Der letzte Massai
ungewöhnlich milde Wetter und Belanglosigkeiten, Ackerbau und Viehzucht betreffend. Katherine erzählte ihm, dass sich ihr Pachtland über sechzig Hektar erstreckte, auf denen sie Mais, schlecht gedeihenden Weizen und gut gedeihende Kartoffeln angebaut hatte. Die Kaffeebüsche, die sie und ihr Mann kurz nach ihrer Ankunft gepflanzt hatten, trugen nun gute Beeren, und sie beabsichtigte, in der nächsten Saison weitere zu pflanzen. Ihren fünfzehn Rindern und den dreißig Schafen ging es gut, aber im Augenblick bereitete ihnen ein Leopard einige Schwierigkeiten.
Der Kessel pfiff, und Katherine goss den Tee auf.
Coll wies zu der Fotografie eines Mannes hinüber, der salopp ein Gewehr unter dem Arm hielt und seinen Fuß auf eine große Katze gestellt hatte. »Das ist kein Leopard, oder?«
Katherine verneinte. Es war ein Jaguar.
»Dieser Kerl scheint mir ein tüchtiger Bursche zu sein. Ist das Ihr Mann?«
»Ja«, erwiderte sie. »Das ist außerhalb von Caracas aufgenommen worden. Bill war ein guter Schütze.«
»Wie lange bewirtschaften Sie die Farm schon allein?«
»Bill ist vor anderthalb Jahren gestorben«, erwiderte sie.
»Tut mir wirklich leid, das zu hören, Katherine. War es die Malaria oder eine der anderen schrecklichen Gefahren, denen wir uns hier draußen alle gegenübersehen?«
Sie schüttelte den Kopf und blickte erneut zu der Fotografie hinauf. »Es war ein Löwe«, antwortete sie mit einem traurigen Lächeln. »Wie ich schon sagte, Bill war ein Jäger, obgleich er nicht mehr so viel Zeit für die Jagd erübrigen konnte, nachdem wir mit der Farm begonnen hatten.«
Katherine beschrieb, wie der Amerikaner Paul Rainey die Löwenjagd mit importierten Jagdhunden als Sport eingeführt hatte. Zwei Hunde wurden losgeschickt, um die Fährte des Löwen aufzunehmen, und der Rest des Rudels losgelassen, um ihn aufzuhalten, bis die berittenen Jäger eintrafen und ihn erlegten.
»Ich habe natürlich davon gehört«, sagte Coll. »Es heißt, dies sei die beste Methode, um einen Löwen loszuwerden, aber sie scheint auch sehr gefährlich zu sein.«
»Das war einer der Gründe, warum Bill Rainey und den Jagdklub auf unsere Farm eingeladen hat«, erwiderte Katherine. »Ein großes Löwenmännchen mit schwarzer Mähne bedrohte seit Monaten unser Vieh. Und, ja, Sie haben recht, es kann sehr gefährlich sein.«
Coll bedauerte seine Neugierde für diese persönliche Angelegenheit. »Ich hätte mich nicht danach erkundigen sollen«, sagte er. »Lassen Sie uns über etwas anderes reden. Es muss sehr schmerzlich für Sie sein.«
»Nein, schon gut. Eigenartigerweise ist dies das erst Mal, dass ich mich mit jemandem darüber unterhalten kann. All unsere … all meine Freunde meiden das Thema, und ich bin mir nicht sicher, ob das so hilfreich ist.«
Coll kämpfte gegen den Drang an, mit seiner Tasse herumzuspielen. Dieser Austausch persönlicher Geschichten schien in abgelegenen Gegenden ausgesprochen verbreitet zu sein. Er fühlte sich dabei immer unwohl und hilflos, obgleich er sich nach besten Kräften bemühte, verständnisvoll zuzuhören. Doch persönliche Angelegenheiten mit einer Frau zu besprechen – und einer attraktiven und alleinstehenden noch dazu – war etwas völlig anderes. Aber Katherines offene Art und die Tatsache, dass sie offenbar ihre Gefühle beherrschte, ließen die Situation weniger schwierig erscheinen, und schon bald lauschte er ihrer Schilderung, wie Bill, der darauf bestanden hatte, den ersten Schuss abzugeben, von dem Löwen angegriffen worden war, ehe er überhaupt mit seinem Gewehr auf ihn zielen konnte. Er war nicht gleich gestorben, hatte noch zwei Wochen gelebt, ehe ihn die Infektion der schrecklichen Bisswunde umbrachte.
Coll kam sich so nutzlos vor. »Es tut mir leid«, sagte er.
»Bill war ein guter Mann«, erwiderte Katherine. »Er hat mich jahrelang um die ganze Welt geschleppt, um dieses Verlangen in seinem Herzen zu stillen, und als wir uns hier in Afrika niederließen, da dachte ich, er sei zur Ruhe gekommen. Aber dann hat er gearbeitet und gearbeitet, als wollte er all das Herumziehen wiedergutmachen. Er hatte keine Zeit für irgendetwas anderes; nicht einmal mehr für die Freuden, die er sein ganzes Leben lang genossen hatte. Schließlich begann ich mir Sorgen zu machen und bat ihn, einmal etwas anderes zu tun, als tagein, tagaus von morgens bis abends zu arbeiten.«
Sie blickte zu der Fotografie hinauf. »Es war zwar nicht die Art von Zeitvertreib, die ich im Sinn
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