Der letzte Krieger: Roman
er ihm nachgeben musste, obwohl es albern aussah. Dieses Mal war es der Priester, der plötzlich neben ihm auftauchte und seinen Arm packte. Gemeinsam blickten sie auf Athanors Hand. Sie war rot, mit weißen Sprenkeln. Der Priester drehte sie, besah Handrücken und Innenfläche. Die Haut glänzte ungewöhnlich und spannte. Stach nicht auch der Geruch verbrannter Haare in Athanors Nase? Er kam nicht dazu, nach abgesengten Stoppeln zu sehen, denn der Priester riss seinen Arm am Handgelenk in die Höhe wie eine Trophäe.
»Keine Verbrennungen! Der Mann sagt die Wahrheit!«, rief er.
Athanor war nicht so sicher, ob das stimmte. Er musste noch immer die Zähne zusammenbeißen, um den Schmerz zu ertragen. Aber von dem Priester herumgezerrt zu werden, lenkte ihn davon ab, weshalb er fast bedauerte, als ihn der Zwerg wieder losließ.
»Zurück an deinen Platz!«, wies ihn einer der Wächter an. »Aber nicht setzen!«
Als ob ich keine anderen Sorgen hätte. Instinktiv wollte er die geschundene Hand mit der gesunden umklammern, doch das jagte noch schlimmere Schmerzen hindurch. Knurrend ließ er sich zurück vor seine Bank führen. Elanya hielt sich eine Hand vor den Mund, als müsse sie sich zum Schweigen bringen, und starrte ihn mit großen Augen an.
Ja, wunderbar, was? Hab ich dir zu verdanken. Ein schlechtes Gewissen konnte ihr nicht schaden. Er wandte sich ab, um zu Rathgar aufzublicken, dem die Feuer zwischen ihnen eine noch grimmigere Aura verliehen.
»Du bist also kein Dieb«, stellte der König fest. »Aber du bist immer noch ein Lügner. Vernimm mein Urteil, Menschensohn! Sobald sich das Tor Firondils hinter dir geschlossen haben wird, wirst du niemals zurückkehren. Für alle Zeit sollst du aus den Königreichen unter den Bergen verbannt sein, und jeder, der dich dennoch in unseren Stollen findet, hat das Recht, dich auf der Stelle zu töten.«
Einen Moment lang herrschte Leere in Athanors Gedanken. Am Rande nahm er wahr, dass ihn jemand aufforderte, sich zu setzen, und sein Körper gehorchte ohne sein Zutun. Eine Stimme schwafelte von Gerechtigkeit, wie schon so oft an diesem Tag. Ebenso gut hätte ein Vogel draußen im Wald zwitschern können.
Das war’s dann also. Athanor blickte auf seine fleckige Hand, ohne sie zu sehen. Auf ewig aus den Zwergenreichen verbannt. Keine Geschäfte mehr, keine ruhmreiche Rückkehr zu den Elfen, nichts. Endlose Jahre zielloser Wanderschaft dehnten sich vor ihm aus. Von Faunen genarrt, in ständigem Kampf mit verlausten Orks, und am Ende – nichts. Er hätte ebenso gut schon tot sein können. Es wurde Zeit, dem Dunklen mal wieder ein Stöckchen vor die Füße zu werfen. Sein bester Hund wollte spielen.
Athanor sprang auf. »Ich fordere ein anderes Urteil!«
12
Eine Nacht im Verlies war eine Gnade. Zumindest stellten es die Zwerge so dar, und beim Anblick Davarons zitternder Beine musste Athanor ihnen recht geben. Der Elf schritt zwar stolz und aufrecht in seine Zelle zurück, doch sein Gesicht war grünlich, und nur ein Blinder hätte übersehen können, dass ihn nichts als Willenskraft auf den Füßen hielt. Kaum hatte er die Zellenwand erreicht, versuchte er wenig überzeugend, sein Zusammenbrechen als gewöhnliches Hinsetzen zu tarnen.
»Ich bitte um Verbandszeug und darum, dass man uns Licht lässt, damit ich seine Wunde nach elfischer Kunst versorgen kann«, wandte sich Elanya an Athanor.
Dass die Zwerge ihren Wunsch sogar erfüllten, erstaunte ihn. Sie durfte es zwar nur von ihrer Zelle aus tun, weshalb Davaron den Stumpf durch das Gitter stecken musste, aber der Wärter harrte geduldig aus, bis sie fertig war. Erst dann brachte er eine weitere Runde schleimigen Pilzeintopf, den sie erneut im Dunkeln essen mussten. Obwohl ihm immer wieder Fetzen der Gerichtsverhandlung durch den Kopf spukten, schlief Athanor bald darauf ein.
Er erwachte in völliger Dunkelheit und wusste im ersten Augenblick nicht, wo er war. Alarmiert tastete er um sich. Der harte Fels brachte die Erinnerung zurück.
»Athanor? Geht es dir gut?«, erkundigte sich Elanya besorgt.
»Gut?« Er schüttelte die letzten schläfrigen Schlieren aus seinem Kopf. »Lass mal nachdenken. Ich habe einen lockeren Zahn, ein blaues Auge, eine Hand, die bei jeder Berührung schmerzt, und bin in einen verdammten Käfig gesperrt. Schätze, es ging mir schon schlechter. Besser aber auch.«
Sie schwieg. Vermutlich plagte sie das schlechte Gewissen wieder. Gut so.
»Ich verstehe nicht …«, begann sie nach
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