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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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das er braucht, um Regent zu sein. Nur im Moment des Übergangs vom Vivus zum Mortus lassen sich alle Verbindungen knüpfen.«
    »Die Geheimnisse«, sagte Quiron. »Sie geben dem Regenten seine Macht. Weihen Sie mich in die Geheimnisse des Regenten ein.«
    Der Gardist sprang. Im gleichen Moment wirbelte Quintus Quiron herum – erstaunlich schnell für einen Mortus, der nicht mit der Phalanx verbunden war – und schoss. Die Entladung traf den Kopf des Soldaten und verdampfte ihn. Der Mann kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen; er starb lautlos, fiel endgültig tot zu Boden. Der zweite Gardist ließ seine Waffe fallen und wich zurück. Quiron ging mit einigen langen Schritten zum Eingang, packte Laurania am Arm und zog sie mit sich, als er zu Xavius zurückkehrte. Er hielt ihr die Mündung des Pulsers an die Schläfe.
    Xavius spürte, wie eine winzige Lücke in der Phalanx entstand, geschaffen vom Tod des Gardisten.
    »Die Geheimnisse«, sagte Quiron rau. »Zeigen Sie mir die Geheimnisse des Regenten. Oder ich töte diese Vivus, die Frau, der Sie Ihr Leben verdanken.«
    »Sie zweifeln.« Xavius blieb völlig ruhig. Er sah nicht nur dieses kleine Stück des Bildes, sondern das Große und Ganze, mit allen seinen Entwicklungsmustern. Kühles rationales Abwägen nahm den Platz ein, den zuvor Aufregung, Sorge und auch Furcht beansprucht hätten. »Im Habitat wollten Sie sich ganz offiziell zum Regenten wählen lassen, um mithilfe der Promotoria die Phalanx unter Kontrolle zu bringen. Sie wussten, dass Sie kein wahrer Regent werden konnten, denn Sie sind seit fünfhundert Jahren ein Mortus – das meinte ich mit dem Hinweis, dass es für Sie zu spät ist. Aber Sie hofften, irgendwann herauszufinden, wie man sich Zugang zum Wissen und zu den Geheimnissen verschafft. Sie hofften die ganze Zeit, irgendwann die volle Macht des Regenten erringen zu können, aber es gibt auch großen Zweifel in Ihnen. Ohne diesen Zweifel – wenn Sie überzeugt davon wären, meinen Platz einnehmen zu können – hätten Sie mich längst erschossen.«
    »Glauben Sie mir, ich werde nicht zögern, diese Frau zu erschießen, Chronist . Zeigen Sie mir das Wissen des Regenten!«
    »Lass dich nicht von ihm unter Druck setzen!«, stieß Laurania hervor, bevor Quiron ihr die freie Hand auf den Mund drückte.
    Xavius dachte an den Saal. »Sie möchten das Wissen und die Geheimnisse des Regenten sehen, Quintus M Quiron?«
    »Ja!«
    »Nun gut, ich zeige es Ihnen.« Xavius streckte die Hand aus und berührte eine Stirn so grau wie seine eigene.
    Noch immer stand die Sitzecke unter dem Fenster, durch das mattes Licht in den Saal fiel. Die Tür, durch die Rudolph Allan Zayac, ProfDr und »Schläfer« genannt, Xavius in den Saal geführt hatte, existierte nicht mehr, wohl aber die kilometerlangen, mit Millionen von Büchern gefüllten Regale. Xavius hatte gesehen, wie sie sich für ihn geöffnet hatten und wie ihm all die in ihnen niedergeschriebenen Worte entgegengeflogen waren, aber jetzt standen sie wieder in den Regalen, prall gefüllt mit Informationen.
    »Sie hatten es nicht geplant, oder?«, fragte Xavius. »Ich meine die Ermordung von Avedo Avedis an Bord der Zerberus . Es war eine … Kurzschlussreaktion, nicht wahr? Sie wollten ein Abkommen zwischen Endurium und Splitter-Welten verhindern. Und Sie sahen eine günstige Gelegenheit. Sie hatten jemandem, dem Sie die Schuld geben konnten.« Er hob die Hand, als Quiron etwas sagen wollte. »Oh, ich weiß, ich habe es in der Phalanx gesehen, die kleinen Spuren und Hinweise, die nur der Regent erkennen kann. Der Staatsstreich war seit Jahren vorbereitet, und für die Ermordung des großen Avedis gab es ebenfalls Pläne. Aber sie sollte woanders stattfinden, nicht an Bord des Flaggschiffs, nicht bei Magrew.«
    »Spielt das jetzt noch eine Rolle?«
    »Vielleicht schon.« Xavius sah sie erneut, die Muster und Entwicklungstendenzen, die auch Avedis gesehen hatte. »Denn es besteht die Möglichkeit, dass Sie genau so gehandelt haben, wie Avedo Avedis es vorausgesehen hat. Vielleicht hatte der Mann, der die Strippen zu ziehen glaubte, selbst Fäden an Kopf, Armen und Beinen.«
    »Wovon reden Sie da?«
    »Von Gegenwart und Zukunft«, sagte Xavius. »Aber vor allem von der Zukunft. Ich rede von dem Weg, den Avedis für uns sah. Vielleicht haben Sie Ihm dabei geholfen, der Menschheit die Richtung zu zeigen. Vielleicht hat Er Rogge und die anderen nur an Bord der Zerberus eingeladen, um Sie aus der Reserve

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