Der letzte Kuss
allen so gegangen.« Roman warf seinen Brüdern einen finsteren Blick zu.
»Trotzdem, warum sollte Whitehall gerade jetzt eine so alte Nummer ausgraben?«, fragte sie.
Roman fuhr sich mit beiden Händen über die Augen. »Die Party fand zwar bei Jeannette Barker statt, aber die Höschen, die ich geklaut hatte …«
»Und die du an den Rückspiegel gehängt hattest«, ergänzte Rick äußerst hilfsbereit.
»Gehörten Terrie Whitehall«, beendete Chase den Satz. »Die wiederum heute Abend in ihr Elternhaus gestürmt kam, als wir gerade gehen wollten.«
Verdammt, wie hatte Roman das vergessen können? So lange hatte er sich an diesem Abend mit der zickigen Bankkassiererin unterhalten, ohne dass es ihm überhaupt in den Sinn gekommen war, dass er einstmals ihre Unterwäsche gestohlen hatte. »Als Terrie dann hörte, was ihrer Mutter abhanden gekommen war, beschloss sie also, dass ich der Übeltäter sein müsste?«, fragte Roman mit einem ungläubigen Kopfschütteln.
»Nein, sie erwähnte nur, dass sie dich aus dem Rathaus hat rennen sehen. Bedauerlicherweise war sie nicht die Einzige.« Rick erhob sich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Jack Whitehall hat dich als Verdächtigen verpfiffen.«
Roman konnte nicht fassen, was er da hörte. »Das ist ein Haufen …«
»Da stimme ich dir zu, aber wenn einmal eine Anklage erhoben ist, muss ich Ermittlungen anstellen.« In seiner besten Vollstreckerpositur, die nur durch ein schiefes Grinsen auf seinem Gesicht gemildert wurde, wandte Rick sich Roman zu und sagte: »Dürfte ich dich fragen, wohin du heute Abend gegangen bist, nachdem du das Rathaus verlassen hattest? Und ob jemand für deinen Aufenthaltsort bürgen kann?«
Charlotte öffnete und schloss fassungslos ihren Mund. Chase brach in Gelächter aus.
Der Abend ist voller Überraschungen gewesen, dachte Charlotte, als sie Rick und Chase zur Tür brachte. Mit Roman dicht hinter sich hatte sie so eine Ahnung, dass es noch mehr davon geben könnte. »Danke, dass ihr vorbeigekommen seid, um mich über die weiteren Diebstähle zu informieren.«
Rick hielt inne. »Nun mal Spaß beiseite: Wir sind gekommen, um dich zu warnen. Es hat fünf Einbrüche mit nur einem Verbindungsglied gegeben – und das bist du! Du verkaufst nicht nur die Artikel, die gestohlen wurden, du stellst sie auch her.«
Roman hob erstaunt die Augenbrauen, aber er stellte keine Fragen, sondern warf ein: »Deshalb werde ich sie auch nicht allein lassen.«
Sie schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Das hatte sie schon vorausgesehen, dass Romans Beschützerinstinkt geweckt würde, aber sie wollte ihre Argumente gegen sein Bleiben aufsparen, bis sie allein waren.
Ihr gefiel seine Fürsorge, aber sie war unnötig. Der Höschendieb hatte die Häuser von Kunden behelligt, und niemand war verletzt worden. Sie würde vorsichtig sein, vertraute aber darauf, dass sie in Sicherheit war. Roman durfte nicht über Nacht bei ihr bleiben. Klatsch und Tratsch waren
das liebste Hobby der Stadt, und sie hatte nicht die Absicht zuzulassen, dass ihre Nachbarn aufwachten, um ihn im Morgengrauen zu beobachten, wie er aus ihrer Vordertür schlich oder die Feuerleiter hinunter kletterte.
»Solange du zuhause bist, bist du sicher genug«, bemerkte Rick mit einem Blick auf Roman und verhalf ihr so zu einer Ausrede. »Mit Nachbarn auf beiden Seiten deiner Wohnung wird niemand so blöd sein, hier einzubrechen – aber lass die Fenster fest verschlossen. Du solltest unter den gegebenen Umständen nicht irgendeinem schmierigen Typen so etwas wie eine offene Einladung vermitteln.«
Aus dem Augenwinkel begegnete sie Romans Blick und konnte gerade noch ein Lachen unterdrücken. Sie beide wussten, dass er der letzte schmierige Typ war, der an diesem Abend durch ihr Fenster geklettert war, aber warum sollte sie seinen Brüdern noch mehr Munition liefern.
Sie trieben schon Schabernack genug mit ihm, allerdings auf eine so liebevolle Weise – wie sie ihr in ihrem ganzen Leben noch nie begegnet war. Sie war ein Einzelkind. Sie war zu schnell erwachsen geworden, nachdem ihr Vater sie verlassen hatte, während trotz allem die Chandler-Brüder in angemessener Zeit hatten erwachsen werden und doch noch kindlich bleiben können. Der geschwisterliche Wettstreit, die Kunst, dem anderen eine Nasenlänge voraus zu sein, aber auch die Liebe zwischen den Brüdern waren so auffällig, dass Charlotte in ihrer Gegenwart einen Kloß im Hals spürte. Sie hatte keinerlei
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