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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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erlangen und seine Verbindungen zu Minerva auf Bluestone zu identifizieren.«
    Die Abteilung zum Schutz des Enduriums, dachte Xavius. Der Geheimdienst des Regenten. Und die Verbindung führt nach Bluestone.
    »Minerva ist …«
    »Ich weiß, was es mit Minerva auf sich hat«, sagte Xavius unwirsch. »Zu allem entschlossene Fanatiker. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, unsere Schiffe zu überfallen.« Und leiser, als befürchtete er, belauscht zu werden: »Vermutlich gehören Denslow, Rogge und die anderen zu Minerva. Oder stehen damit in Verbindung.«
    Wieder blieb er plötzlich stehen, wie zuvor beim Bach. »Die Ermordung des …« Nicht einmal hier, in der Abgeschiedenheit einer persönlichen virtuellen Welt, zu der niemand sonst Zugang hatte, wagte er es, den Satz zu Ende zu bringen. »Ich verstehe. Salyard könnte damit zu tun haben.«
    »Zu tun gehabt haben«, korrigierte der Chronass. »Er ist tot.«
    »Seine Gruppe, die Militanten … Sie könnten Minerva bei dem Anschlag an Bord der Zerberus logistische Hilfe geleistet haben. Und vielleicht sollte er mich überwachen.« Xavius runzelte erneut die Stirn. »Aber er wollte nach Youngquist, nicht nach Bluestone. Und …«
    »Und er wurde ermordet.« Der Chronass hob beide Hände. »Nicht von uns, das ist klar.«
    »Wer könnte der Mörder sein?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Der Mann in Blau schaute nach oben. »Hast du einen Sturm bestellt, Xavis?«
    Er nennt meinen Namen, dachte Xavius. Er spricht nicht mehr nur von »wir« und »du«, er nennt sogar meinen Vornamen. Als wäre er wirklich jemand anderer.
    Das Rauschen in den hohen Baumwipfeln war stärker geworden, und dicke Regentropfen fielen durch Lücken im Blätterdach. Einer traf Xavius mitten auf der Stirn, als er nach oben sah. Es tat weh, es schmerzte mehr, als möglich sein sollte, als hätte sich in dem Tropfen ein kleines Messer versteckt, das tief in die Stirn eindrang.
    Mit dem Transfer stimmt was nicht, dachte Xavius, und nur einen Moment später, wie ein seltsames Echo, hörte er den Chronass sagen: »Mit dem Transfer stimmt was nicht. Ich schlage vor, du …«
    Xavius erteilte seinem Schwarm eine Anweisung. Der dunkel gewordene Wald und das Gewitter über ihm verschwanden, aber es kehrte keine Ruhe ein. Er fand sich – allein – auf einer Koje wieder, die zitterte, das ganze Schiff schüttelte sich. Die Wand auf der anderen Seite zeigte noch das träge graue Wabern des Quantenschaums, der den kleinen Transporter beim Flug durch den Konnektorring von Ratchford-Uyeda aufgenommen hatte, aber es trübte sich jetzt, während die Vibrationen zunahmen, begleitet von einem elektrischen Knistern, das alles durchdrang.
    Xavius stand auf, den Schmerz eines nicht kompensierten Transfers nahe null in Kopf und Rückenmark, und versuchte, das Gleichgewicht zu wahren. Leicht war es nicht, denn der Boden unter ihm schien bestrebt zu sein, ihn von den Beinen zu holen. Er wankte und schwankte, taumelte zur Tür und hielt sich dort fest, als die künstliche Gravitation versagte und nach wenigen Sekunden zurückkehrte, allerdings nicht exakt kalibriert – sie zog ihn zur Seite. Xavius stützte sich an der Wand ab und beobachtete, wie es in der grauen Darstellung des Quantenschaums aufblitzte und sich ein filigranes Gespinst aus dunklen Linien bildete, das als kleines Muster in der Mitte der gegenüberliegenden Wand begann und sich schnell zu den Rändern ausbreitete.
    Kristallisierung!, rief der Chronass in Xavius’ Hinterkopf. Bring uns in Sicherheit!
    Xavius hatte bereits die Tür geöffnet, lief durch den Gang zum Rettungsraum und war dankbar dafür, dass ihm keine anderen Passagiere den Weg versperrten. Die dunklen Linien durchzogen auch die Wände des Korridors, und das Knistern wurde zu einem lauten Knacken, das ihn an den Zweig erinnerte, der im Wald unter seinem Fuß zerbrochen war. Er lief noch schneller, während seine Mikromaschinen versuchten, den Transferschmerz zu neutralisieren. Die Medus -Katastrophe fiel ihm ein, vor drei Jahren bei den Ophiuchus-Bastionen; darauf bezog sich der Chronass. Ein Rekrutenschiff mit fast tausend Soldaten, jeweils zur Hälfte Vivi und Morti, war kristallisiert aus dem Transfer gekommen, so spröde, dass es beim Sprung durch den Konnektorring zerbrochen war. Es hatte nur zwei Überlebende gegeben, zwei junge Morti, die gerade von der Stillen Stadt auf der Erde gekommen waren, doch sie konnten die Ursache der Katastrophe nicht erklären – beide

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