau wie du.«
Elidian öffnete den Mund zu einer Antwort, doch Mahalea würgte ihn mit einer herrischen Geste ab. »Genug davon. Retheon wird wissen wollen, was es mit diesen Orks auf sich hat. Sehen wir nach, was sie bei sich hatten.«
Schon als sie auf dem
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