Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
zu groß, um die nötigen Krieger vor dieser Zeit zu mustern.«
Suleiman nickte. »Hoffen wir, dass es so ist. Was nützen einem die besten Shatranjzüge, wenn die Figuren auf der Gegenseite einem einen Schritt voraus sind? Sollte Karl sich auf das Abenteuer einlassen, meiner Einladung zum Krieg noch in diesem Jahr zu folgen, habe ich uns mit meiner Schlauheit selbst das Grab geschaufelt.«
»Karl hat noch keinen einzigen Feldzug verloren. Er wird den Erfolg des kommenden nicht aufs Spiel setzen, indem er zu früh mit zu wenigen Kriegern losschlägt und dabei riskiert, in den Winter zu geraten.«
»Aber Geduld ist nicht gerade eine Stärke der Franken, aggressiv, wie sie sind. Was kannst du mir über ihre Krieger erzählen?«
»Was hat Euch Abu Taur erzählt?«
»Dass sie dick und unbeweglich und nicht schwer zu besiegen sind.«
»Abu Taur hat nur die Oberfläche gesehen.«
Suleiman seufzte. »Wie immer. Du bist anderer Meinung?«
»Sie sind dick.«
Suleiman lachte. »Aber nicht unbeweglich?«
»Und auf gar keinen Fall leicht zu besiegen, Herr.«
»Trink deinen Wein aus, mein Freund«, sagte Suleiman und lehnte sich nach vorn, um Afdza nachzuschenken. Er war ihm ganz nahe und musterte ihn von unten herauf, während der rubinfarbene Trank in den Pokal rann. »Haben sie einen Afdza Asdaq in ihren Reihen?«
»Sie könnten einen haben«, sagte Afdza zögernd. »Er braucht nur noch ein wenig mehr Kampferfahrung, das ist alles.« Ihm war selbst nicht klar, warum er Rolands eigentliche Schwäche nicht nennen wollte: seine Angst, einen Kampf zu verlieren.
»Du wirst ihm vielleicht gegenüberstehen, wenn es zum Krieg kommt, aber du wirst siegen.«
Sie leerten gemeinsam den Wein, aßen die Schale mit den Leckereien leer, dann zeigte Suleiman ihm ein neues Pferd, das er mit dem Schiff aus der alten Heimat hatte bringen lassen, und den Elefanten, der im Schatten eines Baumes im Palastgarten stand und der einzige Überlebende von insgesamt vier Elefanten war, die ebenfalls mit dem Schiff hertransportiert worden waren.
»Er ist ein Bulle«, seufzte Suleiman. »Die anderen drei waren seine Weibchen. Ich hätte erwartet, dass er Trauer über den Verlust seines Harems zeigen würde, aber er wirkt ganz aufgeräumt, findest du nicht auch? Ich lasse ihn nicht einmal anketten. Seine Pfleger versichern mir, dass er allen Grund hätte, vergnügt zu sein. Tatsächlich war eine der Kühe die Anführerin der Gruppe, nicht er. Und jetzt ist er sein eigener Herr.«
»Abgesehen davon, dass Ihr sein Herr seid«, sagte Afdza lächelnd.
»Ja, aber das hat ihm noch keiner gesagt. Laila und Nuri leisten dir weiterhin angenehme Gesellschaft, Sidi?«
»Sie sind Juwelen in Frauengestalt, Herr.«
»Ich habe sie während deiner Abwesenheit ein paar Mal in mein Bett geholt«, meinte nun Suleimann lächelnd. »Ich frage mich, wie du das Nacht für Nacht überlebst?«
Afdza wusste, dass Suleimans Geständnis einen Hintergrund hatte: Zwischen den Zeilen sagte er ihm, dass seine Stellung so ähnlich wie die des Elefanten war – er war scheinbar sein eigener Herr und genoss fast jede erdenkliche Freiheit, aber am Ende war er nur Suleimans Knecht; und das erstreckte sich auf jeden Bereich seines Lebens. Er war sich nicht sicher, ob Suleiman ihn eifersüchtig machen wollte, oder ob er doch irgendwelche Gerüchte über Afdza und Arima gehörte hatte und nun versuchte, ihn aus der Reserve zu locken.
»Es freut mich zu hören, dass die beiden Euch ergötzen konnten, Herr«, erwiderte er mit unbewegtem Gesicht. Er fühlte nichts bei dem Gedanken, dass Laila und Nuri die Bettgefährtinnen Suleimans gewesen waren. Und er würde den Teufel tun, Suleiman erkennen zu lassen, wie sehr Arima sein ganzes Sein beherrschte. Er verehrte den Statthalter, aber er würde es halten wie der Elefant, von dem auch niemand wirklich wusste, ob er nun froh über den Verlust seiner Gefährtinnen war oder ob er um sie trauerte.
Afdza kehrte erst kurz vor dem Maghrib wieder in seine Gemächer zurück. Chlodwig saß wie ein Häuflein Unglück auf einem Diwan. Als Afdza hereinkam, sprang er auf, fiel vor ihm auf die Knie und rief: »Töte mich, Herr. Töte mich, weil das die einzige Möglichkeit ist, meinen Schwur nicht zu brechen!«
Afdza zog den jungen Sachsen auf die Füße. »Was redest du für einen Unsinn?«, grollte er.
»Du hast mich nie aufgefordert, Heritogo Scurfa abzuschwören«, sagte Chlodwig.
Afdza wollte entgegnen, dass es keine Rolle spielte, da
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