Der letzte Krieger: Roman
Rücken nahm er nun nicht mehr wahr.
Als er wieder auf die Karrenspuren stieß, war er keine zwanzig Schritte von der Stelle entfernt, an der er sie verlassen hatte. Er zog das Schwert und näherte sich der Abzweigung. Alles blieb still. Wo er mit dem Muli durchs Gesträuch getrampelt war, konnte kein aufmerksamer Verfolger übersehen. Wachsam tauchte Athanor noch einmal in die Schatten der Bäume ein. Falls ihm jemand auflauerte, wollte er gewappnet sein. Als die Attacke ausblieb, suchte er den Boden nach Spuren ab. Vergeblich schob er Laub zur Seite und bückte sich, um jede Kleinigkeit zu prüfen. Doch abgesehen von den Hufabdrücken des Mulis und seinen eigenen Spuren war die Erde unberührt.
Das gibt’s doch nicht! Er stieß ein Knurren aus und kehrte auf den Weg zurück. Noch nie hatten ihn seine Ahnungen so gefoppt. War ihm der Verfolger nicht auf den Leim gegangen und saß noch irgendwo hier im Dickicht? Athanor ließ den Blick abermals über die Waldränder schweifen, doch ihm war bereits bewusst, wie sinnlos es war, also steckte er das Schwert wieder ein und ging weiter. Er hatte genug Zeit vertrödelt.
Als Athanor den Elf einholte, kam Davaron gerade durch die Tür einer ausgebrannten Ruine. Vom Dach und dem oberen Stockwerk waren nur ein paar verkohlte Balken übrig. Darunter hatten die Mauern dem Feuer standgehalten, doch Ruß und Sprünge in den Steinen zeugten von der großen Hitze. Durch die leeren Fensteröffnungen konnte Athanor sehen, dass es keine Decke mehr gab. Über der Tür ragte noch eine verbogene Eisenstange aus dem Gemäuer, und zu ihren Füßen lag ein verbeultes geschwärztes Schild, das einst dort oben gehangen haben musste.
Ein Gasthaus , erkannte Athanor. Einst hatten Reisende hier gerastet, nachdem sie mit ihren Karren über die nahe Brücke gerumpelt waren. Zumindest nahm er an, dass die verkohlten Pfosten, die aus dem Fluss ragten, zu einer Brücke gehört hatten.
»Du hast dir Zeit gelassen«, stellte Davaron fest.
»Ja und? Ich hatte das Gefühl, verfolgt zu werden, und musste der Sache auf den Grund gehen.«
Auf der Stirn des Elfs bildete sich eine senkrechte Falte, als er die dünnen Brauen zusammenzog. »Wir werden verfolgt?«
»Dachte ich«, gab Athanor widerwillig zu. »Falls da tatsächlich jemand war, hat er die Lust verloren oder ist verdammt schlau.«
Davarons Züge glätteten sich. »Vielleicht ein Faun. Ich habe heute Morgen ihr meckerndes Lachen gehört.«
»Du hast gehört, dass Faune in der Nähe sind, und nichts gesagt?«
»Es war nur ein Faun«, erwiderte der Elf gleichmütig. Ohne eine Antwort abzuwarten, schlenderte er zu seinem Pferd, das am Ufer graste.
»Ich hoffe, dass mir nicht entgeht, wenn sich der neunmalkluge Elf einmal irrt«, rief Athanor ihm nach. »Faune!«, brummte er. Sie mochten harmlos sein, doch sie liebten Schabernack und hatten sehr eigenwillige Ansichten über Mein und Dein. Wenn er mit ihnen handelte, musste er stets aufpassen, dass ihm am Ende nicht mehr fehlte, als er eingetauscht hatte.
Er folgte Davaron zum Ufer und versuchte, die Wassertiefe zu schätzen. Sicher hatte der Gastwirt nicht zum Vergnügen eine teure Brücke unterhalten, wenn es hier eine Furt gab. Der Fluss war nicht breit, kaum mehr als dreißig Schritt, aber das Wasser war trüb und die Strömung stark. Vielleicht hatte es flussaufwärts geregnet. Auch hier zogen am Horizont erste Wolken auf, die ein Gewitter verhießen. Athanor musterte die Wirbel im Wasser. Es gab nur wenige, die sich vor allem am Ufer und um die Brückenpfeiler fanden. »Das reicht mir mindestens bis zur Hüfte.«
»Es ist tiefer«, erwiderte Davaron. »Man sinkt im Schlamm noch ein.« Er war damit beschäftigt, die Last seines Pferds vor und hinter den Sattel umzuverteilen, wo sie für aufgescheuerte Stellen sorgte, wenn man sie länger dort beließ. Sorgfältig prüfte er, ob die Packen sicher befestigt waren, dann gab er dem Grauen einen leisen Befehl. Als die Vorderbeine des Tiers einknickten, glaubte Athanor im ersten Moment, das Pferd breche zusammen. Doch es legte sich lediglich ins Gras wie eine Kuh, die sich zum Wiederkäuen niederließ. Davaron hockte sich zwischen dem Gepäck auf das Gestänge des Packsattels und wurde erst nach hinten, dann nach vorn geworfen, als sich das Tier wieder in die Höhe stemmte. Geschickt wie ein Gaukler hielt er die Balance. »Gib mir die Stoffballen!«, rief er mit einer auffordernden Geste. »Ich bringe sie trocken hinüber.«
Athanor brummte
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