Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
ich mich recht erinnere, hat der Schmied in die Klinge ein Haar des heiligen Dionysius eingehämmert. All das macht dieses Schwert unüberwindbar. Ich weiß nicht, was daran stimmt und was nicht …« Karls Lächeln wurde breiter, »… aber eines weiß ich: Wo mein Vater damit hingehauen hat, sind Helme zersprungen, Panzerungen aufgeklafft und die Köpfe der Feinde davongeflogen wie Bälle.«
Das Publikum lachte und klatschte. Karl schob Roland das Schwert in den Gürtel. »Möge es auch dich unüberwindbar machen, mein Junge«, sagte er.
Als Nächstes war die Axt an der Reihe. Karl wog sie kurz in der Hand, dann warf er sie ohne Vorwarnung Turpin zu. Der Bischof fing sie auf, ohne eine Miene zu verziehen.
»Ein Krieger, der neu ausgerüstet wird, sollte wenigstens eine von seinen alten Waffen behalten, weil sie ihm Glück gebracht haben.« Karl sah sich grinsend um. »Andernfalls wäre er ja nicht mehr hier.« Klatschen und Pfiffe und erneutes Gelächter. »Dies ist deine Axt, Roland. Von Bischof Turpin habe ich gehört, wie erfolgreich du sie in Burg Susatum benutzt hast, deshalb soll auch er, der als erster Paladin dein Waffengefährte war, sie dir überreichen.«
Dann nahm der König das Horn auf. Diesmal sprach er so leise, dass im Saal Ruhe eintrat. Jeder wollte hören, was Karl als Nächstes zu sagen hatte.
»Das Horn ist der Mund eines Heerführers. Mit ihm gibt er den Befehl zum Angriff, und mit ihm ruft er seine Kameraden zu Hilfe, wenn der Feind in der Überzahl ist und ihm den Sieg zu entreißen droht. Ich habe dieses Horn nach einem Vorbild fertigen lassen, nach einem anderen Horn, das so wie dein Schwert einen eigenen Namen hatte: Olifant. Das Original gehörte deinem Vater. Er trug es, als er im Feindesland fiel. Lass es dir an den Gürtel hängen von …«
Karl wandte sich an Bertha de Laon, um ihr das Horn für die Übergabe an Roland auszuhändigen. Doch Bertha warf sich herum und rannte wie von Furien gehetzt aus dem Saal. Das Raunen schwoll an.
»… mir, der ich nun nicht als dein König, sondern dein Onkel handle, der seinen Neffen schätzt wie einen eigenen Sohn.« Karl band das Hifthorn an Rolands Gürtel fest, und Applaus brandete auf. Diesmal spärlicher als zuvor; Karls elegante Wendung konnte Berthas Verhalten nicht vergessen machen.
Zuletzt überreichte Karl Roland den Schild. Er war rund und auf der Vorderseite in vier Felder unterteilt – zwei schwarze, zwei weiße.
»Hier«, sagte Karl, »nimm nun auch deinen Schild und schütze dein Land – Roland de Maine, Marchio der Bretonischen Mark!«
Es dauerte ein paar verblüffte Momente, bis das Publikum verstand – und der Geehrte selbst. Roland wurde nicht nur zum Paladin ernannt, sondern erhielt zugleich die Markgrafenwürde über ein Grenzland des Fränkischen Reichs im Nordwesten Galliens. Bislang hatte Karl dort einen Verwalter installiert gehabt. Nun bekam die Bretonische Mark einen neuen Herrn. Es war nicht unüblich, dass aus Marchiones in Grenzgebieten Duces wurden – der Weg vom königsabhängigen Vasallen zum beinahe selbstständigen Verbündeten war damit nicht weit. Ein Marchio musste nicht unbedingt in dem Gebiet leben, über das er als Herr eingesetzt war – aber ihm oblag es, das Land zu festigen, die Loyalität seiner Untertanen zum König zu sichern und von den Einkünften seines Landes seinen lebenslangen Kriegsdienst für den König zu finanzieren.
»Bist du nicht stolz auf ihn, Kindchen?«, fragte die Königin, als Roland, behängt mit seinen Waffen und seinem neuen Schild über der Schulter, vor Karl niederkniete und ihm den Lehenseid als Marchio leistete.
»Stolz?«, fragte Arima verwirrt. »Ich freue mich für ihn … aber wieso sollte ich stolz sein? Ich habe ja nichts dazu beigetragen.«
In diesem Moment half Karl seinem Neffen auf die Füße, wandte sich mit großer Geste Arima zu und rief laut: »Und nun, Marchio Roland, empfange das letzte Geschenk. Dieses kommt nicht von deinem König, sondern von deinem Onkel. Sieh hier: mein Patenkind Arima Garcez! Sie ist die Herrin von Roncevaux. Nimm ihre Hand und führe sie vor den Thron, zukünftiger Herr von Roncevaux. Arima Garcez wird deine …«
Karls letztes Wort ging im Tumult unter. Die Mauren sprangen auf und brüllten empört. Wer von den Zuschauern auf Frieden zwischen den Mauren und Franken gehofft hatte, brüllte mit, die Befürworter eines Krieges brachen in Jubel und Beifall aus. Arima war erstarrt. Sie bekam nur am Rande mit,
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