Der letzte Krieger: Roman
Stollen erforschen.«
»Aber nur, wenn du Bier statt Wasser mitbringst.«
Der Zwerg lachte. »Das gilt! Allzeit sichere Stollen, Herr Athanor.« Er rückte sein Bündel zurecht und klaubte das Seil auf, während sein Blick schon wieder gen Himmel zuckte.
»Allzeit sichere Stollen, Herr Hrodomar.«
Elanya legte die Hand auf den Stein, mit dem sie das Loch verschlossen hatten, und sah aus, als horchte sie auf etwas. »Ich kann den Zorn des alten Geists spüren«, behauptete sie. »Der ganze Berg ist damit getränkt.«
Athanor sah sich zweifelnd um. »Hier draußen wirkt doch alles friedlich.«
»Der Eindruck täuscht.« Sie nahm die Hand von dem Stein und deutete stattdessen auf einige Bäume. »Siehst du nicht, wie verdreht und knorrig sie wachsen? Manche Äste sind kahl und abgestorben. Und diese Tanne? Ihre Nadeln sehen aus, als sträubte sie ihr Fell.«
»Mag sein.« Bäumen hatte er noch nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie standen herum und spendeten Schatten und manchmal ein Dach gegen den Regen. Mehr musste er nicht über sie wissen.
»Wir dürfen nicht lange hierbleiben, sonst wird der Fluch beginnen, auch uns zu vergiften«, warnte Elanya. »Ich möchte nicht enden wie diese schrecklichen Kreaturen dort unten.«
»Du glaubst, dass sie einst gewöhnliche Zwerge waren?« Dann hatte Hrodomar vielleicht nicht so falsch gelegen.
»Der Fluch hat sie um den Verstand gebracht und in ihre schlimmsten Albträume verwandelt.« Sie schauderte, doch im nächsten Moment huschte ein zaghaftes Lächeln über ihr Gesicht. »Hast du nicht bemerkt, dass sie zaubern konnten? Sie wurden eins mit dem Fels. Sie sind alles, was Zwerge niemals zu sein wünschen.«
Da ist etwas dran. Athanor rieb sich das Kinn und stellte fest, dass er sich seit Tagen nicht rasiert hatte. Kein Wunder, dass sich Elanya rasch abwandte.
Sie ging zu Davaron hinüber, der die Augen geschlossen hatte. »Kannst du laufen? Wir müssen fort.«
Er nickte schwach. »Gib mir noch einen Moment.«
Elanya sah aus, als wollte sie noch etwas sagen, doch sie zögerte. Mit unstetem Blick stand sie da. »Seit wann beherrschst du Erdmagie?«, platzte es schließlich aus ihr heraus.
Gereizt verzog Davaron das Gesicht. »Schon immer.«
»Aber warum hast du nie etwas davon gesagt? Du wärst …«
»Hör endlich auf damit!«, brüllte Davaron. »Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst!«
Trotzig verschränkte Elanya die Arme. »Dann erklär’s mir doch.«
»Was willst du hören? Wie hart es war, als Halbblut unter den Abkömmlingen Piriths aufzuwachsen? Sieh mich doch an! Ich sehe nicht einmal aus wie sie!«
Auf Elanyas Gesicht malte sich Begreifen ab, was mehr war, als Athanor von sich behaupten konnte. »Deshalb hast du geschwiegen? Deshalb hast du in Kauf genommen, für deine geringen Künste in der Feuermagie verspottet zu werden?«
»Ja, stell dir vor, so war es.«
»Wusste Eretheya davon?«
Wer zum Henker ist Eretheya, und welche Rolle spielt das? Athanor genügte es zu wissen, dass der Elf einen weiteren, sehr wunden Punkt hatte.
»Natürlich wusste sie es! Sie war meine Frau.« Davaron stemmte sich auf die Beine. »Und du wirst es gefälligst für dich behalten, sonst wird es dir sehr leidtun.« Er starrte Elanya so hasserfüllt an, dass Athanors Hand zum Schwertgriff glitt. »Das gilt auch für dich«, drohte ihm der Elf. »Ein falsches Wort, und du wirst wünschen, in diesem Stollen geblieben zu sein.«
»Wir sollten es lieber jetzt gleich zu Ende bringen«, knurrte Athanor und wollte blankziehen, doch Elanya legte ihm rasch die Hand auf den Arm.
»Der Fluch ergreift bereits von uns Besitz. Lasst uns gehen, bevor wir noch mehr Dinge sagen oder tun, die wir später bereuen müssten.«
Er wies sie lieber nicht darauf hin, wie oft er auch ohne den Fluch des Astars schon kurz davor gewesen war, den Bastard zu erschlagen.
»Wir müssen die Kristalle sicher nach Anvalon bringen«, mahnte sie. »Wenn wir nicht zusammenhalten, kann deine Mission noch immer scheitern, Davaron.«
Der Elf musterte sie geringschätzig, sagte aber nichts mehr.
15
Allmählich fragte sich Athanor, ob die Götter doch mehr Anteil am Schicksal der Menschen nahmen, als er glaubte. Noch nie hatte der Donnergott so häufig gewütet wie in diesem Sommer. Und selbst die Urmutter Kaysa, die zugleich Herrin über die Tiere war, schien Theroia im Zorn verlassen und ihre Schützlinge mit sich genommen zu haben. Denn während sie im Norden auf Schritt und Tritt auf Wild
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