Der letzte Krieger: Roman
so stark, dass sich seine buschigen Brauen über der Nase berührten. Mit einer Geste, als würde er Davaron in zwei Teile hacken, gebot er Ruhe, doch dieses Mal dauerte es eine Weile, bis auch der letzte Zwerg verstummte. »Es stand den Elfen damals nicht an, uns Vorschriften zu machen, und ihr habt auch heute noch kein Recht dazu. Das Sternenglas in unseren Schatzkammern ist unser rechtmäßiger Besitz. Gewonnen durch harte, ehrliche Arbeit – falls ein Elf überhaupt weiß, was das ist.«
Als Athanor die Worte weitergab, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Der König wartete keine Antwort Davarons ab, sondern sprach erzürnt weiter. »Dieser Elf ist ein Lügner und ein Dieb. Wer unrechtmäßig von anderen nimmt, dem wird genommen. Schlagt ihm die Hand ab!«
Erneut packten die Wächter Davaron, bevor Athanor ihm die Worte des Königs zu Ende übersetzt hatte. Er musste sie rufen, um den Beifall der Zwerge zu übertönen, von denen einige stampften und johlten. Die meisten begnügten sich allerdings damit, zufrieden zu nicken und wie die Wächter neben ihm zu murmeln: »So haben wir es schon immer gehalten.«
»Nein!«, entfuhr es Elanya, woraufhin ihre Wachen ebenfalls nach ihr griffen, als könne sie Davaron sonst zu Hilfe eilen. Womöglich hätte sie es sogar trotz der Ketten versucht, denn sie wehrte sich kurz, bevor sie gleichsam erstarrte, während der Scharfrichter und seine Gehilfen zum Richtblock traten. Einer von ihnen stellte einen Korb auf dem Boden ab, aus dem er zuvor irgendetwas gegriffen hatte, das einem fingerlangen, mit Stoff umwickelten Stock ähnelte.
»Bringt den Menschen her!«, rief Graubart.
Was zum … Die Wächter zerrten Athanor an Elanya vorbei, die ihn mit schreckgeweiteten Augen anstarrte. Er hatte nicht mehr als einen flüchtigen Blick für sie. Was wollten die verfluchten Zwerge nun wieder von ihm? Sollte er sich anstellen, um ebenfalls verstümmelt zu werden? Bei der Vorstellung wurde ihm kalt, obwohl es in der Halle warm und stickig war.
»Du wirst ihm die Anweisungen des Henkers weitergeben«, beschied ihm Graubart in harschem Ton. »Sag ihm, er soll stillhalten, sonst lasse ich ihn im Kerker an Wundfäule verrecken.«
Einen Moment lang war Athanor versucht, dem Elf das Gegenteil zu erzählen. Wäre ein qualvoller Tod nicht die angemessenere Vergeltung für all die Beleidigungen und Demütigungen gewesen, mit denen der Bastard ihn bedacht hatte? Nein. Es wäre feige und heimtückisch. Gerade so, wie Davaron ihn behandelt hatte. Lieber verzichtete er auf diese Rache, als sich mit ihm auf eine Stufe stellen.
Davaron antwortete, ohne den Blick von seinem Henker zu nehmen. »Sag dem Zwerg, dass ein Elf besser weiß, was Würde ist als er.«
»Er wird stillhalten«, übersetzte Athanor.
Graubart grunzte wenig überzeugt, doch er nahm Davaron die Handschellen ab. »Vorwärts!«
Obwohl die Wächter noch immer seine Arme festhielten, schritt Davaron erhobenen Hauptes auf den Richtblock zu. In seinem Gesicht stand die Verachtung zu lesen, die er für die Zwerge empfand. Athanor wurde von den Wachen ebenfalls nach vorn dirigiert, doch sie hielten ihn ein paar Schritte vor dem Henker wieder an. Er kam sich vor wie ein Tanzbär, den man an einer Kette herumführte. Fehlte nur noch, dass sie ihn zwangen, sich um sich selbst zu drehen.
»Auf die Knie!«, befahl der Henker. Seine Stimme klang so ernst, wie seine Miene aussah, doch es lag kein Gefühl darin. Er deutete auf den Boden, direkt neben dem Holzklotz, auf dem Kerben und verblasste Flecken von früheren Hinrichtungen zeugten. Wie ähnlich er dem Block auf dem Richtplatz in Theroia sah. Stets hatten die Menschen einen abergläubigen Bogen um ihn gemacht, als könne das Schicksal der Verbrecher ansteckend sein. Und wir jungen Adligen haben eine Mutprobe daraus gemacht, unsere Hände daraufzulegen.
Als Davaron auf den nächsten Befehl hin die linke Hand ausstreckte, erinnerte sich Athanor an das Gefühl des verwitterten, unebenen Holzes unter seinen Fingern. Die Angst, die der Elf trotz seiner zur Schau gestellten Ruhe empfinden musste, erfüllte ihn mit Genugtuung. Die Wächter traten zurück und überließen den Gehilfen des Henkers das Feld. Einer der beiden hielt Davaron das stoffumwickelte Stück Holz vor das Gesicht.
»Mund auf, und dann fest zubeißen!«, forderte der Scharfrichter.
Die Zuschauer waren still geworden und beobachteten gebannt jeden Schritt der Vorbereitungen. Gehorsam schlug Davaron die
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