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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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unterhalb von Roncevaux«, flüsterte Arima. Afdza hörte, welche Anstrengung es sie kostete, ihre Stimme nicht beben zu lassen.
    »Nein«, flüsterte er zurück. »Damals dachte ich, dich unter den Toten zu finden. Heute bist du bei mir.«
    »Warum können wir nicht einfach weiter durch die Nacht gehen, du und ich? Einfach weitergehen und nicht anhalten, bis der Tag beginnt, und uns irgendwo verstecken; und dann in der nächsten Nacht wieder marschieren und weiter und immer weiter …?«
    »Bis wohin, mein Stern?«
    »Egal wohin, so lange du nur bei mir bleibst.«
    »Und Roland?« Afdza spürte, dass Arima sagen wollte: Er hat sein Schicksal selbst geschmiedet!, deshalb fügte er hinzu: »Und Roncevaux? Die Burg ist nicht vollständig ohne dich. Und du bist nicht vollständig ohne sie.«
    Arima gab keine Antwort. Sie blieb in ihrem Versteck, während Afdza zu dem stinkenden Totenacker huschte, einen Leichnam entkleidete und mit dessen Helm, Panzerhemd, Waffengurt und Hosen zurückkam. Die Sachen strömten Todesgeruch aus, der Stoff war steif von getrocknetem Blut, die Ringe des Panzerhemds klebten zusammen. Arima raffte Ealhwines Kleidung auf und rollte sie unter ihrem Mantel zusammen, während Afdza in die Sachen des toten Frankenkriegers schlüpfte. Arima band die Lederschnürung des Panzerhemds am Rücken zu. Sie brauchte lange, aber Afdza trieb sie nicht an. Er spürte, dass ihre Hände zitterten.
    »Fertig«, wisperte sie schließlich.
    »Dann nichts wie weg von hier«, sagte Afdza.
    Arima blieb stehen. Er drehte sich zu ihr um. Ihr Gesicht war ein weißer Fleck in der Dunkelheit.
    »Ich hab solche Angst«, hauchte sie kaum hörbar.
    »Alles wird gut«, erwiderte Afdza.
    Er nahm sie vorsichtig in den Arm, um ihr Gewand nicht mit dem Blut des toten Frankenkriegers zu beschmieren. Ihre große Furcht bewirkte, dass Afdzas eigene Angst in den Hintergrund trat und er sich stärker fühlte – stark genug für sie beide.
    »Versprich mir, dass du zurückkehrst«, sagte sie drängend.
    »Ich verspreche es dir.«
    »Was versprichst du mir?«
    »Dass ich zu dir zurückkehre, mein Stern.«
    Afdza brachte Arima bis in die Nähe des maurischen Lagers. Sie kannte die Parole des heutigen Tages, und die Krieger wussten mittlerweile, wer sie war – sie würde unbeschadet wieder zurück in Afdzas Zelt gelangen. Er machte sich keine Sorgen um sie. Sie küssten sich zum Abschied, lange und heftig.
    »Denk an dein Versprechen«, wisperte sie. Dann war sie zwischen den Bäumen verschwunden, und Afdza suchte sich seinen Weg hoch über den Berghang und am Lager der Vasconen vorbei, um Roland zu retten.
    Die Vasconen hatten ihr Lager direkt am Eingang des Seitentals errichtet. Es zu umgehen war einfach, denn ihre Wachen hielten ihre Aufmerksamkeit auf das Tal gerichtet, in dem sie die Franken gefangen hatten. Von hinten erwarteten sie keine Gefahr. Die Mauren waren nun ihre Verbündeten und würden im Lauf des morgigen Tags abziehen, und das Hauptheer der Franken würde bereits über den Passscheitel sein. Weit unten sah Afdza ein paar Wachfeuer durch die Bäume schimmern. Das Seitental war so dunkel, als blickte er in eine Höhle.
    Und wenn Roland heute schon gefallen war? Die Vasconen verfügten über knapp zehn Hunderterscharen Krieger, etwa das Doppelte dessen, was Roland noch an kampffähigen Kriegern aufweisen konnte. Und das war der Stand von gestern morgen gewesen. Wie viele Männer mochten beim ersten Angriff der Vasconen umgekommen sein? Aber wie viele es auch waren, Afdza war sicher, dass der Blutzoll auf Seiten der Vasconen höher war. Die Franken kämpften nicht mehr nur für ihren König, sondern ums Überleben, und das machte sie zu selbstmörderischen Kriegern, die noch auf ihre Gegner losschlagen würden, wenn sie schon von Lanzen und Klingen durchbohrt auf dem Boden lagen.
    Roland musste noch am Leben sein, sagte sich Afdza. Wäre er getötet worden, hätte es sich in kürzester Zeit herumgesprochen.
    Für die letzten paar hundert Schritte brauchte er eine Ewigkeit. Er legte die längste Strecke auf allen vieren zurück, die hellen Inseln, die Mond- und Sternenlicht auf den Waldboden malten, umgehend. Seine Augen hatten sich so sehr an die Dunkelheit gewöhnt, dass er das Licht in fahlen Säulen zwischen den Bäumen stehen sah. Die Präsenz der fränkischen Wächter spürte er mehr, als dass er sie sah. Sie waren eine Handvoll und hatten sich überall dort verteilt, wo man halbwegs bequem durch den Wald kam, und

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