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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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versteckten sich in den Schatten von Baumstämmen und Felsen. Er umging sie auf dem Bauch kriechend, den Sack mit seinem schweren, sich ständig verschiebenden Inhalt auf dem Rücken, schwitzend und hoffend, dass er sich auf seinen Instinkt verlassen konnte und nicht einem in zweiter Reihe postierten Krieger direkt vor die Füße kroch. Dann hatte er die Männer umrundet. Er wollte sich wieder aufrichten und gebückt weiterschleichen, als er leise Schritte über den Waldboden kommen hörte. Sie näherten sich aus der Richtung des fränkischen Lagers.
    Dann knarrte ein Bogen, und einer der Wächter flüsterte: »Es ist nicht zu dunkel, um dich zu treffen. Der elfte Paladin?«
    Zu Afdzas Überraschung antwortete die Stimme Rolands: »Remi de Vienne.«
    Es war eine Parole. Das Knarren eines sich entspannenden Bogens ertönte, als der Wächter die Waffe wieder senkte. Roland schritt in nur zwei Mannslängen Entfernung an Afdza vorbei und gesellte sich zu den Wächtern. Afdza huschte ihm hinterher, die gemurmelten Begrüßungen ausnutzend, seine leisen Geräusche zu übertönen.
    »Alles in Ordnung bei euch?«, fragte Roland die Wächter.
    »Könnte mir keinen besseren Platz auf Erden wünschen, Herr«, erklärte einer der Männer. Die anderen lachten verhalten.
    Afdza konnte sehen, wie Roland reihum den Wächtern auf die Schultern klopfte und ihnen dann aus einem Lederschlauch etwas zu Trinken anbot. Mit Sicherheit hatte Roland das auch bei allen anderen Wachposten getan – statt sich eine Mütze voll Schlaf zu holen, munterte er seine Krieger auf. Es war nur einer der Gründe, warum Rolands Männer ihm bereitwillig in den Tod folgen würden. Afdza fühlte plötzlich einen unsinnigen Stolz auf den Mann, der sein jüngerer Halbbruder war, und wünschte, er könnte sich an irgendetwas aus den wenigen Jahren ihrer gemeinsamen Kindheit erinnern.
    »Wie wird es morgen werden?«, fragte einer der Männer.
    »Blutig«, sagte Roland. »Wie viele von euch glauben noch an Wodan?«
    Zuerst meldete sich keiner, dann murmelte einer: »Kann ja nicht schaden, wenn man die alten Götter auch noch auf seiner Seite hat, oder?«
    Roland lachte leise. »Ihr wolltet wissen, wie es morgen wird? Morgen Abend sitzen wir alle zusammen an Wodans Tafel, trinken seinen Met, essen gekochtes Fleisch und vergnügen uns mit den Valkyrjar.«
    Die Krieger keuchten. »Das kann nur Roland einfallen, dass er eine Valkyrja vögeln will«, stieß einer bewundernd hervor.
    »Es wird ziemlich leer werden in Wodans Halle«, lachte der Wachführer, »weil die Valkyrjar alle bei dir Schlange stehen werden, Herr, statt die toten Krieger vom Schlachtfeld zu holen.«
    »Umso mehr Platz für uns«, sagte Roland. »Ihr macht eure Sache gut, Männer. Wir sehen uns morgen – auf dem Schlachtfeld und dann in den Betten der Valkyrjar.«
    »Die überlassen wir ganz dir, Herr.« Die Krieger berührten ihn leicht am Arm oder schlugen ihm auf die Schulter zum Abschied, und Roland stapfte zurück in Richtung Lager. Afdza huschte ihm hinterher. Morgen würden die sechs Männer, mit denen Roland gescherzt hatte, tot sein, erschlagen, erstochen, aufgespießt, aufgeschlitzt, ausgedärmt, zerstückelt, zerhackt – gefallen in einem Kampf, den sie für ehrenvoll hielten, der aber in Wahrheit aus Lug und Trug und Machtgier und Missverständnissen und Verrat entstanden war. Doch die Ehre war das Einzige, woran der Mut dieser Krieger sich noch festhalten konnte.
    Im fränkischen Lager glommen nur wenige Feuer, und diese auch nur in der Deckung von aufgeschichteten Baumstämmen oder Felsen. Afdza hielt sich hinter einem Baum, als Roland in die freie Fläche hinaustrat. Das Plätschern des Bachs übertönte hier alle Geräusche, die seine Schritte auf dem weichen Boden verursachen konnten; dafür war die Umgebung heller, weil das Wasser das Mond- und Sternlicht reflektierte und die Wachfeuer im Lager ebenfalls ein wenig Licht gaben.
    Der schwierigste Teil kam jetzt. Seinetwegen hatte er die fränkische Rüstung angezogen und sich Bart und Haar abrasieren lassen; seinetwegen und wegen all der Dinge, die sich daran anschließen würden und über die er Arima angelogen hatte.
    Während Roland geradewegs zu seinem Zelt zurückkehrte, schlich Afdza am Ufer des Bachs entlang um das halbe Frankenlager herum. Wo die Erlen und Weiden zu dicht standen, watete er vorsichtig durch das flache Wasser und verließ sich darauf, dass das beständige Gurgeln und Plätschern seine wenigen Geräusche

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