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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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unterbrechen versuchte.
    Lange stand Duncan in tiefer Betrachtung der Szene versunken, die mit der Vergangenheit in so schrecklichem Einklange stand. Seine Augen wanderten von dem Innern des Erdwalls, wo die Waldbewohner um ihr schwaches Feuer saßen, nach dem schwächeren Lichte, das immer noch am Himmel weilte, und ruhten dann lange und besorgt auf dem tiefen, unheimlichen Dunkel, das gleich einem öden Chaos über der Strecke lag, wo die Toten schlummerten. Bald aber war es ihm, als drängen von dieser Seite her unerklärliche Laute so leise und unbestimmt in sein Ohr, dass er über ihren Ursprung und selbst ihre Wirklichkeit ungewiss blieb. Der Unruhe, die ihn unwillkürlich überschlich, sich schämend, wandte sich der junge Mann nach dem Wasser, um seine Aufmerksamkeit auf die Sterne zu lenken, die sich auf der bewegten Oberfläche des Sees spiegelten. Aber immer taten seine ängstlichen Ohren ihren undankbaren Dienst, als ob sie ihn vor einer drohenden Gefahr warnen wollten. Endlich schien ein rascher Fußtritt ganz hörbar durch die Finsternis zu tönen. Unfähig, seine Unruhe länger zu beschwichtigen, sprach Duncan leise mit dem Kundschafter, und ersuchte ihn, auf den Erdwall nach der Stelle zu kommen, wo er gestanden hatte. Falkenauge warf seine Büchse über den Arm und nahte mit einer so unbeweglichen, ruhigen Miene, dass man wohl sah, er glaube sich in völliger Sicherheit.
    »Horcht!«, sagte Duncan, als sich der andere bedächtig an seine Seite gestellt hatte, »ich höre da halblaute Töne auf der Ebene, die mich glauben machen, dass Montcalm seine Eroberung noch nicht gänzlich verlassen hat!«
    »Dann sind die Ohren besser als die Augen«, bemerkte der Kundschafter, der, ein Stück Bärenfleisch zwischen seinen Backenzähnen, schwer und undeutlich sprach, wie einer, dessen Mund zwiefach beschäftigt ist. »Mit meinen leiblichen Augen hab’ ich ihn mit seinem ganzen Heere auf den Ty gehen sehen: Denn wenn eure Franzosen einen guten Streich ausgeführt haben, so eilen sie gleich nach Hause und stellen mit ihren Weibern einen Tanz oder andere Lustbarkeiten an.«
    »Das weiß ich nicht; aber ein Indianer schläft selten während des Kriegs, und die Lust zu plündern kann wohl einen Huronen noch zurückgehalten haben, auch nachdem sein Stamm schon abgezogen ist. Es wäre besser, wir löschten das Feuer aus und blieben auf unserer Hut. Horcht! Hört Ihr nicht das Geräusch, das ich meine?«
    »Ein Indianer schleicht selten um Gräber herum. Er ist bei der Hand, wenn es gilt, Feinde zu erschlagen, und über die Mittel nicht sehr bedenklich. Er begnügt sich aber gemeiniglich mit dem Skalp, wenn sein Blut nicht zu erhitzt und seine Leidenschaften zu aufgeregt sind. Ist aber der Geist aus dem Körper geschieden, so vergisst er seine Feindschaft und gönnt den Toten ihre Ruhe. Da wir einmal von Geistern sprechen, Major, glaubt Ihr, dass die Rothäute und wir Weiße dereinst in einen und denselben Himmel kommen?«
    »Ohne Zweifel – ohne Zweifel. Aber es war mir, als ob ich wieder den gleichen Laut vernähme! Oder war es vielleicht das Rauschen der Blätter auf der Buche dort?«
    »Für meinen Teil«, fuhr Falkenauge fort, sein Gesicht einen Augenblick mit einer nichtssagenden, gleichgültigen Miene nach der Seite kehrend, nach welcher Heyward wies; »ich glaube, das Paradies ist zur Glückseligkeit bestimmt, und die Menschen werden je nach ihren Neigungen und Anlagen derselben teilhaftig werden. Meine Meinung ist daher, dass die Rothaut nicht so ganz unrecht hat, wenn sie die schönen Jagdgebiete, wovon die Sage spricht, wiederzufinden hofft; und so würde es für einen Mann, dessen Blut unvermischt ist, nicht so ganz uneben sein, wenn er sich die Zeit mit –«
    »Hört Ihr’s nicht wieder?«, unterbrach ihn Duncan.
    »Ja, ja, wenn’s Futter knapp geht oder im Überfluß da ist, werden die Wölfe keck«, bemerkte der unbewegliche Kundschafter. »Es wäre eine hübsche Jagd, die Häute dieser Satane, wenn wir Tag und Zeit zur Kurzweil hätten. Was aber das künftige Leben betrifft, Major, so hört’ ich Prediger in den Kolonien sagen, der Himmel sei ein Ort der Ruhe. Nun sind aber die Begriffe der Menschen von Glückseligkeit sehr verschieden. Für mein Teil sag’ ich bei aller Achtung vor den Fügungen der Vorsehung, – ich würde es ihr nicht groß danken, wenn ich in den Wohnungen, von welchen sie predigen, eingeschlossen bleiben würde, der ich doch von Natur einen Hang zur Bewegung und zum

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