Der letzte Krieger: Roman
begraben und den Chroniken unserer Völker ein neues, friedliches Kapitel hinzuzufügen?«
»Ist es nicht zum Vorteil für alle, wenn wir den alten Streit beenden und in Frieden miteinander leben?«, übersetzte Athanor. Er fand seine Worte unzulänglich, aber er konnte es nicht ändern. Die Elfe hatte sich in diese Lage gebracht, also musste sie damit leben.
Unter den Zwergen wurde gemurrt und geraunt, während sie immer wieder zu ihrem König blickten, der mit undeutbarer Miene von seinem Thron herabsah. War es ein gutes Zeichen, dass er sein Urteil so lange abwog?
Seit wann bin ich eigentlich wieder auf der Seite der Elfen? Doch wenn die Zwerge tatsächlich auf das Friedensangebot eingingen, standen auch seine Chancen auf ein mildes Urteil besser.
Ein Funkeln schlich sich in Rathgars Augen. Es hellte seine Miene so sehr auf, dass es selbst auf der anderen Seite des Saals zu erkennen war. Doch bei dem Lächeln, das folgte, überkam Athanor eine dunkle Ahnung.
»In der Tat ist es lange her, dass wir unter dem Gorgoron gegraben haben«, bestätigte der König. »Vielleicht ist an deinen Worten sogar etwas Wahres, Elfentochter, denn der Berg ist verflucht. Unsere Ahnen haben die Stollen verschlossen, und wer seit jenen Tagen darauf bestand, sie dennoch zu betreten, kehrte niemals zurück.«
War das etwa ein Eingeständnis von Schuld? Athanor traute seinen Ohren nicht.
»Dennoch habt ihr Elfen wieder einmal eure Missachtung für mein Volk und die Ordnung des Großen Baumeisters gezeigt«, fuhr Rathgar fort. »Ich bestrafe euch deshalb, indem ich euren Wunsch erfülle. Du und dein Gefährte, ihr werdet zu den Stollen des Gorgoron gebracht, auf dass ihr dort selbst nach Sternenglas suchen könnt.«
In den Berg, aus dem niemand zurückkommt. Du gerissener Hund. Sollten sich die Elfen jemals nach dem Schicksal Elanyas und Davarons erkundigen, konnten die Zwerge gönnerhaft darauf verweisen, dass sie den beiden gestattet hatten, sich die Kristalle selbst zu holen.
Elanya gelang es, sich würdevoll zu verneigen, aber was auch immer sie gerade sagen wollte, die Priesterin unterbrach sie, bevor der erste Laut über ihre Lippen kam.
»Du kannst dich setzen«, gestattete die Zwergin, woraufhin sich Elanya mit bitterer Miene von ihren Wachen auf die Bank drücken ließ. »Athanor aus Letho, erhebe dich vor deinem Richter!«
Sofort schlossen sich die Hände der Wächter um Athanors Arme, um ihn auf die Füße zu zerren, doch er ließ sich davon nicht beirren. Er hatte gemerkt, dass er zu groß und zu schwer war, als dass die Zwerge ihn gegen seinen Willen hätten aufrichten können, also erhob er sich so langsam, wie es ihm passte. Herausfordernd sah er zu König Rathgar auf. Er war zwar nicht erpicht darauf, irgendein Körperteil zu verlieren, aber was der Elf konnte, konnte er schon lange. Die Zwerge würden nicht erleben, dass er Angst zeigte oder um Gnade bettelte.
»Mein König, diesem Mann wird vorgeworfen, die Elfen nach Firondil gebracht zu haben«, verkündete die Priesterin. »Mit Lügen täuschte er die Torwächter und seinen Gastgeber, um den Dieben ihr Werk zu ermöglichen. Er bestreitet, von den Plänen der Elfen gewusst zu haben. Auch lag er schlafend in seinem Bett, als der Elf gefangen wurde. Aber warum sollte sich ein Mensch an diesem schändlichen Spiel beteiligen, wenn nicht um eines Anteils an der Beute willen?«
Gier. Natürlich. Ob es Zwerge oder Elfen waren, schien gleich zu sein. Sobald die Rede auf Menschen kam, drehte sich alles nur um deren grenzenlose Gier.
Wieder zog der König seine beeindruckenden Brauen zusammen. »Der Mensch ist also erwiesenermaßen ein Lügner. Sprich zu deiner Verteidigung, Mann aus Letho! Warum sollten wir dir glauben?«
Athanor räusperte sich. Warum war sein Hals auf einmal so trocken? Vom vielen lauten Reden musste er heiser geworden sein. »Auch ich möchte nur zwei Dinge sagen«, kündigte er an. »Ja, ich wusste, dass meine Begleiter Elfen sind. Sie boten mir an, in ihrem Namen mit kostbaren Stoffen zu handeln. Daran schien mir nichts Schlechtes zu sein, im Gegenteil. Ich wollte meinem Freund Meister Evrald damit eine Freude machen. Leider ist er nicht hier, aber er soll wissen, dass ich bedaure, was geschehen ist.« Vielleicht würde irgendjemand unter den Zuschauern dem Händler davon erzählen, auch wenn die meisten Athanor skeptisch oder gar feindselig ansahen.
»Das Zweite ist ein Nein«, fuhr er fort. »Ich wusste nicht, was die Elfen wirklich im
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