Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
konnten, weil sie sich grün und blau geschlagen auf ihren Lagern wälzten, und sorgten ansonsten mit großem Eifer dafür, dass sie jeden Abend betrunken waren.
Die Paladine traten in dieser Zeit kaum in Erscheinung. Jeden Morgen ritten die verbliebenen elf Männer aus der Burg, um erst am Abend wiederzukommen. Es wurde viel über die Abreise Turpins getuschelt und darüber, dass die Mannstärke der Paladine nun weder der alten noch der neuen heiligen Anzahl entsprach. Falls die Elitekrieger sich selbst darüber Gedanken machten, ließen sie es sich nicht anmerken. Der Sinn dieser Ausritte war, die neuen vier Mitglieder so schnell wie möglich in die Gruppe zu integrieren, ihre besonderen Stärken herauszufinden und an ihren Schwächen zu arbeiten. Die Paladine, wenn sie gemeinsam in den Kampf zogen, waren keine Formation, in der jeder das Gleiche tat – sie waren eine Gruppe von Einzelkämpfern, in der jeder seine Fähigkeiten zur Anwendung brachte und sich zugleich so verhielt, dass er seinen Waffenbrüdern den größtmöglichen Vorteil brachte. Sie kehrten von diesen Ausflügen staubbedeckt, zuweilen voller blauer Flecke und Beulen und immer verschwitzt und erschöpft zurück.
Der Juni war zur Hälfte vorüber, als Roland plötzlich vor Arima stand. Die Begegnung mit Ealhwine lag ein paar Tage zurück. Sie hatte Arimas wundem Herzen ein wenig Linderung verschafft, so als hätten die Tränen, die sie im Arm des alten Gelehrten vergossen hatte, etwas von ihrem Kummer weggewaschen. Auf ihre blassen Wangen war ein wenig Farbe zurückgekehrt, und an diesem Tag hatte sie zum ersten Mal seit Langem ihr Haar selbst gekämmt und geflochten.
»Endlich sehe ich dich mal«, sagte Roland. »O Himmel, wenn ich gewusst hätte, dass die Ernennung zum Paladin bedeutet, dich so lange Zeit nicht sprechen zu können, hätte ich abgelehnt!«
Arima holte tief Atem. Sie hatte seit dem Abschied von Afdza versucht, nicht an Roland zu denken, weil sie gefürchtet hatte, dass sich ihre Zuneigung zu ihm in Hass verwandeln würde. Dass sie für Roland durchaus etwas empfand, gab der Tragödie, die König Karl verursacht hatte, noch eine bittere Würze.
»Möchtest du dich setzen?«, fragte Arima fast schüchtern und deutete auf den Platz neben sich.
Roland schüttelte lächelnd den Kopf. »Auf gar keinen Fall! Möchtest du etwa hier auf dieser Bank im Dunkel der Halle sitzen bleiben, wenn draußen die Sonne scheint, die Vögel singen und Gott den Tag dafür gemacht hat, in ihn hineinzurennen? Komm mit!«
Er griff nach ihrer Hand, um sie in die Höhe zu ziehen, wie er es mehrfach getan hatte in den Tagen, in denen noch alles unkompliziert gewesen war. Dann zögerte er und zog seine Hand wieder zurück. Er räusperte sich und machte eine kleine Verbeugung. »Herrin – bitte mach dich und deine Magd bereit und begleite mich.«
»Wohin?«
»Nirgendwohin. Irgendwohin. Nur hinaus aus diesem finsteren Bau!« Roland lachte und machte eine Armbewegung, die den ganzen Erdkreis umfasste. »Ich habe schon drei Pferde satteln lassen!«
»Ich möchte nicht, Roland. Vielen Dank.«
»Unsinn! Du weißt nur noch nicht, dass du möchtest.«
»Ich weiß sehr gut, was ich möchte!«, sagte Arima mit einem scharfen Unterton.
»Und du möchtest hier sitzen bleiben und deiner Magd beim Korbflechten helfen?«
»Ja, allerdings.«
»Das ist der Beweis, dass du nicht weißt, was du möchtest«, sagte Roland unbeeindruckt.
»Weiß ich doch.«
»Weißt du nicht.«
»Weiß ich …« Arima verstummte, als ihr klar wurde, wie albern sich ihre Unterhaltung anhören musste.
Roland stemmte die Hände in die Hüften und lieferte eine erstaunlich gute Imitation ihres Tonfalls in der Nacht seines Wettkampfs mit Afdza, als er sagte: »Wie die Kinder!«
»Herr«, sagte Arima förmlich, während sie die Arbeit beiseitelegte und aufstand, »ich wünsche nicht, mit dir ›in den Tag hineinzurennen‹.«
Roland ignorierte den Nachdruck in ihrer Stimme. Er deutete auf die Magd. »Du – lass den Korb sein und pack für deine Herrin und für dich etwas zu essen und trinken ein. Und Mäntel, falls dieser Sonnentag von einem Gewitter gekrönt werden sollte. Bring alles zum Stall und zu den Pferden, die dort bereitstehen.«
Die Magd nickte. »Ja, Herr.«
»Augenblick mal«, sagte Arima, als das Mädchen davoneilte. »Ich habe eben klar und deutlich zum Ausdruck gebracht …«
»… dass du nicht weißt, was gut für dich ist. Wir machen einen Ausritt. Braut
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