Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
bezeigen, da sie sich von ihren listigen Feinden, den Maquas, zu Weibern machen ließen – aber wenn sie überhaupt fechten wollen, so schaut mir einen Delawaren oder Mohikaner an, wenn Ihr einen Krieger haben wollt.«
»Genug davon«, sprach Heyward ungeduldig, »ich will nicht den Charakter eines Mannes untersuchen, den ich kenne, und dem Ihr fremd sein müsset. Ihr habt mir noch nicht auf meine Frage geantwortet: Wie weit sind wir von dem Hauptheer zu Edward?«
»Das kommt, scheint mir, darauf an, wer Euer Führer ist. Ein Pferd wie das da dürfte eine gute Strecke Landes zwischen Sonnenauf- und Untergang zurücklegen, sollte einer meinen.«
»Ich wünsche keinen Streit mit eitlen Worten gegen Euch, mein Freund«, bemerkte Heyward, sein Missvergnügen unterdrückend, in höflicherem Ton; »wenn Ihr mir die Entfernung von Fort Edward sagt und mich dahin führt, so soll Eure Bemühung nicht unbelohnt bleiben.«
»Und wenn ich das tue, wer bürgt mir dafür, dass ich keinen Feind und Spion Montcalms nach den Festungswerken des Heeres führe? Nicht jeder, der Englisch sprechen kann, ist darum ein Ehrenmann.«
»Wenn Ihr bei dem Heer dient, von dem Ihr, wie ich schließe, ein Kundschafter seid, so solltet Ihr das sechzigste Regiment des Königs kennen.«
»Das sechzigste Regiment! Ihr könnt mir wenig von den königlichen Amerikanern sagen, das ich nicht schon wüsste, obgleich ich ein Jagdhemd und keinen Scharlachrock trage.«
»Gut, dann kennt Ihr vielleicht unter anderem den Major desselben.«
»Seinen Major!«, unterbrach der Jäger, sich emporrichtend, wie einer, der stolz auf das ihm geschenkte Vertrauen ist. »Wenn ein Mann im Lande ist, der Major Effingham kennt, so steht er vor Euch.«
»Das Corps hat mehrere Majors. Der von Euch genannte ist der älteste; aber ich spreche von dem allerjüngsten, der die Kompanien in William Henry befehligt.«
»Ja, ich habe gehört, dass ein sehr reicher junger Mann, aus einer Provinz weit im Süden, diesen Posten erhalten hat. Er ist jung für einen solchen Rang, wo er über Männern steht, deren Köpfe zu bleichen beginnen, und doch sagen sie, er sei ein geschickter Soldat und ein ritterlicher Herr.«
»Was er auch sein mag, und wie er für seinen Posten sich eignet, er spricht jetzt mit Euch, und Ihr habt daher keinen Feind in ihm zu fürchten.«
Der Kundschafter betrachtete Heyward erstaunt, lüpfte dann seine Mütze und antwortete in einem minder freien, obgleich noch immer argwöhnischen Tone:
»Ich habe gehört, dass eine Abteilung diesen Morgen aus dem Lager nach dem Ufer des Sees abgehen sollte.«
»Da habt Ihr recht gehört, ich wählte lieber einen näheren Weg, wobei ich mich auf den vorerwähnten Indianer verließ.«
»Und er täuschte Euch und lief davon.«
»Keines von beiden, wie ich glaube, wenigstens das Letztere nicht: Denn er ist in meinem Gefolge.«
»Ich möchte mir diesen Menschen etwas näher ansehen. Wenn es ein echter Irokese ist, so erkenn’ ich ihn an seinem schurkischen Blick und an der Farbe seines Gesichts«, sprach der Kundschafter, indem er an Heywards Pferde vorbeischritt und den Weg hinter des Singmeisters Stute betrat, deren Füllen den Stillstand benützte, um bei der Mutter zu saugen. Nachdem er das Gebüsch beiseite geschoben hatte, traf er einige Schritte weiter auf die Frauen, welche das Ergebnis der Besprechung mit Ungeduld und nicht ohne Furcht erwarteten. Hinter diesen lehnte der Läufer an einem Baum, die genaue Prüfung des Kundschafters mit unveränderter Miene aushaltend, aber mit einem so finsteren und wilden Blick, dass schon dieser an sich Furcht erregen konnte. Zufrieden mit dem Resultat seiner Forschungen verließ ihn der Jäger. Als er an den Frauen vorüberging, hielt er einen Augenblick, um ihre Schönheit zu betrachten, das Lächeln und Nicken Alicens mit augenfälligem Vergnügen erwidernd. Von da trat er an die Seite der Stute, und nachdem er einen Augenblick vergeblich den Charakter des Reiters zu erforschen gesucht hatte, schüttelte er den Kopf und kehrte zu Heyward zurück.
»Ein Mingo ist und bleibt ein Mingo, und da ihn Gott einmal so erschaffen hat, so können ihn weder die Mohawks noch andere Stämme anders machen«, sprach er, nachdem er seine frühere Stellung wieder eingenommen hatte. »Wenn wir allein wären und Ihr wolltet das edle Ross der Willkür der Wölfe überlassen, so könnte ich Euch selbst den Weg nach Edward in einer Stunde zeigen: Denn weiter ist es nicht von hier
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