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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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interessanter ist die Frage: Wer hat dich gerade davon abgehalten, die Helmsiegel zu öffnen und uns beide umzubringen? Immerhin sind wir der einzige Passagier dieses Schiffes.
    Ein Blitzen kündigte die Rückkehr des Sehvermögens an, und dem ersten Flackern folgte ein Meer aus Flammen, aber seltsam erstarrt – nichts bewegte sich darin. Oder fast nichts. Einige dunkle Silhouetten zeichneten sich davor ab, Gestalten, die Schutzanzüge trugen wie er. Eine von ihnen beugte sich in die offene Kanzel, deaktivierte den Sicherheitsharnisch und versuchte, Xavius aus dem Sitz zu ziehen. Für einen Moment sah er hinter dem Helmvisier einen Mund, der sich bewegte; der Rest des Gesichts blieb ihm verborgen.
    »Ich verstehe Sie nicht«, wollte er sagen, aber die eigene Stimme ähnelte dem Brummen, das aus dem Helmlautsprecher drang.
    Die Gestalt deutete nach links, zu einem kleinen, tropfenförmigen Kurier, der im Rettungsraum des havarierten Transferschiffs schwebte, von einem Gravanker gehalten. Licht kam aus der offenen Luke.
    Xavius stemmte sich hoch. Jähe Übelkeit stieg in ihm auf, und für ein oder zwei schreckliche Sekunden befürchtete er, sich im Innern seines Helms übergeben zu müssen und an seinem eigenen Erbrochenen zu ersticken.
    Weitere Hände packten ihn an Schultern und Arm. Anzugmanovratoren spien komprimiertes Gas ins Vakuum, und der Kurier kam näher, nahe genug, dass Xavius nach dem Rand der Luke greifen und sich in die Luftschleuse ziehen konnte, in der geringe künstliche Schwerkraft ein Gefühl von oben und unten vermittelte. Das Außenschott schwang zu, Luft strömte in den kleinen Raum, das Innenschott öffnete sich …
    Xavius’ Hände flogen zu den Siegeln, und ihr Bruch stimulierte das Materialgedächtnis des Schutzanzugs. Hartes Material wurde wieder weich und flexibel, klappte nach hinten, während Xavius nach Luft schnappte und noch immer mit Übelkeit rang.
    »Danke, dass Sie mich gerettet haben«, wandte er sich an die Fremden.
    Einer von ihnen – die Gestalt, die sich in die offene Überlebenskapsel gebeugt hatte – strich den erschlaffenden Helm nach hinten, und zum Vorschein kam das Gesicht einer Frau, die Xavius bekannt erschien. Er fragte sich, wo er sie schon einmal gesehen hatte, und plötzlich fiel es ihm ein: an Bord des Shuttles, mit dem er zu einem der Transferschiffe vor dem Ring des Superkonnektors von Ratchford-Uyeda geflogen war.
    Das dürfte kaum ein Zufall sein, sagte der Chronass in einem warnenden Ton.
    »Sie sind …«, begann Xavius verdutzt.
    Die Frau hielt plötzlich eine Waffe in der Hand und richtete sie auf Xavius’ Brust. »Ich bin Laurania«, sagte sie. »Willkommen bei Minerva.«
    Sie schoss.

ZORN
    VII
    »Was geschieht mit mir?«, fragte Mallory. »Wo bin ich hier?« Ein Licht strahlte ihm in die Augen, wie eine kleine Sonne direkt über ihm. Jenseits dieses Lichts und zu beiden Seiten gab es Bewegung und Konturen, aber er konnte nichts erkennen.
    Er konnte sich auch nicht bewegen, obwohl er weder Fesseln trug noch das Prickeln eines Fesselfelds fühlte. Etwas lähmte ihn. Und etwas schwächte ihn – man hatte ihm seine Symbionten genommen. Nur der subkutane war ihm geblieben, und darin warteten die Kognitionssporen auf ihren Einsatz.
    »Sie werden uns alle Fragen beantworten«, erklang eine kühle Stimme mit einem rauen Unterton, die Stimme eines Mortus, von einem Vokalisator verstärkt.
    »Bisher haben Sie mir noch keine gestellt.« Mallory versuchte, sich zu erinnern. Der Eingang der schwarzen Pyramide in der Stillen Stadt … Eine Mortus hatte ihn erkannt, wie auch immer, und eine Waffe auf ihn gerichtet. Sie hatte ihm sogar ihren Namen genannt, als sollte das irgendeine Rolle für ihn spielen. Aber offenbar hatte sie ihn nicht erschossen. Er lebte noch, im Gegensatz zu Greyhand und den anderen. Dafür gab es nur eine Erklärung.
    »Es wird nicht nötig sein, Fragen zu stellen«, erwiderte die raue, kalte Stimme. »Sie werden Ihr gesamtes Wissen preisgeben.«
    Da war sie, die Erklärung: eine Tiefensondierung mit einem Sifter. Das Licht existierte eigentlich gar nicht; es war ein Nebeneffekt der neuronalen Stimulation der ersten Sondierungsstufe.
    Natürlich hatten die Morti kein Risiko eingehen wollen. Es geschah nicht zum ersten Mal, dass sie ein solches Verhör durchführten, und sie wollten sicher sein, dass es für den Befragten keinen Ausweg gab, auch nicht den in einen endgültigen Tod. Deshalb hatten sie ihm die Symbionten genommen.
    In diesem

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