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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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erlöschenden Lebenswillen in Arima während dieser Zeit immerhin so viel Nahrung zuführten, dass er auf kleiner Flamme weiterflackerte, ohne ganz zu verglühen. Der eine von ihnen war Ealhwine. Nachdem Turpin sich seiner angenommen hatte, hatten Abt Styrmi und die Benediktinermönche sich demonstrativ von dem angelsächsischen Gelehrten abgewandt. Aber Turpin war bald nach dem Zerwürfnis mit den Mauren abgereist – wie es hieß, nicht unbedingt mit König Karls Segen – und so war der Angelsachse auf sich allein gestellt. Er sprach Arima an, als er sie blicklos im Gras sitzen sah, während ihre Magd ein paar Schritte abseits mit dem Flechten eines Weidenkorbs beschäftigt war. Hätte er gesagt, was alle gesagt hatten, die versuchten, Arima aus ihrer Trauer zu reißen, hätte sie ihn vermutlich nicht einmal richtig wahrgenommen. Aber Ealhwine murmelte weder »Des Königs Wille geschehe« noch »Gott der Herr lenkt unser Geschick auf wundersamen Pfaden« oder gar »Das wird schon wieder!«. Er sagte lediglich: »Der Maure war der Einzige, der meinen Namen richtig aussprach.«
    Arima sah auf. »Was sagst du da?«, fragte sie unwillkürlich.
    Ealhwine hatte eine in Leder eingeschlagene Rolle unter den Arm geklemmt und blinzelte wie eine zu groß geratene Eule. »Afdza Asdaq«, erklärte er.
    »Ja«, sagte Arima nur, aber sie war so weit aus ihrer Erstarrung gerüttelt, dass sie den Blick nicht sofort wieder abwandte. Ealhwine gestikulierte mit dem freien Arm.
    »Kannst du sie ohne seine Hilfe malen?«, fragte er.
    »Kann ich was malen?«
    »Die maurischen Buchstaben natürlich.«
    Arima sah erstaunt zu dem Angelsachsen hoch.
    Ealhwine gestikulierte noch mehr. »Weißt du, ich gehe seit einer Ewigkeit mit einer Idee schwanger«, sprudelte er hervor. »Sie wird deinem König gefallen, aber bevor ich sie ihm vorstelle, möchte ich sichergehen, dass ich alles richtig durchdacht habe. Deshalb interessiere ich mich für die maurische Schriftkunst.« Die Rolle fiel zu Boden, als Ealhwines anderer Arm mitzufuchteln begann. Der Gelehrte klaubte sie auf, dann setzte er sich neben Arima ins Gras, streckte die Beine aus, umklammerte die Rolle und sagte: »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Es ergibt nicht mehr viel Sinn, jetzt Nein zu sagen, oder?«, versetzte Arima. Ihre Magd beobachtete den alten Gelehrten mit misstrauischen Blicken, beugte sich dann aber wieder über ihre Flechtarbeit.
    »Er hat sie dir doch beigebracht, oder? Die Buchstaben? Alle?« Ealhwine wrang besorgt die lederumwickelte Rolle.
    »Was ist das für eine Idee, die du hast?«, brachte Arima hervor. »Die Idee, mit der du seit einer Ewigkeit schwanger gehst …«
    Ealhwine hob beide Hände in der Geste, als wollte er die Welt umfassen. »Eine neue Schrift«, sagte er bedeutungsschwer.
    »Du meinst also, es gibt noch nicht genügend Schriften?«
    »Es gibt zu viele! Und die es gibt, sind für das Frankenreich ungeeignet! Schau, Herrin …« Ealhwine packte die geheimnisvolle Lederrolle aus; sie enthielt Stücke von Pergamenten, Birkenrinde und weißem Leder, die vollgekritzelt waren mit Buchstaben. »Im südlichen Teil von König Karls Reich schreibt man mit den Majuskeln, so wie es schon die Caesaren getan haben. Im Norden hat man die Majuskeln abgewandelt – hier, alle Buchstaben sind abgerundet zu einer Schrift, die man Uncialis nennt. Im Osten, also hier in der Gegend, schreibt man so ähnlich wie in meiner Heimat; wir nennen das Futhorc – du siehst, das hat gar keine Ähnlichkeit mit den beiden anderen …«
    »Ich habe schon verstanden«, wehrte Arima ab. »Deine Idee ist also, all diese Schriften zu einer zusammenzufassen.«
    »Nicht ganz. Genau genommen geht es um die Erfindung einer völlig neuen Schrift!«
    »Oh …«
    Ealhwine kam in Fahrt. »Diese Schrift wird dann in allen Kanzleien und Schreibstuben des Frankenreichs geschrieben. Es gibt keine Verständnisprobleme mehr zwischen West und Ost, Nord und Süd. Und mit der Ausbreitung des Frankenreichs wird die neue Schrift überallhin getragen … alle werden dieselben Buchstaben benutzen und mit derselben Bedeutung versehen … alle werden zu Brüdern und Schwestern im Geiste werden … Ein Volk, vereint nicht mit dem Schwert, sondern mit der Feder!«
    »Wie sehen deine neuen Buchstaben aus?«
    »Tja …«, machte Ealhwine. »Nun, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ich bin noch dabei, sie zu entwerfen.«
    Arima stellte zu ihrem eigenen Erstaunen fest, dass sich ein Lächeln auf ihr

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