Der letzte Krieger: Roman
Handelsweg über diesen Trupp geflogen war, hatte Mahalea die vielen schweren Beutel bemerkt. Sie öffnete eines der Bündel und breitete den Inhalt mit der Stiefelspitze vor sich aus. Plündergut. Die gewebte Wolldecke, der verzierte Zinnbecher und der silberne Löffel waren eindeutig Menschenwerk. Daneben hatte der Ork Vorräte, einen Fellumhang, eine Pelzkappe und Fäustlinge mit sich herumgetragen. »Warum schleppt sich jemand mitten im Sommer mit Winterkleidung ab?«
»Dieser hier hatte Werkzeug bei sich und ein paar Klumpen Erz.« Elidian deutete auf den Inhalt einer Tasche, den er vor sich ausgeschüttet hatte. »Er könnte ein Schmied gewesen sein.«
Mahalea schnürte einen weiteren Beutel auf und fand neben Proviant verschiedene Angelhaken, Schnüre, Harpunenspitzen und die Stößel, Messer und anderen Gerätschaften, die man brauchte, um sie herzustellen. »Diese Orks waren jedenfalls nicht auf einem Kriegszug«, befand sie.
»Und was ist mit den vielen Waffen?«, hielt Elidian dagegen.
Die Äxte, Speere und Bögen auf dem Haufen waren nicht zu übersehen. Einige Schwerter und Haumesser stammten sicher ebenfalls aus Menschenbesitz, aber Mahalea glaubte nicht, dass die Orks sie im Kampf erbeutet hatten. »Orks sind immer gut bewaffnet unterwegs, aber wenn man auf Raubüberfälle aus ist, trägt man nicht so viel überflüssigen Plunder herum. Dann kommt es darauf an, schnell zuzuschlagen und rasch wieder fort zu sein, bevor sich Widerstand formiert.«
Elidian nickte. »Bei den Orks, die nach Osten zogen, hatte ich auch den Eindruck, dass sie für einen Jagd- oder Kriegszug zu schwer beladen sind. Sie hatten sogar Packtiere dabei. Aber andererseits müssen sich auch Krieger versorgen, wenn sie auf einem längeren Marsch sind.«
»Das stimmt«, gab Mahalea zu. »Aber Orks sind keine Menschen, die Zelte aufbauen, Feldküchen betreiben und Lazarette errichten. Sie kommen mit dem Nötigsten aus. Nein, wenn ein Ork seine Winterausrüstung einpackt, kann es nur bedeuten, dass er nicht vorhat, zurückzukehren.«
»Ihr meint, es sind Siedler?«
»Oder Ausgestoßene. Unzufriedene, die in der Fremde ihr Glück suchen. Schließlich haben sie sich in Theroia ausgebreitet, seit die Menschen verschwunden sind. Erst als sie merkten, dass sie hier auf Trolle stießen, mieden sie unsere Grenze. Die eigentliche Frage ist, warum sie nun trotzdem wiederkommen. Und auch noch mehrere Trupps innerhalb weniger Tage.«
»Vielleicht kehren die Menschen zurück und vertreiben sie.«
Mahalea rieb sich nachdenklich die Wange. »Könnte sein. Irgendetwas ist in Theroia im Gange. Wir müssen weiter ausfliegen und die Augen offen halten.«
Der verfluchte Elf hat sich lange genug auf meine Kosten lustig gemacht , grollte Athanor. Davaron saß nur etwa zehn Schritte von ihm entfernt. Wenn er schnell genug lief, war er über dem arroganten Mistkerl, bevor der seine Waffe ziehen konnte – oder gar zaubern. Athanor stürmte los, doch eine Bewegung seitlich von ihm lenkte ihn ab. Ein Schatten auf dem Gras glitt blitzschnell auf ihn zu. Die Luft schien zu wispern. Rokkur!
Athanor warf sich zu Boden. Schon brauste das Rauschen großer Schwingen über ihn hinweg. Etwas streifte ihn, noch während er sich abrollte. Mit rasendem Herz kam er wieder auf die Füße, hieb mit dem Schwert nach der Bestie, doch sie war bereits vorbei und stieß sich mit klauenbewehrten, krummen Beinen wieder vom Boden ab. Das Flattern ihrer Flügel peitschte Athanor Dreck in die Augen. Rasch wandte er sich ab und bemerkte nur deshalb den zweiten Schatten, der direkt auf ihn zuhielt. Athanor hob den Kopf.
Zähne, die Knochen zermahlen konnten, blitzten in der Sonne. Mit offenem Maul stürzte die Chimäre aus dem Himmel auf ihn nieder. Hastig schwang Athanor die Klinge. Der Stahl traf auf den hässlichen klobigen Schädel und stieß ihn zur Seite. Blut spritzte, dann prallte das Untier wie ein Rammbock mit der Schulter gegen Athanors Arm. Er fiel hintenüber und schlug so hart mit dem Rücken auf, dass ihm die Luft wegblieb. Die Bestie stand über ihm, hielt ihn mit ihrem Gewicht am Boden, während er nach Atem rang. Blut rann aus einem klaffenden Spalt an ihrer Schläfe. Vermischt mit Geifer aus dem aufgerissenen Maul tropfte es herab und drohte, ihm in die Augen zu fallen. Er spürte die Klauen auf einer Schulter und auf seinem Fuß. Blindlings trat er mit dem freien Bein nach Bauch und Flanke, Hauptsache, er traf schmerzhaft. Fingerlange Krallen stachen durch
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