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Der letzte Krieger: Roman

Der letzte Krieger: Roman

Titel: Der letzte Krieger: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Falk
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finden. Jedes unscheinbare Messer, jede Socke, in der noch keine Mottenlöcher prangten, konnte ihm helfen, den nächsten Winter zu überstehen, also durchwühlte er den Dreck. Das Einzige, was er in diesem Dorf fand, war jedoch eine grob geschmiedete Bronzefibel, mit der er seinen Umhang schließen konnte, falls er die eigene verlor.
    Athanor steckte sie ein und kehrte zu den Elfen zurück. Elanya wartete bereits neben der Statue Baris’, der Göttin des regenreichen Südwestwinds, die in der Mitte des Dorfs unter einem alten Baum stand. Auf dem kleinen Altar zu ihren Füßen lag anstelle von Weihegaben nur altes Laub.
    »Hast du Leim gefunden?«, fragte er, obwohl sie dann sicher erfreuter ausgesehen hätte.
    »Nein. Du?«
    Er schüttelte den Kopf. Wer Leim brauchte, stellte ihn frisch her. Der Geruch von Knochensud war immer wieder durchs Heerlager geweht, wenn die Schützen neue Pfeile gefertigt hatten. »Aber ich habe dort hinten eine Stube gefunden, deren Läden sich noch gegen den Sturm schließen lassen.«
    »Warum suchst du eigentlich nie in diesen abgelegenen Häusern mit den winzigen Fenstern?«, erkundigte sich Elanya und deutete auf die Gruft des Dorfs, die sich ein Stück außerhalb befand. »Ich wollte hineingehen, aber die Tür war verschlossen.«
    »Das ist …« Ihm fiel auf, dass die Elfen kein Wort für eine Gruft hatten. In den Schriften behalf man sich deshalb mit einer Umschreibung. »… ein Haus der Toten. Bei toten Bauern ist nicht viel zu holen.« Als Zeichen des Respekts wurden ihre Leichen in saubere Gewänder gekleidet, aber Waffen und Schmuck fanden sich nur in den Grüften der Vornehmen. Wozu hätte man ihnen auch mehr mitgeben sollen? Die Schatten im Reich des Dunklen hatten keine Verwendung für Wein oder Brot.
    Elanya sah ihn verständnislos an. »Ihr baut Häuser für die Toten? Aber sie sind doch nicht mehr hier.«
    »Ihre Seelen mögen fort sein, aber ihre Körper bleiben. Je besser das Totenhaus gebaut ist, desto länger können wir sie dort sehen und uns ihrer erinnern.« Sogleich hatte er die mumifizierten Körper seiner Ahnen vor Augen, die ihm sein Vater in den Gängen unter Theroia gezeigt hatte, als er fünf Jahre alt gewesen war. In ihren prunkvollen Rüstungen, gebettet auf vergilbtem Samt, lagen manche wie in ewigem Schlaf. Andere waren weniger fähigen Balsamierern in die Hände gefallen und ähnelten den Schädeln der Zwerge unter dem Gorgon.
    »Ihr bewahrt die Leichen auf?«
    Was hatte dieses Leuchten in den Augen der Elfe zu bedeuten?
    »Kann ich sie mir ansehen?«, fragte sie, bevor Athanor etwas erwidern konnte.
    »Tote, die du nicht kennst?«
    »Ist das verboten?« Sie klang, als wollte er ihr die kandierten Früchte vorenthalten. Diese Frau war wirklich seltsam.
    »Nein, nur ungewöhnlich. Aber wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann …«
    »Ja. Aber glaub nicht wieder, dass ich deshalb die Nacht auf deinem Lager verbringe«, fügte sie mit schelmischem Lächeln hinzu.
    Athanor war zu überrascht, um zu antworten. Sie reisten nun schon einen Mond zusammen, und nie zuvor hatte sie etwas getan, das einem Schäkern so nahe kam wie dieses Lächeln.
    »Davaron!«, rief sie. »Wir sehen uns das Totenhaus an. Willst du mitkommen?«
    Man könnte glauben, eine Gruft sei ein Markt mit Gauklern , dachte Athanor kopfschüttelnd und ging voran. Davaron folgte ihnen, doch in seiner düsteren Miene war nichts von Elanyas Neugier zu entdecken. Vermutlich wollte er nur nicht mehr in der sengenden Sonne sitzen.
    Das kleine Haus war das einzige Gebäude aus Stein im ganzen Dorf und sehr schlicht gehalten. Nur zwei schlanke Säulen stützten das Vordach. Die Tür wirkte dagegen massiv und schwer. Das Holz war mit Schnitzereien verziert, in deren Mitte die untergehende Sonne ihre letzten Strahlen über einen Hügel sandte, während der Mond bereits am Himmel stand – das Symbol für den Tod, für den Sieg Hadons über seinen Bruder Aurades, wenn die Nacht anbrach.
    Athanor tastete auf dem Sims über der Tür. Der Schlüssel lag tatsächlich noch dort.
    »Welchen Sinn hat ein Schloss, wenn jeder Dieb den Schlüssel sofort findet?«, wunderte sich Elanya.
    »Es gibt hier nichts, was sich zu stehlen lohnt. Das Schloss soll nur Kinder davon abhalten, ständig die Tür zu öffnen. Sonst verwesen die Leichen.« Athanor öffnete und stieg die Stufen in den dämmrigen Raum hinab. Nur zwei winzige Fenster hoch oben unter der Decke spendeten etwas Licht. In den dicken Wänden der

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