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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sagte Roland.
    »Yarhamukallah« , sagte Afdza mit schmerzender Kehle. »Möge die Güte Gottes mit dir sein.«

DIE LIEBE EINES PALADINS
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    FRÜHSOMMER 777 N. CHR.

PATRIS BRUNNA

    Es dauerte Tage, bis Arima wieder Anteil an ihrer Umgebung nahm. Noch viel länger dauerte es, bis man sie zum ersten Mal wieder lächeln sah, und auch da war es nur der Schatten eines Lächelns. Für Arima war es eine Zeit, die sie in der tiefen Überzeugung verbrachte, dass alles sinnlos sei. Der Schmerz in ihrem Inneren war so groß, dass sie ihn nicht mehr als Schmerz, sondern als Zustand wahrnahm. Schon die einfache Aufgabe, einen Kamm zu nehmen, um ihr Haar zu bändigen, konnte sie kaum bewältigen. Der federleichte Beinkamm lag ihr viel zu schwer in der Hand, und wofür sollte sie sich kämmen, wenn der Einzige, von dem es ihr nicht egal war, wie er sie wahrnahm, in unerreichbarer Ferne weilte? So saß sie oft regungslos und mit leerem Blick einfach nur da, bis eine der Mägde kam und ihre Haare glättete. Früher war sie stolz darauf gewesen, ihr Tagwerk auch ohne fremde Hilfe verrichten zu können, doch inzwischen waren ihr die Zofen und Dienerinnen bei der Bewältigung des Alltags unersetzlich. Jetzt gab es nichts mehr, worauf sie stolz war, nur die Gewissheit, dass das Loch in ihrem Herzen bluten würde, solange sie lebte. Als ihr Vater gestorben war, hatte sie ihn die ersten Wochen nach seinem Tod schmerzlich vermisst, wenn sie den leeren Platz an der Tafel gesehen oder geistesabwesend über seinen Schild und sein Schwert gestrichen hatte, die in der Halle aufgehängt waren. Afdza vermisste sie mit jedem Atemzug, mit jedem Herzklopfen, mit jedem Lidschlag. Manchmal schien es ihr so unfassbar, was geschehen war, dass sie sich in einem schlechten Traum wähnte. Dann legte sich ihre Verzweiflung für einen kurzen Moment, weil ihr war, als würde Afdza gleich kommen und sie aus diesem Albtraum wecken. Die Schwärze, die sie nach solchen Augenblicken umfasste, war allumfassend und kalt, eine unsichtbare, eisige Klaue, die sich um ihre Seele legte und sie zusammendrückte, bis ihr der Atem stockte. Es gab Situationen, in denen sie sich plötzlich auf den Boden setzen musste, weil ihre Beine sie nicht mehr trugen. Als man sie einmal bei der Kirche fand, im Gras zusammengerollt wie eine Larve und anscheinend fühllos gegenüber dem Regenschauer, der auf sie herunterprasselte, verfügte der König, dass eine Magd Arima ständig begleiten müsse, selbst wenn sie auf den Abtritt ging. Arima empfand darüber weder Scham noch Belästigung. Keine andere Empfindung hatte in ihr Platz außer der Leere, eine Leere, von der sie überzeugt war, dass sie sich nie wieder füllen ließ.
    Manchmal fand sie die Energie, jemanden zu verfluchen. König Karl, der ihr Schicksal in die Hand genommen und in die falsche Richtung gelenkt hatte. Sich selbst, weil sie nicht verstanden hatte, dass Afdzas Angebot, mit ihm zusammen das Frankenreich zu verlassen, in Wahrheit das Beste gewesen war, was ihr hätte passieren können – und weil sie eine Närrin gewesen war, es auszuschlagen. Sie verfluchte Roncevaux, weil es ihr Anker in der Welt war und weil dieser Anker sie gehindert hatte, ihrem Herzen zu folgen. Manchmal verfluchte sie auch Afdza – einfach, weil es ihn gab. Wäre sie ihm nur nie begegnet, dann hätte die Liebe nicht in ihrem Herzen erwachen und sie nun so quälen können! Manchmal verfluchte sie die Liebe selbst.
    Auch wenn frühsommerliche Sonnenstrahlen den Holzbau hinter dem Palas der Karlsburg an manchen Tagen schon behaglich wärmten, herrschte in ihrem Inneren Eiseskälte. Wenn sie auf ihrem Lager in die Dunkelheit der Nacht starrte und fror, verkrampfte sich ihr ganzer Körper vor Schmerz. Sie magerte ab, obwohl sie genügend aß – weil ihre Mägde sie so lange drängten, bis sie etwas in den Mund steckte und hinunterschluckte, ohne zu schmecken, was es war. Als Königin Hildegard ihren Sohn Karlmann auf die Welt brachte und vor Schmerzen schrie, wünschte Arima sich, den Schmerz auf sich nehmen zu können, um damit ihre eigene Qual zu übertönen. Einmal fand sie sich im Stall wieder und hatte die Decke schon auf ihr Pferd gelegt, um damit davonzureiten – irgendwohin, bis der Gaul und sie vor Erschöpfung zusammenbrachen. Mehr als einmal besaß die Vision, wie sie allein in irgendeiner Einöde lag und starb und ihr Geist in das große Vergessen hinüberglitt, für sie etwas Verlockendes.
    Zwei Menschen gab es, die dem

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