Der letzte Kuss
Ellenbogen zwischen die Rippen.
»Ich habe zwar gesagt, dass ich niemanden erwarte, aber es kann doch etwas Wichtiges sein.«
Er ließ sie los, völlig betäubt von der Erkenntnis, zu der ihn dieser Kuss geführt hatte.
»Mach auf, Roman. Hier ist die Polizei.« Ricks Stimme drang zu ihnen durch die Tür.
Trotz des Bedauerns, das sie schmerzlich empfand, konnte Charlotte ein Lachen nicht unterdrücken, Roman aber
fand es gar nicht komisch. Rick war der letzte Mensch, dem er begegnen wollte. Schon der bloße Gedanke an seinen Bruder und Charlotte brachte ihn immer noch auf die Palme.
Als sie zur Tür ging, glättete sie ihr zerknülltes Kleid und fuhr sich mit einer zitterigen Hand durch ihr zerwühltes Haar. Sie konnten unmöglich verbergen, was sie gerade getan hatten.
Er wollte das auch überhaupt nicht. Ihre wundgeküssten Lippen brandmarkten sie, und Roman gefiel das verdammt gut.
Das war’s dann wohl mit seinen guten Vorsätzen. Er war hier hereingeplatzt, um sich dafür zu entschuldigen, dass er ihr so widersprüchliche Signale vermittelt hatte. Er hatte vorgehabt, Lebewohl zu sagen und sich damit von sämtlichen Illusionen zu verabschieden, die sie sich gegenseitig machten. Aber mit Charlotte war nichts jemals endgültig oder beendet, so sehr er sich auch bemühte.
Die Erkenntnis traf ihn unvermutet. Ein Abschied war nicht möglich. Nicht von Charlotte. Er konnte von dieser Frau nicht fortgehen und sich einer anderen zuwenden.
Er wusste, dass er momentan unter Schock stand und schüttelte den Kopf. Ihm war ebenfalls klar, dass er auch sie schockieren würde. Anstatt sich für seine Frauenjagd zu befreien, hatte er sich nun auf eine Kandidatin festgelegt. Eine, die nicht die Frau am häuslichen Herd in einer Fernehe mit dem Globetrotter-Ehemann spielen wollte. Es würde Kompromisse geben müssen. Aber das war in Ordnung. Selbst bestens durchdachte Pläne änderten sich im Laufe der Zeit. Wenn es um Charlotte ging, hatte er sich entsprechend zu ändern. Er hatte keine Wahl.
Zunächst aber musste er sie dazu bringen, ihnen beiden
nach seiner langen Rede über sein Weggehen eine Chance zu geben. Roman stöhnte laut auf. Sicherlich würde sie ihm keine Türen vor der Nase zuschlagen. Möglicherweise, würde sie mit ihm schlafen, um sich von ihm zu befreien. Oder um sich zu vergewissern, dass sie sich danach einfach von ihm trennen könnte.
Er musste sie davon überzeugen, dass sie sich irrte. Dazu konnte er sie nur sehr langsam bringen, soviel wusste er. Und dieses Mal gab es kein Zurück.
Bei diesen neuen Entschlüssen drehte sich Roman der Magen um, aber, verdammt noch mal, er hatte trotzdem ein gutes Gefühl dabei. Er lockerte seine Schultern, um die Spannung zu verringern, aber ehe er weiter überlegen konnte, hatte Charlotte bereits Rick hereingelassen. Chase folgte ihm auf den Fersen.
Welchen Anlass mochten seine beiden Brüder haben, in Charlottes Apartment zu erscheinen?
»Ist mit Beth alles in Ordnung?« Charlotte suchte Ricks Blick, deutlich besorgt um ihre Freundin.
»Es geht ihr gut. Ich habe sie wegen eines Notrufs allein zurückgelassen, aber sie fühlte sich okay.«
»Worum geht es denn dann?« Sie blickte Rick misstrauisch an. »Roman braucht keine Anstandsdame, welchem Umstand habe ich also diesen Besuch zu verdanken?«
Darauf wollte Roman auch gern eine Antwort haben.
»Wir setzen uns besser hin«, schlug Rick vor.
»Wir setzen uns besser nicht hin«, murmelte Roman. Er wollte ihren Besuch nicht in die Länge ziehen.
»Es geht um den Höschendieb, oder?«, fragte Charlotte mit erhobener Stimme. »Er hat wieder zugeschlagen?«
»Sie ist schlau«, sagte Rick. »Wusstest du, dass sie schlau ist, Roman?«
»Eine richtige Schlaubergerin«. Charlotte musste lachen.
Roman verdrehte die Augen, drehte sich um und ging hinüber in den Wohnbereich. Offensichtlich stand ihm ein Sitin bevor mit seinem Polizistenbruder, seinem Journalistenbruder und Charlotte, die weder seine Geliebte noch Ex-Geliebte war – sondern seine zukünftige Ehefrau. Er mochte nicht daran denken, dass sie ihn ablehnen könnte. Sein Adrenalinspiegel stieg stetig an in nervöser Anspannung. Er konnte sich nur vorstellen, wie sie auf seine Gedanken reagieren würde, aber keinesfalls durfte er sie einweihen. Noch nicht. Nicht, ehe er sie wirklich für sich gewonnen hatte – auf eine Weise, der sie sich nicht würde entziehen können.
Er ließ sich auf die butterweiche, geblümte Couch nieder. »Was ist los?«,
Weitere Kostenlose Bücher