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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Einige Meter entfernt saß ein in glänzendes Blau gekleideter Mann mit missmutiger Miene auf einem Felsen und warf kleine Steine in den Bach.
    Sie waren alle da: Rebecca, Lupton, Laurania und auch die beiden Bewaffneten, die an der Tür des Zimmers Wache gehalten hatten.
    »Als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe, war er zwanzig Zentimeter groß«, sagte Xavius und dachte: Sie hat neunundvierzig gesagt. Und wir sind hier in meinem Kopf, an einem virtuellen Ort, an den ich mich erinnere.
    »Er ist gewachsen«, brummte der Chronass und warf einen weiteren Stein. »Du siehst doch, dass er gewachsen ist.«
    »Ein Teil von uns steckt in ihm«, sagte Xavius.
    »Von dir vielleicht. Von mir bestimmt nicht.« Der Chronass nahm einen weiteren Stein und warf ihn über den Bach hinweg. Mit einem leisen Rascheln verschwand er im Dickicht.
    »Wir konnten nicht alle Verbindungen trennen.« Lupton trat näher, und ein Sonnenstrahl fand ihn durchs hohe Blätterdach, glänzte in den weißen Augen des Albinos von Durrye. »Er bleibt ein Teil von Ihnen.«
    Xavius ging langsam um den Humanoiden herum. Er schien etwa im gleichen Alter zu sein wie der Chronass und wies sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm auf. Die Augen waren grau und … seltsam. Sie starrten in weite Ferne und schienen irgendwo jenseits des Waldes etwas zu beobachten, das Xavius verborgen blieb.
    »Nach dem Verhör beim Zwillingsplaneten Ratchford-Uyeda«, sagte er und betrachtete das Gesicht des Humanoiden. Er konnte es nicht leugnen, es war sein eigenes. »Der Leiter des dortigen Sicherheitskorps, Julius M. Gladfelter, ließ mich von einem Sifter sondieren, und anschließend steckte dieser Fremde in mir, allerdings nicht so groß wie jetzt.«
    »Er sollte wachsen«, sagte Lupton. »Er sollte immer größer werden und Sie schließlich übernehmen.«
    Aus dem Augenwinkel sah Xavius, wie der Chronass einen weiteren Stein warf, mit der einen Hand. Die andere hatte er in die Tasche seiner blauen Hose geschoben.
    »Gladfelter hielt mich für schuldig«, fuhr Xavius fort. »Aber er bekam die Anweisung, mich gehen zu lassen.«
    »Deine Verhaftung vereitelte unseren ursprünglichen Plan«, warf Laurania an.
    »Ja, das hast du mir erklärt.« Xavius ging erneut um den Humanoiden herum, der ihn nicht zur Kenntnis nahm. Reglos stand er da, der Mörder. »Er ist kein zweites beziehungsweise drittes Ich von mir, oder? Eine Zeit lang habe ich befürchtet, dass meine adaptive Schizophrenie außer Kontrolle geraten ist.«
    »Das ist sie tatsächlich, Chronist«, sagte Rebecca. »Durch den überstürzten mentalen Eingriff bei Ratchford-Uyeda, während der Sifter-Sondierung, als Ihnen das dort implantiert wurde.« Sie deutete auf den Humanoiden. »Und durch den Langstreckentransfer mit Reisebilanz null; das Rigid hat nur ein bisschen geholfen. Aber das war vermutlich einkalkuliert.«
    »Wer steckt dahinter?«
    Lupton breitete die Arme aus. »Der wahre Mörder des Regenten.«
    »Wer ist es?«
    Laurania legte ihm die Hand auf den Arm. »Du kannst ihn entlarven. Beim Konklave. Er wird dort sein. Er will die Macht über das Endurium, und auch über die Splitter-Welten von Magellangraben und Schlund.«
    Xavius starrte den geschlechtslosen Humanoiden an. »Ich könnte ihn töten, hier und jetzt. Ich könnte ihn erschießen, mit einer der Waffen.« Er deutete auf die Pulser in den Halftern der beiden Wächter.
    »Es würde nicht viel nützen«, erwiderte Lupton ernst. »Er würde an einer anderen Stelle in Ihrem Bewusstsein neu wachsen. Das Engramm ist viel zu tief in Ihnen verankert. Sie haben nur eine Möglichkeit, sich von ihm zu befreien. Sie müssen ihn seine Rolle spielen lassen; Sie müssen sich ihm ergeben. Nur dann können Sie ihn besiegen.«
    »Kommt nicht infrage!«
    Lupton antwortete nicht.
    Der Chronass stand auf dem Felsen, in der Hand ein kleines Gerät, das er wie eine Waffe auf die Minerva-Leute richtete. Sie regten sich nicht mehr: Laurania, Rebecca und die anderen, sie standen wie erstarrt.
    »Es hat funktioniert!« Der Chronass sprang vom Felsen herunter und kam näher. Über ihnen fuhr der Wind durch die hohen Baumwipfel. »Die Falle ist zugeschnappt!«
    »Was?«, fragte Xavius verwirrt.
    »Es hat geklappt!« Der Chronass lächelte zufrieden und wedelte direkt vor Rebeccas Augen mit der Hand. Die Kristalle in ihrem langen Haar funkelten noch immer, aber sie reagierte nicht; sie schien die Hand gar nicht zu sehen. »Dies hier …« Er warf das kleine Gerät hoch,

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