Der letzte Regent: Roman (German Edition)
wichtig.
»Die Wahrheit«, sagt er und fühlt, wie sich die Dunkelheit bewegt, wie sich die Gesichter in ihr bewegen.
»Deshalb sind wir hier, um Sie zu befreien, um die Last von Ihnen zu nehmen, um die Wahrheit zu hören«, sagt Marta.
Die Wahrheit, denkt Xavius, der immer ein Mann der Wahrheit gewesen ist, oder sich dafür gehalten hat. Er holt tief Luft und sagt:
»Ich bin …«
45
Man konnte nicht auf den Zufall bauen, man durfte sich ihn nicht einmal als Verbündeten erhoffen, aber es wäre dumm gewesen, ihn nicht zu nutzen.
Dieser Zufall hatte ihnen zur Flucht verholfen, mit kostbarem Wissen, tief in ihnen verankert: die Angriffspläne der Ayunn, bis in die letzten Einzelheiten – Informationen, mit denen die Faust des Regenten die dritte Inkursion zurückschlagen konnte.
Aber vorher mussten sie entkommen, einem Gegner, der sie bisher für Verbündete gehalten hatte, und zu einem Widersacher fliehen, der noch nicht ahnte, dass sie Freunde waren.
Der Shuttle stand vor ihnen, klobig und massiv, rund nur dort, wo das Rotationselement zwischen den Gravitatoren saß und darauf wartete, sie mit Energie zu versorgen. Das galt zumindest für die sichtbaren Teile von ihm – der vordere Bereich steckte im Komposit des Changers, das seine Kohärenz verlor, sich in Staub und Pulver verwandelte.
Der Shuttle öffnete sich für sie, als Lorinda mit dem erbeuteten Coder das richtige Signal sendete.
»Wie viel Zeit bleibt uns, was glaubst du?«, stieß Urik hervor und sprang an Bord.
»Bis die Hades das Feuer eröffnet und den Changer vernichtet?« Ein bitteres Lächeln huschte über Lorindas Lippen. »Oder bis uns die Minerva-Leute einholen? Sekunden.«
Dort war sie, die Pilotenkanzel mit dem bereits aktivierten Situationsschirm. Uriks Hände huschten durch die virtuellen Kontrollen, noch bevor er Platz genommen hatte. Lorinda schaltete das Kommunikationssystem ein und versuchte, die Hades auf der Flottenfrequenz zu erreichen, aber das Komposit des Changers verhinderte einen Kontakt.
Urik leitete Energie in die Gravitatoren, und der Shuttle erzitterte, ohne sich von der Stelle zu rühren.
Lorinda sah auf die Anzeigen. »Dieser Teil des Changers verändert seine Struktur. Er will uns festhalten.«
Urik dachte an die drei Ayunn im Kontrollzentrum des Schiffes. Die abscheuliche Abnorme namens Ozell konnte der »Seele« des Changers selbst dann Anweisungen übermitteln, wenn sie nicht präsent war.
»Wir brennen uns mit dem Atmosphärenschild einen Weg ins All.« Uriks Finger tanzten durch die leuchtenden Symbole, und akustische Signale bestätigten die neue Ausrichtung des Kraftfelds, das eigentlich dazu diente, den Shuttle beim Eintritt in die Atmosphäre eines Planeten zu schützen. Die schematischen Darstellungen zeigten es als eine nach vorn gerichtete Lanze, deren Spitze sich ins schwarze Komposit-Brodeln bohrte, während der Schaft den Rumpf umschlang.
Wo waren Lupton und die anderen?
»Es geht los!« Urik ließ fast die gesamte Energie des Rotationselements in die Gravitatoren strömen und schaltete sie auf Schub. Der Shuttle sprang wie ein wildes Tier nach vorn und trieb die Lanze des Atmosphärenschilds tiefer ins schwarze Wogen. Mit den synästhetischen Empfindungen seines Schwarms hätte Urik vielleicht fühlen können, wie sich das kleine Schiff mit brachialer Gewalt einen Weg durch die Masse des Ayunn-Schiffes bahnte, aber seine Mikromaschinen funktionierten nicht mehr. Die Splitter-Menschen von Minerva hatten sie sofort nach seiner Gefangennahme außer Gefecht gesetzt. Er …
Wir müssen den Changer opfern, uns bleibt keine Wahl. Andernfalls wirkt es nicht glaubwürdig genug.
… konzentrierte sich auf die Anzeigen und begriff plötzlich, warum Lupton und die anderen noch nicht versucht hatten, sie aufzuhalten. Dies war eine Falle.
»Der Changer versucht keine neue Konfiguration. Er hat die Selbstzerstörung eingeleitet. Eine Art Kettenbrand findet statt.«
Der Widerstand, den das Komposit dem Shuttle entgegensetzte, wurde größer. Die Gravitatoren heulten, das Rotationselement drehte sich noch schneller, pumpte noch mehr Energie, aber aus dem anfänglichen schnellen Vorstoß wurde ein quälend langsames Kriechen.
»Noch immer kein Kontakt«, sagte Lorinda. »Ich versuche es weiter.«
Mehrere Symbole direkt vor Urik änderten die Farbe; aus Grün und Orange wurde warnendes Rot. Er zündete auch die Manovratoren, und chemisches Feuer brannte in der schwarzen Umklammerung. Ein Teil des
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