Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
Vom Netzwerk:
er kein Morphium im Körper hatte? Sind Sie sicher, dass er in der Nacht seines Todes keines genommen hat?«
    »Ja. Und auch nicht während der letzten drei Monate davor.«
    Diese ganze Geschichte muss ich noch einmal überdenken, muss sie von vorn bis hinten neu betrachten. Muss noch einmal über die Zeitleiste nachdenken, über Toussaint, über Peter Zell. Dass ich die ganze Zeit recht hatte, dass ich mit meiner Mordthese richtiglag, bereitet mir keine Freude, löst keine stürmische Aufwallung von Selbstgerechtigkeit aus. Im Gegenteil, ich bin verwirrt – traurig – unsicher. Ich fühle mich, als hätte man mich in einen Kofferraum geworfen, als wäre ich von Dunkelheit umgeben und würde nach oben schauen, zu einem schmalen Spalt Tageslicht. Auf dem Weg aus der Leichenhalle bleibe ich an der kleinen schwarzen Tür mit dem Kreuz stehen, strecke die Finger aus und streiche über das Symbol, denke daran, dass sich so viele Menschen heutzutage so beschissen fühlen, dass man diesen kleinen Raum schließen und den abendlichen Gottesdienst in einen größeren Raum woanders im Gebäude verlegen musste. Das zeigt, wie die Dinge stehen.
    Kaum bin ich aus dem Krankenhaus auf den Parkplatz hinausgetreten, klingelt mein Handy.
    »Herrgott noch mal, Hank, wo warst du denn?«
    »Nico?«
    Sie ist schlecht zu verstehen, im Hintergrund ist ein lautes Geräusch, eine Art Brausen.
    »Ich möchte, dass du mir jetzt genau zuhörst, bitte.«
    Das Geräusch hinter ihr ist sehr stark, wie Wind, der durch ein offenes Fenster pfeift. »Bist du auf einem Highway, Nico?«
    Es ist zu laut auf dem Parkplatz. Ich mache kehrt und gehe in die Eingangshalle zurück.
    »Henry, hör zu .«
    Der Wind hinter ihr wird lauter, und ich fange an, das charakteristische drohende Jaulen von Sirenen zu hören, ein fernes Kreischen, das sich mit dem Rauschen und Heulen des Windes vermischt. Ich versuche, den Klang der Sirenen unterzubringen, das sind keine CPD -Sirenen. Sind es Wagen der Staatspolizei? Ich weiß es nicht – was fahren die Bundessheriffs momentan?
    »Wo bist du, Nico?«
    »Ich lasse dich nicht zurück.«
    »Wovon in aller Welt redest du?«
    Ihre Stimme ist hart wie Stahl; es ist ihre Stimme, und doch auch wieder nicht, als läse meine Schwester Sätze von einem Manuskript ab. Das Brausen hinter ihr verstummt abrupt, und ich höre eine Tür schlagen, ich höre schnelle Schritte.
    »Nico!«
    »Ich komme wieder. Ich lasse dich nicht zurück.«
    Dann ist die Leitung tot. Stille.
    Unter Einsatz aller verfügbaren Mittel rase ich mit zweihundert Stundenkilometern zum Stützpunkt der Nationalgarde von New Hampshire, schalte unterwegs mithilfe des Senders am Armaturenbrett die roten Ampeln auf Grün, verbrenne kostbares Benzin wie ein Waldbrand.
    Das Lenkrad vibriert in meinen Händen, und ich schreie mit voller Lautstärke vor mich hin, dämlich dämlich dämlich , ich hätte es ihr sagen sollen, warum hab ich’s ihr nicht gesagt? Ich hätte ihr einfach alles, was Alison mir erzählt hat, in allen Einzelheiten weitergeben sollen: Derek hatte sie die ganze Zeit darüber belogen, worin er verwickelt war, wohin er wollte; er hatte sich auf diesen Geheimgesellschafts-Unsinn eingelassen; der Staat betrachtete ihn als Terroristen, als gewalttätigen Kriminellen, und wenn sie weiterhin versuchte, mit ihm zusammen zu sein, würde sie letztendlich dasselbe Schicksal erleiden.
    Ich balle die Hand zur Faust und hämmere aufs Lenkrad. Ich hätte ihr einfach sagen sollen, wie wenig es sich lohnte, sich für ihn zu opfern.
    Ich rufe in Alison Koechners Büro an, aber natürlich nimmt niemand ab. Ich probiere es noch mal, und das Handy macht schlapp, und ich werfe es wütend auf den Rücksitz.
    » Verdammt .«
    Jetzt wird sie etwas Dummes tun, wird sich von der Militärpolizei niederschießen, sich für den Rest der Zeit in d en Bunker stecken lassen, zusammen mit diesem Schw achkopf.
    Mit quietschenden Reifen komme ich an der Einfahrt der NGNH zum Stehen, und ich plappere wie ein Idiot auf den Torwächter ein.
    »Hey! Hey, entschuldigen Sie. Mein Name ist Henry Palace, ich bin Detective, und ich glaube, meine Schwester ist hier.«
    Der Wächter sagt nichts. Es ist ein anderer als beim letzten Mal.
    »Der Mann meiner Schwester hat hier im Gefängnis gesessen, und ich glaube, meine Schwester ist hier, und ich muss sie finden.«
    Die Miene des Torwächters ändert sich nicht. »Wir haben hier momentan keine Häftlinge.«
    »Was? Aber ja doch … oh, hey. Hi.

Weitere Kostenlose Bücher