Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
allerdings ausgerechnet jetzt an Afdza herantrat, obwohl er ihn bis zum Beginn der Mission nach Patris Brunna immer ignoriert und während der Reise nur das Nötigste mit ihm gesprochen hatte, erstaunte Afdza. Aber Männer wie Abu Taur folgten ihren eigenen, stets gewundenen Pfaden.
»Da war nichts«, sagte Afdza in jenem Tonfall, der am Hof von Medina Barshaluna bedeutete: ›Ich spreche soeben eine diplomatische Lüge aus, und du weißt es.‹
»Eben. Darum erwähne ich nichts«, erwiderte Abu Taur im gleichen Tonfall.
Die beiden Männer wechselten einen langen Blick.
»Dann ist Vergangenes vergangen?«, fragte Abu Taur. Afdza übersetzte die Frage so für sich: Liebst du sie immer noch oder können wir uns darauf verlassen, dass du deinem Volk treu bleibst?
Die offene Antwort wäre gewesen: Ich liebe sie immer noch und werde meinem Volk treu bleiben.
»Aus der Vergangenheit lernen wir am besten für die Zukunft, wenn wir sie hinter uns lassen«, erwiderte Afdza stattdessen.
Abu Taur nickte. »Der Wali wartet auf meinen Bericht«, sagte er schließlich unbeholfen und verabschiedete sich.
Das halbe Dutzend Dienstboten, das sich um Afdzas Belange kümmerte, hatte inzwischen in seinem Badezimmer heißes, parfümiertes Wasser eingelassen. Öl, frische Zweige, ein Schaber, ein Rasiermesser mit einer hauchdünn geschliffenen Klinge und Tücher lagen bereit; Letztere waren um heiße Steine gewickelt, damit sie warm wurden. Das Becken war in den Boden eingelassen, bot Platz für zwei und war selbst dann noch immer großzügig bemessen. Afdza ließ sich seufzend hineinsinken und vom heißen Wasser umfangen. Er genoss das Gefühl genau so lange, bis er sich vorstellte, wie es wäre, mit Arima hier im Becken zu sein. Dann fiel ihm wieder ein, dass dies nie der Fall sein würde.
Afdza hatte sein Auge geschlossen und den Kopf auf dem Rand des Beckens abgelegt; dennoch schoss seine Rechte blitzschnell aus dem Wasser und packte das Gelenk der Hand, die sich von hinten seinem Haar genähert hatte. Er hörte das überraschte Einatmen und erhob sich aus dem Wasser, ohne seine Hand zu öffnen.
»Ich hab dich noch nicht einmal berührt, Herr«, sagte die junge Frau, die sich in seinem Griff wand, verblüfft. »Wie machst du das nur?«
»Aber wir hoffen, du wirst es noch zulassen«, sagte die zweite junge Frau. »Dass wir dich berühren, meine ich, Herr. Du warst so lange fort …«
Afdza zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er sich wünschte, die beiden wären weit fort. Welche Stellung Laila und Nuri in seinem kleinen Haushalt bekleideten, war unklar. Suleiman hatte sie zu ihm geschickt, aber sie waren keine Sklavinnen. Dennoch waren sie irgendwie ein Geschenk des Statthalters, und ganz sicher spionierten sie Afdza in Suleimans Auftrag aus. Bis jetzt würden sie ihm nicht mehr zu berichten gehabt haben, als dass Afdzas Fertigkeiten im Liebesspiel ihre Bedürfnisse mehr als erfüllten – und dass er in den Dingen, die sie ihm gezeigt hatten, ein gelehriger Schüler gewesen war. Sie kamen fast immer zu zweit in sein Bett; aber sehr oft schlich die eine oder andere, wenn sie ihn danach wieder verlassen hatten, mitten in der Nacht wieder zu ihm zurück, weckte ihn, genoss seine Leidenschaft allein für sich und schlief dann in seinem Arm die restliche Nacht. Bis jetzt hatte Afdza gedacht, dass er die beiden schönen jungen Frauen liebte. Er wusste nun, dass er Zuneigung und Lust mit Liebe verwechselt hatte. Er hatte sich noch nie für seine Virilität geschämt, doch nun empfand er es als unpassend, dass sein Glied sich beim Anblick der beiden Frauen aufrichtete, obwohl er in seinem Herzen nur Verlangen nach Arima empfand. Beide Frauen trugen außer dem Schmuck an ihren Hand- und Fußgelenken nichts am Leib und hatten bis auf ihr Kopfhaar und ihre Augenbrauen alle Körperhaare entfernt. Sie lächelten, als sie ihre Blicke wieder hoben.
» Sehr lange«, sagte Laila.
»Der Wali wartet auf mich«, sagte Afdza gepresst. Es kam ihm vor, als würde er das Andenken an Arima entweihen, wenn er sich von seinen Liebesdienerinnen verführen ließ, solange sein Herz noch ihren Namen rief. Und doch pochte seine Männlichkeit, die alte Verräterin, schmerzhaft, als er sah, wie Laila und Nuri sich lüsterne Seitenblicke zuwarfen und ihn dann unter ihren schwarz getuschten Wimpern hervor musterten.
»Ja«, flüsterte Nuri und glitt neben ihm in das Becken. »Er wartet. Und wir haben auf dich gewartet.« Ihre Lippen hauchten einen Kuss
Weitere Kostenlose Bücher