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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Synthium-Hand mit der Liege, über einem Körper grau wie die Hände und schmächtiger als zuvor. Sein Gesicht war schmal geworden, und fast so hohlwangig wie das von Rudolph Allan Zayac.
    Mit langsamen Schritten ging er die Treppe hinunter.
    »Es ist zu spät«, sagte er, und sein Wunsch ließ die Stimme aus dem Vokalisator kräftiger klingen. »Für Sie war es immer zu spät.«
    Dort lag die Promotoria, Kopf und Oberkörper verbrannt. Der Rekombinator in ihr lebte nicht mehr; es steckte überhaupt nichts Lebendiges mehr in ihr.
    In der Phalanx, die Milliarden Morti umfasste, gab es eine kleine Lücke. Xavius schuf eine zweite, indem er einen der vielen Fäden löste, die er zuvor miteinander verknüpft hatte.
    Quintus M Quiron wankte. »Das nützt ihnen nichts, Chronist«, krächzte er. »Ich bin kräftig genug. Ich schaffe mir meine eigene Phalanx.«
    »Sie verstehen nicht.« Xavius trat zu Selena Seace. »Über drei Jahrhunderte hat sie der Stillen Stadt gedient. Warum haben Sie sie getötet?«
    »Sie wollte mich aufhalten und Sie warnen!«
    Zwei Dutzend Meter hinter Quintus Quiron öffnete sich die Tür des Interface-Raums, und zwei Gardisten sprangen herein, gefolgt von der Konklavesprecherin Xalana Xalanis, Karas Kalion und einer jungen Vivus mit rotem Haar. Dass Xavius sie nicht in der Phalanx spürte, machte Laurania für einen Moment weniger real. Sie schob sich an den beiden alten Morti vorbei und blieb stehen, als einer der Gardisten warnend die Hand hob.
    »Ich könnte Sie erschießen«, sagte Quiron. »Ich könnte Sie erschießen und Ihren Platz im Zentrum der Phalanx einnehmen.«
    »Es würde Ihnen nichts nützen.« Ich bin tot, und doch lebe ich, dachte Xavius. Jahrhunderte liegen vor mir, wenn es diese Waffe zulässt.
    Quiron hob den Pulser ein wenig. »Sie gehören zu Minerva. Ich kann nicht zulassen, dass die Splitter-Menschen die Macht im Endurium übernehmen und Chaos über uns alle bringen. Sie sind mit dem alten Feind verbündet; sie bringen die Ayunn direkt hierher!«
    »Glauben Sie Ihren eigenen Lügen?«, fragte Xavius. Quintus M Quiron, bis vor Kurzem Vorsitzender des Gremiums und amtierender Regent, war nicht verrückt. Morti konnten nicht wie Vivi den Verstand verlieren; der Rekombinator verhinderte das. Aber er war verblendet. Hass auf die Splitter-Menschen hatte seine Rationalität vergiftet. Vielleicht, dachte Xavius, lag es an einem fehlerhaften Karma, das seine Loyalität im Lauf der Zeit in blinden Fanatismus verwandelt hatte.
    »Ich könnte Sie erschießen und in der Phalanx ersetzen«, betonte Quintus Quiron noch einmal, während die Gardisten hinter ihm versuchten, näher heranzukommen. Sie wagten es nicht, auf ihn zu feuern, aus Furcht, dass ihm Zeit genug blieb, den neuen Regenten zu töten. »Ich weiß, worauf es ankommt.«
    Plötzlich verstand Xavius. Die Linien in Quirons grauem Gesicht … Es waren nicht die Reste von Tätowierungen, die aus seiner Existenz als Vivus stammten. Er hatte einmal ein silbernes Interface-Gespinst getragen, so wie Selena Seace. Er hatte es getragen und verloren.
    »Sie sind Promotorio gewesen, vor Selena Seace«, sagte Xavius. »Aber Avedo Avedis hat Sie dieses Amtes enthoben. Das haben Sie ihm nie verziehen.«
    »Ich habe Ihm immer treu gedient!«, fauchte Quintus Quiron. »Es gab nie einen Puristen mit mehr Loyalität und Hingabe bei der Ausübung seiner Pflichten.«
    »Avedis hat Sie Ihres Amtes enthoben und Selena Seace zu Ihrer Nachfolgerin gemacht, weil er langfristig plante und in Ihnen ein Hindernis für seine Pläne erkannte. Sein Blick reichte weit, über Jahrhunderte hinweg.« Ich habe gerade erst angefangen, so weit zu sehen, dachte Xavius. Noch erkenne ich nicht alles. »Er wollte eine Annäherung an die Splitter-Welten. Er wollte die beiden Teile der Menschheit als gleichberechtigte Partner zusammenführen. Er wollte Frieden .«
    »Wie kann es Frieden geben mit jenen, die nur Krieg wollen?«, entgegnete Quiron scharf. »Frieden ist nur durch Sieg möglich. Wir müssen den Krieg gewinnen, um Frieden zu schaffen. Alle unsere Bemühungen müssen diesem einen Ziel gelten.« Etwas leiser fügte er hinzu: »Auch ein Regent kann sich irren.«
    Hinter Quiron kamen die Gardisten noch einen Schritt näher. Einer von ihnen duckte sich zum Sprung.
    »Wenn Sie einst Promotorio gewesen sind, sollten Sie wissen, dass Sie gar nicht Regent werden können«, sagte Xavius langsam. »Nur ein Vivus kann im Augenblick des Todes all das Wissen aufnehmen,

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