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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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Übergriff, auch keine für eine irgendwie geartete körperliche Auseinandersetzung – außer der Schusswunde natürlich, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Todesursache war.
    Eine einzelne Schusswunde mitten in der Stirn, ein ausgefranstes Loch knapp über dem linken Auge des Opfers, ein wenig rechts davon.
    »Tja, ein Selbstmord durch Erhängen ist es jedenfalls nicht«, sagt Denny Dotseth, der neben mir auftaucht, mit glucksendem Lachen. Schnurrbart, breites Grinsen, Kaffee in einem Pappbecher. »Irgendwie erfrischend, oder?«
    »Morgen, Denny«, sagt Culverson, »kommen Sie rein«, und Dotseth schiebt sich um mich herum. In dem kleinen Raum wird es noch voller, es geht noch geschäftiger zu, Dotseth verströmt Kaffeeduft, Culverson den Geruch von Pfeifentabak, kleine Büschel Teppichfasern schweben im matten Licht, mein Magen hebt sich und revoltiert.
    Konzentration, Detective Palace. Immer mit der Ruhe.
    Der Raum ist ein schmales Rechteck, eins achtzig mal drei Meter, ohne jedes Dekor. Keine Möbel außer den drei Reihen gedrungener Aktenschränke aus Stahl. Das Licht flackert ein wenig, zwei lange, parallele Neonröhren in einem tief hängenden, staubigen Beleuchtungskörper. Das Opfer lehnt zusammengesunken an einem dieser Schränke, der ein wenig offen steht, es ist auf den Knien gestorben, den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen offen, was darauf hindeutet, dass es den Mörder gesehen hat, als es starb, vielleicht sogar um sein Leben gebettelt hat.
    Ich habe das getan. Die Details sind unklar.
    Aber es ist meine Schuld.
    Immer mit der Ruhe, Palace. Konzentrier dich.
    Culverson spricht leise mit Dotseth, Dotseth nickt schmunzelnd. McConnell kritzelt etwas in ihr Notizbuch.
    Die verputzte Wand hinter dem Opfer ist fächerförmig mit Blut bespritzt, eine Sichel, deren Spitzen nach unten zeigen, ungleichmäßig gesprenkelte Rosa- und Rottöne in einem Muschelschalenmuster. Culverson kniet auf dem Boden, während Dotseth über ihm steht, bewegt den Kopf des Opfers sanft nach vorn und findet die Austrittswunde. Die Kugel hat das zerbrechliche Porzellan ihres Schädels durchschlagen, genau dort, zwischen den Augen, hat ihr Gehirn durchbohrt und ist hinten wieder ausgetreten. So sieht es aus, Fenton wird es uns genau sagen. Ich wende mich ab, schaue in den Flur hinaus. Drei Angestellte von Merrimack Life and Fire stehen dicht beieinander am Ende des Flurs, wo er zur Eingangstür des Bürokomplexes abknickt. Sie sehen, dass ich zu ihnen hinüberschaue, erwidern den Blick schweigend, und ich drehe mich wieder um.
    »Okay«, sagt Culverson. »Der Mörder kommt dort herein, das Opfer ist hier unten.«
    Er steht auf, kommt zu mir an die Tür und kehrt dann mit langsamen Bewegungen nachdenklich zu der Leiche zurück.
    »Vielleicht hat sie im Aktenschrank etwas gesucht?«, meint McConnell, und Culverson sagt: »Vielleicht.« Ja , denke ich, sie hat im Aktenschrank etwas gesucht . Dotseth nippt an seinem Kaffee, gibt ein zufriedenes »Ah« von sich, und Culverson fährt fort.
    »Der Mörder macht ein Geräusch, kündigt sich vielleicht an. Das Opfer dreht sich um.«
    Er spielt es durch, übernimmt beide Rollen. Er neigt den Kopf erst in diese, dann in jene Richtung, stellt sich die Szene vor, stellt sie nach, versucht, die Bewegungen möglichst präzise nachzuvollziehen. McConnell schreibt alles auf, macht sich wie wild Notizen in ihrem Buch mit der Spiralbindung und den Klappdeckeln, eines Tages ein großartiger Detective.
    »Der Mörder duckt sich, das Opfer weicht in die Ecke zurück – die Waffe wird abgefeuert …«
    Culverson steht in der Tür, formt mit der Hand eine Schusswaffe und zieht den imaginären Abzug durch, dann fährt er mit dem Zeigefinger den Weg der Kugel nach, quer durch den Raum, hält knapp vor der Eintrittswunde inne, wo die echte Kugel weitergeflogen ist und den Schädel durchdrungen hat. »Hm«, sagt er.
    McConnell schaut unterdessen in den Aktenschrank. »Sie ist leer«, sagt sie. »Diese Schublade hier. Ausgeräumt.«
    Culverson bückt sich, um es zu überprüfen. Ich bleibe, wo ich bin.
    »Also, was denken wir?«, sagt Dotseth milde. »Einer dieser Fälle von altem Groll? Bring sie um, bevor sie stirbt, so was in der Art? Haben Sie das mit dem Burschen gehört, der sich im Klassenzimmer seiner vierten Klasse erhängt hat?«
    »Ja.« Culverson lässt den Blick durch den Raum schweifen.
    Ich konzentriere mich weiterhin auf das Opfer. Die Schusswunde sieht aus wie ein in

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