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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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die noch immer erstarrt war, ebenso wie die anderen.
    Xavius blinzelte, als Sonnenschein seine Augen traf. Die Lücken im Blätterdach und auch zwischen den Bäumen waren größer geworden. Der Wald lichtete sich, zeigte ihm in der Ferne das Hauptgebäude des Krankenhauses – so weit war er noch nie davon entfernt gewesen. Vielleicht hatten ihn nur noch einige Schritte von der Freiheit getrennt. Oder konnte er ihn hier tun, den entscheidenden Schritt, nicht mit den Beinen, sondern im Kopf?
    »Sie wissen, dass wir Ihnen helfen möchten«, sagte Marta. Ihre Augen, die so freundlich blickten … Etwas stimmte nicht mit ihnen. Mehr als eine Person schien ihn daraus anzublicken. »Sie können sich für uns entscheiden und vor die Kommission treten. Sie wartet darauf, dass Sie Ihre Schuld eingestehen. Das ist der eine Schritt, den Sie tun müssen, um wieder gesund zu werden. Wenn Sie ihn hinter sich haben, können wir Ihnen helfen.«
    »Ich bin bereits dort gewesen«, sagte Xavius und erinnerte sich an die leeren Flure des Krankenhauses und an den Keller. »Ich habe gesagt, dass ich den Regenten getötet habe. Aber es stimmt nicht. Ich habe niemanden getötet, weder den Regenten noch Salyard.«
    Marta kam näher, so nahe, dass Xavius die vielen einzelnen Punkte sah, aus denen ihre Augen zusammengesetzt waren. »Sind Sie sicher?«
    »Ja«, sagte er. »Ja, ich bin sicher.«
    »Nein, Sie sind es nicht.« Marta lächelte, aber es war kein freundliches Lächeln, und die Freundlichkeit verschwand auch aus ihrem Blick. »Sonst hätten Sie bereits auf mich geschossen. Geben Sie mir die Waffe, Xavis. Bei mir ist sie besser aufgehoben.«
    Xavius versuchte sich zu erinnern, ob sie ihn zuvor, in seinem Zimmer im Krankenhaus, jemals mit dem Vornamen angesprochen hatte.
    »Die Waffe«, sagte Marta. Plötzliche Schärfe lag in ihrer Stimme.
    Eine Entscheidung, dachte Xavius. Für die eine oder die andere Richtung. Ich stehe an einem Scheideweg, und den richtigen Schritt muss ich nicht mit den Beinen tun, sondern im Kopf.
    »Nein«, sagte er und betrachtete die Waffe. Dies ist meine eigene Welt, erinnerte er sich. Ich selbst bin es, der ihre Regeln bestimmt.
    Der Pulser verwandelte sich in ein kleines Gerät, in eine Metapher von der Art, wie sie zuvor der Chronass in der Hand gehalten hatte.
    »Verschwinden Sie aus meinem Kopf«, sagte er und drückte den einen großen Knopf des Geräts. Laurania, Rebecca, Lupton und die beiden Wächter bewegten sich wieder, und Marta verschwand, nachdem sie den Kopf geschüttelt und »Wir möchten Ihnen nur helfen« geflüstert hatte.
    Die Telepathin mit dem Haar wie silberne Seide sah den blauen Mann am Boden liegen. »Null«, sagte sie. »Null.«
    40
    »Das ist er?«, fragte Xavis Xavius und musterte den Mann im Displayfeld, in dem dieser sich langsam drehte. Links wurden die persönlichen Daten eingeblendet: Jerull Urik, fünfundfünfzig Standardjahre alt, schlank, braune Augen, braunes Haar, ein markantes Gesicht mit hohen Wangenknochen und spitzem Kinn.
    »Das werden Sie sein«, sagte Lupton. »Es ist eine der Identitäten, die wir im Mesh des Enduriums vorbereitet haben.«
    »Die beste«, fügte Laurania hinzu. »Zusammen mit dieser.« Ein Gesteninterface reagierte auf ihren Wink, und ein zweites Displayfeld zeigte eine Frau in ihrem Alter, mit heller Haut und feuerrotem Haar. Xavius glaubte, bei der dreidimensionalen Darstellung eine gewisse Ähnlichkeit mit Laurania zu erkennen. Bei Urik und ihm sah die Sache anders aus.
    »Wenn Sie mein Gesicht anpassen wollen, ist ein größerer chirurgischer Eingriff nötig. Und selbst mit beschleunigter Heilung …«
    »Sie bekommen eine Maske.« Rebecca deutete zum Bruttank im rückwärtigen Teil des großen Raums, der so etwas wie eine Einsatzzentrale von Minerva zu sein schien. Es gab keine Fenster, dafür aber zahlreiche kleine und große Displayfelder, die Szenen auf der Oberfläche von Bluestone und im All zeigten. Fast überall waren Soldaten des Enduriums zu sehen.
    »Sie meinen doch nicht etwa einen Symbionten?«
    »Es ist die einzige Möglichkeit, Ihr Aussehen anzupassen.«
    Xavius schüttelte den Kopf. »Die Sicherheitsscanner im Endurium werden ihn sofort als künstliche Lebensform erkennen.«
    »Nein«, widersprach Lupton. »Viele von uns sind im Endurium unterwegs, ohne dass ihre Symbionten erkannt werden. Die Maske bekommt Ihre Biosignatur. Nichts wird sie von Ihrem Körpergewebe unterscheiden.«
    »Aber es gibt ein Problem«, fügte Laurania

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