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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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wie ein Sarkophag aussah, leuchteten in warnendem Rot, und Techniker versuchten mit der stillen, ruhigen Effizienz von Morti, den Mann im Behälter – beziehungsweise die Reste von ihm – wiederzubeleben. Xavius wusste, dass es keinen Sinn hatte. Rudolph Allan Zayac war tot.
    Eine recht jung wirkende Mortus stand ein wenig abseits, und in ihrem grauen Gesicht deutete etwas auf Trauer hin.
    »Sie sind Tabatha M Belote«, sagte Xavius, als er näher kam, gefolgt von der Konklavesprecherin Xalanis, dem provisorischen Vorsitzenden des Gremiums Kalion und der rothaarigen Vivus, deren Gesicht so viel verriet. Hoffnung dominierte alle Gefühle, die sich dort zeigten, und Xavius wusste, worauf sich diese Hoffnung bezog. Es war so leicht, sie zu durchschauen.
    »Ja, Exzellenz.« Belote verbeugte sich.
    Xavius betrachtete sie in der Phalanx, ein leuchtender Punkt unter Milliarden, vielleicht etwas heller als die anderen. Er holte ihn heran, um Einzelheiten zu betrachten, und fast wäre er ihm entglitten und aus der Phalanx gerutscht. Tabatha Belote schwankte ein wenig und spürte etwas, war aber so diszipliniert, nicht überrascht aufzusehen. Xavius stabilisierte ihre Präsenz in der Phalanx und betrachtete sie, zufrieden mit dem, was er sah. Die Verbindung der Rekombinatoren erlaubte ihm auch einen Blick in ihre Vergangenheit, in Tabathas Erinnerungen, und was er dort fand, beantwortete eine andere Frage.
    »Sie sind affin«, sagte Xavius. Der Vokalisator gab seiner Stimme Kraft. »Sie werden sich um den Schrein kümmern, wie es ProfDr Zayac für Sie vorgesehen hat. Und danach, wenn sich niemand mehr um den Schrein kümmern muss, werden Sie meine Promotoria sein, solange ich noch die Dienste einer Promotoria benötige.« Er sah auch dies: seinen Weg und die ersten Schritte darauf. Es war ein beschwerlicher Weg, doch er musste ihn beschreiten.
    Für einen Moment fragte er sich, ob Avedo Avedis – der es wirklich verdiente, »groß« genannt zu werden – dies alles vorhergesehen und geplant hatte. Es war ein Moment der Ehrfurcht, und plötzlich begriff er, welche Möglichkeiten sich dem Regenten boten, wenn er alle ihm zur Verfügung stehenden Instrumente, darunter die Geheimnisse, richtig nutzte. Vielleicht, dachte er, stehe ich hier, weil Avedo Avedis vor Jahrhunderten wollte, dass hier und heute jemand wie ich an dieser Stelle steht.
    »Danach?«, wiederholte Tabatha Belote verwirrt. »Promotoria?«
    »Ich werde Ihnen alles erklären, Tabatha«, sagte Xavius. »Gehen Sie jetzt. Widmen Sie sich dem Schrein.«
    »Der Schläfer, SEE … Seine Knochen sollten im Beinhaus des Habitats bestattet werden, bei den Verteidigern der Erde. Wenn Sie mir gestatten …«
    »Ich kümmere mich selbst um ihn.«
    Als Tabatha gegangen war und auch die Techniker den Saal verlassen hatten, sagte Xalana Xalanis leise: »Sie sollten nicht überstürzt handeln, Xavius. Sie wissen noch nicht, welche Folgen Ihre Anweisungen haben könnten. Denken Sie daran, Sie sind nicht vorbereitet gewesen und müssen sich nach und nach an Ihre neue Verantwortung gewöhnen.« Sie wechselte einen Blick mit Karas Kalion. »Ich schlage vor, wir bilden ein Notstandskomitee, das gemeinsam alle notwendigen Maßnahmen beschließt und …«
    Xavius achtete nicht auf sie.
    »Laurania …«
    »Ja?«
    Da war sie wieder, die Hoffnung im Gesicht der jungen Vivus. »Dein Bruder Mallory. Ich weiß, was mit ihm geschehen ist.« Er hatte es in Tabatha Belotes Erinnerungen gesehen. »Er und seine Gruppe versuchten, in die Stille Stadt einzudringen. Sie kamen alle ums Leben. Mallory Silquero starb während eines Sifter-Verhörs, bei einer Tiefensondierung.«
    »Ich verstehe.« Laurania gab sich betroffen, aber zumindest ein Teil dieser Betroffenheit war gespielt. Der Tod ihres Bruders überraschte sie nicht; sie hatte damit gerechnet.
    »Sie sind unerfahren und könnten Fehler machen«, sagte Xalana M Xalanis. »In diesen schweren Zeiten können wir uns keine Fehler leisten. Ich schlage vor, wir bilden eine Gruppe aus Fachleuten, die die Situation bewerten und zusammen mit Ihnen Entscheidungen treffen, die …« Die Konklavesprecherin unterbrach sich. »Hören Sie mir überhaupt zu, Xavius?«
    Xavius sah sie vor sich stehen, und gleichzeitig sah er sie in der Phalanx, deren Fäden er verknüpft hatte und die jetzt wieder stark war. Wenn er den inneren Blick darauf richtete – und er lernte schnell, wie man es anstellte, worauf es dabei ankam –, sah er auch ihre Gedanken und die

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