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Der letzte Massai

Der letzte Massai

Titel: Der letzte Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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Gesellschaft kämpfte gegen die Ungerechtigkeiten, die Asiaten und Eingeborene durch die Weißen erlitten. Katherine unterstützte ihre Ziele, nachdem Fazal, der alte indische Händler, der früher ihre Erzeugnisse auf dem Markt verkauft hatte, an seinen bei den Unruhen erlittenen Verletzungen gestorben war.
    »Aber Kira«, sagte Katherine, »die Damen von der ANPA mögen dich doch. Begrüßen sie dich denn nicht immer und machen dir von Zeit zu Zeit kleine Geschenke?«
    Das stimmte. Dem Anschein nach akzeptierten die Frauen Kira. Sie überhäuften sie immer mit Lob, wenn sie erschien. Sie war schließlich die einzige Schwarzafrikanerin bei ihren Treffen.
    Aber Kira hatte eine fein abgestimmte Fähigkeit entwickelt, die sie spüren ließ, wenn ihr jemand nicht wohlgesinnt war. Bevor Katherine sie auf die Farm geholt hatte, war sie nicht nur eine Waise gewesen, sondern auch eine Ausgestoßene. Die Kikuyu, die sie aufnahmen, hatten viele Kinder. Kira verrichtete die niederen Arbeiten, machte sauber, eggte, jätete Unkraut, kochte. Sie hielt sich von allen fern, und dank ihrer Fähigkeit, die Gemütslage eines Menschen von seinem Gesicht abzulesen, gelang es ihr, der Aufmerksamkeit der Dorfbewohner und den damit verbundenen Schwierigkeiten zu entgehen. Was sie hinter dem Lächeln der Damen von der ANPA wahrnahm, das war keine Herzlichkeit, sondern Feindseligkeit, die übertüncht war von Freundlichkeit. Ihrer Meinung nach waren sie Heuchlerinnen.
    Diesen Begriff hatte sie bei Katherine aufgeschnappt, die ihre früheren weißen Freunde so bezeichnet hatte, die sie heute wegen ihrer Unterstützung der ANPA mit Verachtung behandelten. Katherine vermochte Hochmut in den Weißen zu erkennen, doch zu Kiras Überraschung sah sie ihn nicht, wenn es um die Inder ging. Kira behielt diese Gedanken für sich, da Katherine anscheinend ein aufrichtiges Interesse an der Sache der ANPA hegte. Da dies mittelbar auch der Unterstützung ihrer eigenen Leute, der Massai, zugutekam, konnte sie sich wohl schlecht durch die guten Absichten ihrer Dienstherrin beleidigt fühlen.
    »Es ist gut für dich, unter Leute zu kommen«, sagte Katherine. »Auch wenn sie nicht deinesgleichen sind. Das ist eine gute Übung dafür, wenn du deinen eigenen Weg im Leben machen musst.«
    »Den eigenen Weg im Leben machen« war eine weitere von Katherines Redensarten – eine, die sie als Mittel benutzte, um die Leere zu füllen, die Kiras Zukunft darstellte. Sie glaubte immer noch fest daran, dass Kira einen Platz in der Gesellschaft der Weißen finden würde, aber sie war noch niemals tatsächlich in der Lage gewesen, in Worte zu fassen, wie dies bewerkstelligt werden sollte. Kira hatte erhebliche Bedenken, dass es ihr gelingen würde, jemals diesen Grad der Akzeptanz zu erreichen. Mit ihren siebzehn Jahren war sie zu einer gutaussehenden jungen Frau herangewachsen. Sie war rank und schlank und langbeinig, aber obgleich sich Katherine alle Mühe gab, ihr das Selbstbewusstsein zu vermitteln, um sich unter den Weißen und anderen Gruppen in Nairobi bewegen zu können, vermochte sie ihre große Schüchternheit nicht zu überwinden.
    Katherine schaute Kira erwartungsvoll an. Als Reaktion auf ihr Schweigen sagte sie: »Nun, ich habe dir eingetrichtert, dass du dir selbst immer treu bleiben sollst. Diesen Ratschlag kann ich nun nicht zurücknehmen, auch wenn ich der Meinung bin, dass es dumm von dir ist, zu glauben, dass die Damen von der ANPA dich nicht mögen. Ich bin der Ansicht, dass du dir das nur einbildest, junge Dame. Ich hoffe, dass du mit der Zeit deine Vorurteile ablegen und lernen wirst zu erkennen, wann Menschen versuchen, dir zu helfen.«
    Kira fragte sich, ob Katherine wohl damit durchblicken lassen wollte, dass sie ihre eigenen Bemühungen auch nicht zu schätzen wusste.
    »Also, was meinst du?«
    Kira konnte es ihr nicht abschlagen.
     
    Katherine erblickte die Frauen, die vor Weatherbys Kurzwarenhandlung auf der Government Road standen, und wandte sich Kira zu, um sie daran zu erinnern, auf gelassene Weise mit der Situation umzugehen. »Halte deinen Kopf hoch, Kira. Wir müssen uns für nichts schämen. Sei stolz auf das, was du bist. Schaue einfach geradeaus. Und vergiss nicht, zu lächeln.«
    Dann richtete sie sich kerzengerade auf und marschierte auf die Gruppe zu. Die Frauen flüsterten miteinander und wandten ihr ostentativ den Rücken zu, als sie sich mit Kira näherte.
    »Guten Morgen, die Damen«, sagte Katherine mit fester Stimme,

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