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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Männer, als unsere Väter sich zuerst getroffen haben?«
    Eine augenblickliche Stille erfolgte, während welcher der Indianer stumm dasaß; dann fing er, von der Würde seines Amtes erfüllt, seine kurze Erzählung mit einer Feierlichkeit an, die dazu diente, ihre anscheinende Wahrheit zu verstärken.
    »Höre, Falkenauge, und dein Ohr soll keine Lüge trinken. So haben meine Väter gesagt und die Mohikaner getan.« Er zögerte einen Augenblick und heftete einen vorsichtigen Blick auf seinen Begleiter. Dann fuhr er auf eine Weise fort, die zwischen Frage und Behauptung geteilt war: »Fließt nicht der Strom zu unseren Füßen dem Sommer zu, bis seine Wasser salzig werden und sein Lauf aufwärts geht?«
    »Es kann nicht geleugnet werden, dass eure Überlieferungen in diesen beiden Stücken Wahrheit enthalten«, sagte der weiße Mann; »denn ich bin da gewesen und habe sie gesehen; warum aber das Wasser, das so süß im Schatten ist, in der Sonne bitter wird, weiß ich nicht und habe mir’s nie erklären können.«
    »Und der Lauf?«, fragte der Indianer, welcher seine Antwort mit jener Art von Interesse erwartete, das jemand bei der Bestätigung eines Wunders fühlt, das er selbst unbegreiflich findet, während er seine Wirklichkeit anerkennt; »die Väter von Chingachgook haben nicht gelogen.«
    »Die heilige Bibel ist nicht wahrer, und das ist doch das Wahrste, was es hienieden gibt. Die Leute nennen diesen aufströmenden Lauf die Flut, was bald erörtert und klar genug ist. Sechs Stunden laufen die Wasser hinein und sechs heraus und das kommt daher: Wenn das Wasser in der See höher ist als in dem Fluss, dann läuft es herein, und wenn’s der Fluss gewinnt und wieder höher wird, dann läuft es wieder hinaus.«
    »Die Wasser in den Wäldern und an den großen Seen laufen hinab, bis sie so flach daliegen wie meine Hand«, versetzte der Indianer, indem er diese horizontal vor sich ausstreckte, »und dann laufen sie nicht weiter.«
    »Kein ehrlicher Mann wird das bestreiten«, erwiderte der Kundschafter, ein wenig empfindlich über dieses Misstrauen gegen seine Erklärung des Geheimnisses der Flut, »und ich gebe zu, dass es wahr ist im verjüngten Maßstab, und wo das Land eben ist. Aber alles kommt darauf an, nach welchem Maßstab du die Dinge betrachtest. Nun ist die Erde nach dem verjüngten Maßstab eben; nach dem vergrößerten aber ist sie rund. So mögen Teiche und Weiher und selbst die großen Frischwasserseen stillstehen, wie du und ich wissen, weil wir sie gesehen haben; wenn du aber kommst und Wasser über eine große Fläche gießest, wie die See: Wie kann da das Wasser vernünftigerweise ruhig bleiben, wo die Erde rund ist? Ebenso gut kannst du erwarten, dass der Fluss an dem Rand der schwarzen Klippen da oben eine halbe Meile über uns ruhig liegen bleibe, während deine eigenen Ohren dir sagen, dass er in diesem Augenblick darüber hinwegbraust.«
    Wenn auch unbefriedigt von der Philosophie seines Begleiters, so besaß der Indianer doch zu viel Würde, um seinen Unglauben zu verraten. Er hörte zu wie jemand, der sich überzeugen lassen will, und nahm dann seine Erzählung mit der früheren Feierlichkeit wieder auf:
    »Wir kamen von dem Orte, wo die Sonne nachts sich verbirgt, über große Flächen, wo die Büffel leben, bis wir den großen Fluss erreichten. Hier kämpften wir mit den Alligewis, bis der Boden sich von ihrem Blute rötete. Von den Ufern des großen Flusses bis zu den Gestaden des Salzsees war keiner mehr, der es mit uns aufgenommen hätte. Dann folgten in einiger Entfernung die Maquas. Wir sagten, das Land sollte unser sein, von der Stelle an, wo das Wasser nicht mehr stromaufwärts fließt, bis zu einem Flusse zwanzig Sonnen (Tagreisen) sommerwärts. Das Land, das wir als Krieger eroberten, behaupteten wir als Männer. Wir trieben die Maquas in die Wälder zu den Bären. Sie schmeckten das Salz ihrer Tränen und zogen keinen Fisch aus dem großen See: Wir warfen ihnen die Gräten zu.«
    »All das habe ich gehört und glaube es«, sagte der Weiße, als er bemerkte, dass der Indianer innehielt; »aber das war lange, bevor die Engländer in das Land kamen.«
    »Damals wuchs eine Fichte da, wo jetzt dieser Kastanienbaum steht. Die ersten Blassgesichter, welche zu uns kamen, sprachen kein Englisch. Sie kamen in einem großen Kanu, als meine Väter den Tomahawk mit den roten Männern um sie her begraben hatten. Da, Falkenauge«, fuhr er fort, indem er seine tiefe Bewegung nur dadurch

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